Der Jäger von Loch Ness: Suche nach einem Monster

Seit 30 Jahren lebt Steve Feltham an dem berühmten schottischen See und hofft darauf, das Monster von Loch Ness zu sehen. Trotz jahrelangem erfolglosen Warten ist er immer noch sicher, dass „Nessie“ existiert. Auch Wissenschaftler glauben daran.

Von National Geographic
Veröffentlicht am 17. Mai 2021, 14:09 MESZ, Aktualisiert am 21. Juni 2021, 14:59 MESZ
Steve Feltham hält die Stellung am Loch Ness See.

Steve Feltham hält Tag für Tag Ausschau nach "Nessie".

Foto von Steve Feltham

Es gibt Menschen, die werden in ihren Träumen von Monstern gejagt. Bei Steve Feltham ist es umgekehrt: Er jagt ein Monster, wenn er wach ist – und das seit 1991. „Seit genau 30 Jahren warte ich auf das Monster von Loch Ness“, sagt er am Telefon, während er dort ist, wo er sich selten weg bewegt: circa zehn Meter vom Ufer des schottischen Sees Loch Ness entfernt, auf dem Parkplatz eines Pubs. Dort lebt er in seinem Van, fasziniert vom Mythos des riesigen Wesens, und verwendet sein ganzes Leben darauf, es zu entdecken.

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Das schottische Monster-Business

Wer nun an aufwändige Gerätschaften denkt, irrt, denn Felthams Jagd ist deutlich unspektakulärer, als man es aus Ghostbusters-Geschichten aus dem Fernsehen kennt. Der 58-Jährige sitzt einfach da und schaut auf den zweitgrößten See Schottlands, Tag für Tag. Nebenbei hat er aus seiner fixen Idee auch ein kleines Geschäft gemacht: Aus seinem Van heraus verkauft er Nessie-Tassen und T-Shirts, dazu bunte, selbstgeknetete Fantasie-Figuren, die Nessie darstellen sollen, für 22 Pfund aufwärts. Das alles gibt es auch online auf nessiehunter.co.uk.

Dazu erzählt er seine Geschichte: wie er als Kind mit seinen Eltern zum Urlaub herkam, angefixt wurde von der Idee des See-Ungeheuers, und wie er schließlich mit 28 Jahren seine Freundin verließ und den Job kündigte, um nach dem Monster zu suchen. Wie oft er das erzählt hat, das kann er selbst nicht mehr sagen: „Wenn ich im Urlaub bin, nehme ich immer Zeitungsberichte von mir mit“, erzählt Feltham. „Damit die Menschen nicht denken, ich erfinde das alles und bin eigentlich Banker.“

Über seine ungewöhnliche Tagesbeschäftigung berichtete die New York Post genau wie die BBC. Dazu kommen die vielen Touristen, die ihm mit großen Augen an den Lippen hängen. Die Region dankt ihm seinen unerschütterlichen Glauben an Nessie, denn Menschen wie Feltham halten einen Mythos am Leben, und der ist gut fürs Marketing. 2016 gewann Feltham sogar einen Tourismus-Award und wurde zum „Ambassador of the Year at the Highlands and Islands“ ernannt.

Der Mythos von Loch Ness

Der Mythos des Wesens in Loch Ness besteht tatsächlich seit Hunderten von Jahren. Die erste Aufzeichnung der Sichtung eines großen, lebenden Wesens geht zurück auf das Jahr 565 n. Chr. Der Heilige St. Colomba soll damals von „etwas Großem“ angegriffen worden sein. In den Jahrhunderten danach gibt es immer wieder kurze Erwähnungen, richtig Fahrt nimmt das Thema jedoch erst 1933 auf: „Bis dahin ging es immer um einen großen Fisch“, erzählt Feltham. „Nach einer weiteren Sichtung sagte der Herausgeber der lokalen Zeitung: Wenn dieses Tier so groß ist, wie diese Dame es sagt, können wir das nicht einfach einen großen Fisch nennen. Wir müssen es als das betiteln, was es ist: ein Monster.“ Der Titel „Monster in Schottischem See gesichtet“ ging um die Welt.

