Wer war Königin Ester?

Im jüdischen Kanon der Bibel rettet eine wunderschöne Heldin die Juden des Achämenidenreichs vor einem Pogrom – und schreibt die Ursprungsgeschichte des jüdischen Fests Purim.

Von Jean-Pierre Isbouts
Veröffentlicht am 22. Nov. 2021, 15:44 MEZ
Dank ihrer Schönheit wurde Ester zur Königin von Persien.

Dank ihrer Schönheit wurde Ester zur Königin von Persien.

Foto von Fine Art Images, Heritage Images, Getty

Als Dareios I., Großkönig des persischen Achämenidenreichs im Jahr 486 v. Chr. starb, trat sein Sohn Xerxes I. im Alter von ungefähr 33 Jahren seine Nachfolge an. Er regierte bis zu seinem eigenen Tod im Jahre 465 v. Chr. und schickte sein Vielvölkerheer auf einen Feldzug gegen Griechenland. Dieser war zunächst erfolgreich, bis sich in der Seeschlacht von Salamis das Blatt wendete. Die Niederlage war deutlich aber nicht final. In den folgenden zwei Jahrhunderten blieben Griechen und Perser unerbittliche Feinde, die in mehreren Kriegen aufeinandertrafen. Die Gründe dafür waren vorrangig wirtschaftlicher Natur: Beide Reiche wollten den lukrativen Handel im Mittelmeerraum kontrollieren, insbesondere im florierenden Kleinasien, das von den Griechen kolonialisiert wurde.

Viele Schriftgelehrte sind der Meinung, dass es sich bei dem im Buch Ester beschriebenen König Ahaveros eigentlich um Xerxes I. handelt. Im jüdischen Kanon verfügt das hebräische Esterbuch über mehrere Alleinstellungsmerkmale. Das auffälligste ist dabei, dass eine Frau die Hauptrolle in dieser Geschichte spielt, die so kunstvoll verfasst ist, wie ein moderner Roman. Handlungsort ist der persische Hof in Susa, an dem Ester, die adoptierte Tochter eines jüdischen Exilanten, aufgrund ihrer außergewöhnlichen Schönheit dem persischen König Ahaveros vorgestellt wird.

Diese Begegnung, bei der sie „Gunst bei ihm“ findet, führt dazu, dass der König seine Ehefrau Waschti verstößt. Er setzt Ester „die königliche Krone auf ihr Haupt und machte sie zur Königin an Waschtis statt“ (Est 2,17).

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Mit ihrem rasanten Aufstieg zieht Ester bei Hofe den Neid auf sich. Der neuernannte Großwesir Haman ist so gekränkt, dass er plant, „das Volk Mordechais, alle Juden, die im ganzen Königreich des Ahasveros waren, zu vertilgen“ (Est 3,6).

Den Tag, an dem das Massaker stattfinden soll, lässt er von einem Magier durch das Los – im Hebräischen pur, Mehrzahl purim – bestimmen.

Das Schicksal will, dass es am 13. Adar – nach dem jüdischen Kalender am Ende des Monats Februar oder Anfang des Monats März – geschieht.

Ein Eilläufer der persischen Post informiert im Auftrag Hamans die Armeen der Provinzen des Reichs über den Befehl des Großwesirs. Königin Ester, die von ihrem Adoptivvater Mordechai vor dem anstehenden Pogrom gewarnt wird, erzählt König Ahaveros von Hamans Plänen. Dieser konfrontiert den Konspirateur und spricht zornig: „Will er auch der Königin Gewalt antun in meinem Palast?“ (Est 7,8).

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Der Großwesir und seine Söhne werden aus dem Palast geholt und gehängt. Da der Genozid aber durch ein königliches Edikt angeordnet wurde, ist er nicht mehr aufzuhalten.

Auf Esters Flehen hin erlässt Ahaveros ein neues Edikt. Mit dem er nach dem Prinzip Gleiches mit Gleichem zu vergelten, den Juden in seinem Königreich die Erlaubnis erteilt, sich zu bewaffnen und zu verteidigen: „So schlugen die Juden alle ihre Feinde mit dem Schwert und töteten und brachten um und taten nach ihrem Gefallen an denen, die ihnen Feind waren“ (Est 9,5), wodurch die Gefahr überwunden wurde.

Die Geschichte ist der Ursprung des jüdischen Fests Purim, das bis heute am „vierzehnten Tag des Monats Adar zum Tag des Festmahls und der Freude“ (Est 9,19) begangen wird.

Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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