Frühe Menschen überlebten den Ausbruch eines Supervulkans

In Südafrika hatten frühe Menschen einen Ort gefunden, an dem sie selbst nach dem größten Vulkanausbruch der letzten zwei Millionen Jahre erfolgreich überlebten.

Von Michael Greshko
Veröffentlicht am 16. März 2018, 13:44 MEZ
Supervulkan
Vor etwa 74.000 Jahren ereignete sich der größte Vulkanausbruch der letzten zwei Millionen Jahre auf der Insel Sumatra. Dadurch entstand eine 100 Kilometer lange Caldera, in der sich mittlerweile ein großer Vulkansee befindet.
Foto von Andia, UIG via Getty Images

Vor 74.000 Jahren brach auf der Insel Sumatra ein gewaltiger Supervulkan aus, der Schutt und Asche in die Atmosphäre schleuderte. Die dunkle Wolke erstreckte sich über Tausende Kilometer und ließ die Temperatur auf der Erde spürbar abfallen.

Selbst in Südafrika waren die Auswirkungen des Ausbruchs noch spürbar – beispielsweise für unsere Vorfahren. Manche Wissenschaftler vermuten sogar, dass der Ausbruch des Toba die frühen Menschen an den Rand der Ausrottung getrieben hatte, als unsere Vorfahren gerade erstmals aus Afrika auswanderten.

„Der Ausbruch des Toba ist die weltweit größte Eruption der letzten zwei Millionen Jahre“, sagt Gene Smith, ein Geologe der Universität von Nevada in Las Vegas.

Einige frühe Menschen überlebten den Ausbruch aber nicht nur, sondern gediehen geradezu prächtig, wie man aus den Artefakten schließen kann, die sie vor und nach dem Ausbruch hinterließen. Die Entdeckung, die in „Nature“ veröffentlicht wurde, untermauert die Theorie, dass der Vulkanausbruch keine existenzielle Bedrohung für unsere Vorfahren war – womöglich, weil die Menschen in Afrika Schutz an der Küste suchten.

ZUFALLSBEGEGNUNG

Genetische Daten zeigen, dass moderne Menschen von einer Population abstammen, die nur ein paar Tausend Exemplare umfasste, als sie Afrika vor etwa 60.000 Jahren verließ. Warum nur so wenige? Manche Wissenschaftler hatten vermutet, dass die frühen Menschen durch die Toba-Katastrophe zahlenmäßig dezimiert wurden.

In einem kurzen Moment spie der Supervulkan über 4.000 Kubikkilometer Asche und Gestein in die Luft und hinterließ eine 100 Kilometer lange und 30 Kilometer breite Caldera. Nebenbei schleuderte der Toba auch Staub und Schwefel in die Atmosphäre, was die Abkühlung des Planeten verstärkt haben könnte, die ohnehin schon im Gange war und sowohl Gletscher entstehen als auch den Meeresspiegel absinken ließ. Da der Toba eine so große Rolle in der Entwicklung der Menschheit gespielt haben könnte, haben sich Forscher damit beschäftigt, wie genau die frühen Menschen darauf reagiert haben.

Zuvor hatte Forscher in Indien schon Belege dafür gefunden, dass frühe Menschen (wenn auch nicht unbedingt anatomisch moderne Homo sapiens) die Eruption überlebten. Sedimente aus dem afrikanischen Malawisee lassen zudem darauf schließen, dass der Ausbruch das Klima in jener Region nicht merklich veränderte. Um genauer zu verstehen, was damals in Afrika geschah, mussten die Forscher aber archäologische Stätten finden, die mit der Asche des Toba durchsetzt waren.

2011 unternahmen Smith und seine Frau eine von National Geographic organisierte Reise zur archäologischen Stätte Pinnacle Point in Südafrika am Indischen Ozean. Dort trafen sie den Archäologen Curtis Marean von der Arizona State University.

Marean zeigte Smith eine merkwürdige Bodenprobe aus dem Gebiet, und Smith erkannte sofort, dass sie Vulkanasche enthielt. Kurz darauf schloss sich Smith Mareans Team an und im darauffolgenden Sommer sammelten er und seine Kollegen noch mehr Proben.

Zunächst musste das Team herausfinden, von welchem Vulkan die Asche in Pinnacle Point und der nahegelegenen Stätte Vleesbaai stammte. Sie reinigten die Proben auf der Suche nach mikroskopisch kleinen Glassplittern, deren Signatur auf den Vulkanausbruch schließen lässt, bei dem sie entstanden. Die Glasproben stimmten chemisch mit denen am Toba und an anderen Orten überein, an denen der Toba-Ascheregen niedergegangen war.

BELIEBT

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    Außerdem musste die Forscher die Ascheschicht datieren. Die Co-Autorin der Studie, Zenobia Jacobs von der australischen University of Wollongong, analysierte die Asche und kam zu dem Schluss, dass sie etwa 74.000 ± 5.000 Jahre alt sei. Damit passt sie hervorragend in das Zeitfenster des Toba-Ausbruchs.

    Unter, in und über dieser Ascheschicht fanden die Forscher mehr als 400.000 Artefakte, angefangen von Steinwerkzeugen über Tierknochen bis hin zu Spuren von Feuerstellen. Anhand dieser Belege kam das Team zu dem Schluss, dass die modernen Menschen an der südafrikanischen Küste nach der Eruption weiterhin erfolgreich überlebten. Sie blieben über Jahrtausende an dieser Stätte und entwickelten sogar ihre Werkzeuge weiter.

    WIE COOL

    Marean und seine Kollegen vermuten, dass die Küste Südafrikas nach dem Vulkanausbruch als Zufluchtsort – vielleicht sogar der Zufluchtsort schlechthin – für moderne Menschen fungierte. Sie verweisen auf eine Studie von 2009, laut der die Eruption die globale Temperatur kurzzeitig um etwa 12 °C gesenkt haben könnte. Das hätte das Überleben an anderen Orten in Afrika deutlich erschwert.

    „Wenn es einen vulkanischen Winter gab, der sehr kalt war, dann wäre es an der Küste nicht ganz so kalt gewesen“, sagt der Klimawissenschaftler Alan Rohbock von der Rutgers University, der ein Co-Autor der Studie von 2009 ist.

    Allerdings weist er darauf hin, dass neuere Studien den Einfluss der Eruption auf das Klima revidiert hätten. 2010 fand die Klimawissenschaftlerin Claudia Timmreck heraus, dass der Toba so viel Schwefel in die Atmosphäre geschleudert hatte, dass die dadurch entstandenen Aerosole vermutlich zusammendrängten und sich absetzten. Dadurch wäre ihr abkühlender Effekt auf lange Sicht nicht so groß gewesen.

    Direkt nach dem Ausbruch wären die Temperaturen an einigen Orten wohl gesunken, wie man in ihrer Studie nachlesen kann. Aber nach etwa drei Jahren wären die Auswirkungen kaum noch von der natürlichen Klimavariabilität unterscheidbar gewesen.

    „Sind das die einzigen Menschen, die überlebt haben?“, fragt Robock. „Das ist die Frage.“

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