Seitdem sind viele Fotos entstanden von Menschen, die Nessie gesehen haben wollen. Die Geschichte lässt sich nicht so leicht widerlegen, wie vielleicht gedacht: Mit 227 Metern ist Loch Ness extrem tief. Das Wasser ist „so braun wie Coca Cola“, sagt Feltham. Viele Expeditionen kamen nach Schottland, zigtausende Besucher. Es gibt sogar eine Plattform, auf der jeder seine „Sichtung“ hochladen kann. 1135 Einträge zählt diese aktuell. Manche seien fake, ist Feltham sicher, aber manche eben auch nicht.

„Den besten Beweis bisher gab es letzten Sommer. Mein Freund Ronald McKenzie fährt ein großes Ausflugsboot hier“, erzählt Feltham. „Seit 40 Jahren macht er acht Trips pro Tag. Im vergangenen September hat er mich angerufen: Fünf Minuten, nachdem er abgelegt hatte, kam ein riesiges Objekt auf seinen Radar, 7,5 Meter lang.“ Feltham wird immer noch aufgeregt, wenn er davon erzählt. Für ihn ist der Anruf ein Hoffnungsschimmer, dass der nächste Beweis nur um die Ecke lauert. „Dieses Gerät bildet sich nichts ein oder veräppelt Menschen. Das nimmt auf, was passiert.“

Steve Feltham fängt die idyllische Abendstimmung am Loch Ness ein.

Foto von Steve Feltham

Ein Seepanorama, das dem schottischen Fotografen längst zur Heimat geworden ist.

Foto von Steve Feltham

Eher blubbblubb als blabla?

Dass er es mit einem wirklichen Monster zu tun hat, wie Feltham als 7-Jähriger dachte – damals, als er das erste Mal vom Mythos dieses Wesens hörte –, diese Idee hat er verworfen. Heute glaubt Feltham eher an die Existenz mehrerer ziemlich großer Tiere. „Ich neige mittlerweile zu der Annahme, dass wir möglicherweise nach großen Fischen suchen, vielleicht so etwas wie einem Wels. Welse können vier bis fünf Meter lang werden – und sie könnten das sein, was die Menschen hier immer wieder sehen.“ Auch eine Schildkröte kann er sich vorstellen.
Loch Ness ist eines der fischreichsten Gewässer Großbritanniens. Zu den Bewohnern zählen Aale, Hechte und Lachse, darunter auch tatsächlich riesige Exemplare. Im Jahr 2000 wurde eine 7,5 Kilogramm schwere Forelle aus dem Wasser gezogen.

Das Zuhause Felthams dient gleichermaßen als Forschungsstation und Andenken-Shop.

Foto von Steve Feltham

Wissenschaft forscht an „Nessie“

Auch neue Studien von Wissenschaftlern schließen auf einen Fisch: Im Jahr 2019 veröffentlichte Professor Neil Gemmell von der University of Otago, Neuseeland, eine Studie zum Thema. Er und sein Team hatten diverse eDNA-Wasserproben des Sees entnommen und ausgewertet. Die Annahme der Wissenschaftler: Das Monster von Loch Ness ist wahrscheinlich ein riesiger Aal. „Unsere Daten verraten natürlich nicht die Größe der Tiere, aber die schiere Menge des Materials lässt vermuten, dass es in Loch Ness riesige Aale geben könnte“, sagt Gemmell.

Feltham selbst glaubt weniger an den Aal: „Jedes Kind hier weiß, dass der See voll ist mit Aalen. Einige davon werden ziemlich groß“, sagt er. „Aber nur weil die Wissenschaftler Aal-DNA finden, heißt das nicht, dass Nessie ein Aal ist.“

In den 30 Jahren, in denen Feltham nach Beweisen sucht, hat er übrigens nur einmal etwas gesehen, was Nessie hätte sein können. Das ist 29 Jahre her. Trotzdem gibt er nicht auf: „Ich bin zutiefst überzeugt, dass hier in Loch Ness etwas noch Unbekanntes lebt, eines der größten Geheimnisse der Welt.“ Er habe genug Beweise gesehen, um sicher sein zu können: „Hier in Loch Ness schwimmen große Tiere herum.“

Interesse geweckt? Steve Feltham war zu Gast bei unserem Podcast Explore. In der Folge "Schottland - Wissenschaft & Natur" könnt ihr mehr über den Nessie-Jäger und Loch Ness erfahren.

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