Selten, aber tödlich: Die Gladiatorinnen Roms

Nicht nur Männer kämpften in den Arenen der Antike, wie die Statue einer Gladiatorin zeigt.

Von James Owen
Veröffentlicht am 9. Aug. 2018, 12:42 MESZ
Das geschwungene Instrument in der linken Hand der Frau wurde zunächst für einen Gegenstand zur Körperpflege gehalten. Vermutlich handelt es sich aber um eine Klingenwaffe.
Foto von Alfonso Manas

Aus den Medien sind vor allem männliche Gladiatoren bekannt. Dass im Römischen Reich auch Frauen in Amphitheatern um Leben und Tod kämpften, ist vielen gar nicht bewusst. Kein Wunder, denn die Berichte und Hinweise auf derlei Spektakel sind rar – aber es gibt sie. Ein solches Beispiel kann man in einem Hamburger Museum in Form einer kleinen Statue bewundern.

Die Bronzestatue ist eine von zwei bisher bekannten Darstellungen eines weiblichen Gladiators, wie der Wissenschaftler Alfonso Manas von der spanischen Universität in Granada 2012 in einer Studie berichtete.

Das etwa 2.000 Jahre alte Kunstwerk, das im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg ausgestellt wird, zeigt eine barbusige Frau in einem Lendenschurz, die ein sichelartiges Objekt in der linken Hand hält.

Manas glaubt, dass es sich dabei um eine Sica handelt. Der kurze, geschwungene Dolch wurde unter anderem von Gladiatoren des Typus Thraex benutzt. Sie zeichneten sich durch ihre schwere Bewaffnung aus und trugen für gewöhnlich gefiederte Helme, kleine Schilde und Beinschützer aus Metall. Ihr Rücken war hingegen ungeschützt und daher wahrscheinlich ein beliebtes Ziel für eine Sica.

Zuvor hatten Forscher das geschwungene Instrument für ein Strigilis gehalten, das zur Körperpflege diente.

Manas zufolge stützt die Körperhaltung der Frau diese These jedoch nicht.

Siegerpose?

Wenn sie sich waschen würde, „macht es keinen Sinn, dass sie das Instrument für die Reinigung nach oben hält, während sie gen Boden blickt“, so Mannas.

Außerdem „trägt sie ein Tuch über ihrem Genitalbereich“, fügte er hinzu. „Wenn sie sich wäscht, würde sie völlig nackt sein.“

Der gesenkte Kopf und der erhobene Arm – in der römischen Kunst „eine typische Siegerpose der Gladiatoren“ – scheine stattdessen auf einen dieser ausgebildeten Kämpfer hinzudeuten, der über seinem besiegten Rivalen steht, erklärte Manas.

Die Geste könnte auch erklären, warum die Figur weder Helm noch Schild trägt.

Am Ende eines Wettkampfes „setzten sie ihren Helm ab, damit alle Zuschauer das Gesicht des Gewinners sehen konnten“, erklärte Manas. „Außerdem warfen sie ihren Schild zu Boden.“

„Eine erotische Wirkung“

Was den freien Oberkörper angeht, so war das unter Gladiatoren die Norm. „Eine Regel des Gladiatorenkampfes war, dass Männer und Frauen barbusig kämpften“, erklärte Manas.

Bedenkt man das größtenteils männliche Publikum bei solchen Wettkämpfen, gab es aber vielleicht noch einen anderen Grund dafür, dass Gladiatorinnen mit freiem Oberkörper kämpften.

In seinem Bericht über den Fund, der im „International Journal of the History of Sport“ erschien, schrieb Manas: „Zweifelsfrei hatte die besondere Erscheinung weiblicher Gladiatoren auch eine erotische Wirkung auf die Zuschauer.“

Die einzige andere bekannte Darstellung von Gladiatorinnen ist ein Relief aus dem 2. Jahrhundert aus einer römischen Stätte in der heutigen türkischen Stadt Bodrum. Das Artefakt befindet sich derzeit im Britischen Museum.

Die Seltenheit solcher Funde lässt vermuten, dass es in der Antike vergleichsweise wenige Wettkämpfe dieser Kämpferinnen gegeben hat. Hinweise auf derartige Veranstaltungen finden sich jedoch schon in Berichten römischer Schreiber.

Es gibt Augenzeugenberichte von Gladiatorinnen in Rom, und laut dem römischen Schriftsteller Suetonius aus dem 1. Jahrhundert ließ der Kaiser Domitian Frauen des Nachts bei Fackelschein kämpfen. Im Jahr 200 soll ein anderer Kaiser, Septimius Severus, Gladiatorinnenkämpfe verboten haben.

Die Herkunft der Statue aus dem Hamburger Museum ist laut Manas nicht bekannt, aber gefertigt wurde sie ihm zufolge „im Stil der italienischen Halbinsel des 1. Jahrhunderts n. Chr.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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