Tod in der Tiefe: Zwei Skelette in eisenzeitlichem Brunnen gefunden

Bei Ausgrabungen in einer eisenzeitlichen Siedlung bei Brehna fanden Archäologen einen alten Brunnen – und darin zwei menschliche Skelette. Nun spekulieren Forschende: Wie kamen die beiden Personen damals in den Brunnen? Und wer hat sie dort deponiert?

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 24. Juni 2022, 15:27 MESZ
Skelett auf dem Boden des Brunnens.

Die beiden Skelette am Boden des Brunnens in Brehna. Als die Personen vor etwa 3.000 Jahren dort hineingeworfen wurden, war der Brunnen wohl noch um die drei Meter tief.

Foto von Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Klaus Bentele

Zwei übereinanderliegende Skelette – das untere stark angewinkelt und das obere bäuchlings über dem ersten. Dieser Anblick eröffnete sich Archäologen und Archäologinnen des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt bei Ausgrabungen in einem Gewerbegebiet bei Sandersdorf-Brehna. Bis zu ihrer Entdeckung lagen die Skelette vermutlich seit fast 3.000 Jahren in dem Brunnen – und eines davon wurde vermutlich gefesselt dort hineingeworfen.

Der Brunnen, in dem die Individuen damals bestattet wurden, befand sich zur damaligen Zeit wohl inmitten einer Siedlung und war um die drei Meter tief. Diese Siedlung wird laut der Archäologin Susanne Friedrich, die an den Grabungen beteiligt ist, bisher auf den Übergang von der Spätbronzezeit zur frühen Eisenzeit datiert – also auf etwa 1000 v. Chr. Ebenso alt ist nach aktuellen Schätzungen auch der Brunnen. Doch warum wurden die beiden Personen genau dort zur Ruhe gelegt?

Zwei Tote im Brunnen 

Obwohl konkrete Untersuchungen zu den Überresten noch ausstehen, weiß man schon mehr über die Personen, die sie einst gewesen sein mussten. Die untere der beiden Personen war eine erwachsene Frau – das genaue Alter konnte man noch nicht bestimmen –, die vermutlich in einer Art Sack oder Leinentuch gewickelt in dem Brunnen deponiert wurde. „Durch die stark angewinkelte Position der Frau kann man davon ausgehen, dass sie auf diese Weise in den Brunnen hinabgelassen wurde“, sagt Friedrich.

Beim oberen Individuum – vermutlich ein Mann – fällt vor allem auf, dass seine Hände vor seiner Entsorgung im Brunnen zusammengebunden wurden. Auch das kann man noch an seiner Lage am Boden des Brunnens erkennen – nämlich flach auf dem Bauch. „Wenn man sich vorstellt, man hat zusammengebundene Hände und wird dann in einen Brunnen geschubst – da fällt man automatisch in diese Position“, so Friedrich.

Was letztendlich zum Tod der beiden Personen geführt hat, kann man bisher allerdings nicht genau sagen. Lediglich bei dem unteren Skelett lassen sich Vermutungen anstellen. „Im Bereich des Halses konnten wir bei dem Skelett der Frau zwei Ringe finden, durch die vermutlich eine Art Seil gezogen wurde", so Friedrich. Das könnte darauf hindeuten, dass die Frau erhängt wurde – oder aber, dass sie auf diese Weise nach ihrem Tod transportiert wurde. „Es sind alles nur Mutmaßungen, die wir anstellen können.“ So bleiben die Umstände der Tode mysteriös.

BELIEBT

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    Bestrafung oder besonderes Begräbnis?

    Doch handelte es sich bei dem ungewöhnlichen Begräbnis tatsächlich um eine unliebsame Entsorgung? „Wir gehen ja immer erstmal von unserem heutigen Vorstellungsvermögen aus – und für uns ist jemand, der in den Brunnen geworfen wird, negativ konnotiert“, so Friedrich. Aber ob auch eine solche negative Motivation – oder gar ein Verbrechen – hinter den gefundenen Skeletten steckt, sei bisher nicht eindeutig zu sagen. „Brunnen waren ja auch etwas ganz Besonderes. Vielleicht hat man dort auch zwei besondere Leute bestattet“, sagt sie. 

    Natürlich sei aber auch das Gegenteil möglich. „Es gab in der Geschichte immer unliebsame Personen, denen man sich entledigen wollte“, so Friedrich. So könne es sich bei der Bestattung ebenso um eine Bestrafung oder eine Straftat gehandelt haben. „Oder es waren Personen aus einem anderen Ort – da gibt es viele Möglichkeiten,“ sagt sie. Genau könne man diese Fragen wohl erst nach einer Isotopenanalyse und weiteren Untersuchungen beantworten.

    Klar ist somit bislang wohl vor allem, dass weiter geforscht werden muss. Laut Susanne Friedrich ist das gerade bei aktuellen archäologischen Funden ganz normal: Forschung braucht nun mal ihre Zeit. Nur so lässt sich vielleicht noch aufklären, wie die beiden Menschen aus der Eisenzeit starben – und welchen Stellenwert ihr Begräbnis gehabt haben könnte.

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