Ägypten: Unberührte Gräber aus der Römischen Kaiserzeit gefunden

Archäologen haben im ägyptischen Tuna el-Gebel mehrere Mumien in einem kunstvoll bemalten Grab entdeckt. Die seit der Antike unberührte Stätte liefert wichtige Erkenntnisse zur Geschichte der Malerei.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 28. Okt. 2022, 08:10 MESZ
Grabhaus in Tuna el-Gebel.

Blick in das freigelegte Grabhaus. Obwohl die Malereien vor mehr als tausend Jahren entstanden sind, kann man viele von ihnen noch erkennen.

Foto von Landesmuseum Hannover

Ganze acht Mumien – vier Kinder und vier Erwachsene – sowie bunte Malereien, die unter anderem die Götter Anubis und Osiris zeigen: Die Neuentdeckung eines Grabes in der ägyptischen Grabungsstätte Tuna el-Gebel ist so vielseitig wie beeindruckend. Die Stätte stammt laut den Archäologinnen und Archäologen des Landesmuseums Hannover aus der römischen Kaiserzeit und ist seit der Antike nicht mehr betreten worden. 

Neben mehreren Fundstücken, die von ausgiebigen Besuchen am Grab zeugen, sind vor allem die Wandmalereien eine besondere Entdeckung. „Wir können mit diesem Fund erstmals einen chronologischen Fixpunkt für Malerei und Grabsitten der römischen Kaiserzeit definieren“, sagt Grabungsleiterin Katja Lembke vom Landesmuseum Hannover. Die Malereien stammen aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Laut Lembke beinhalten sie eine eher ungewöhnliche Ikonografie. „Ein nackter ägyptischer Gott Thot ist mir bislang noch nie begegnet!“, sagt sie.

Die Grabstätte soll nun dabei helfen, wichtige Aspekte des Lebens in Ägypten während der römischen Kaiserzeit aufzudecken.

Über tausend Jahre alte Malereien

Die Grabungsstätte Tuna el-Gebel, in welcher der Fund gemacht wurde, liegt in Mittelägypten – etwa 270 Kilometer südlich von Kairo. „Es gibt dort eine stadtähnliche Anlage mit hausartigen Gräbern aus Lehmziegeln und tempelartigen Steingräbern“, so Lembke. Archäologische Ausgrabungen finden dort bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert statt; die aktuellen Funde wurden im Rahmen eines Projektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft gemacht, das seit 2018 läuft.

Die Prozessions-Malerei, die mehrere ägyptische Götter zeigt, kann durch den Kontext der Grabstätte und der weiteren dort gemachten Funde erstmals chronologisch eingeordnet werden. Entstanden ist sie zur römischen Kaiserzeit, also im Laufe des 1. Jahrhunderts n. Chr. Zu dieser Zeit war der Platz unweit des Dorfes Tuna el-Gebel – heute wird die gesamte Ausgrabungsstätte so bezeichnet – die Nekropole der aufstrebenden Metropole Hermopolis Magna. Diese wird vor allem mit dem Gott Thot in Verbindung gebracht, der in den Grabmalerein nackt auftaucht und dem bereits lange vor der Entstehung der Malerei ein großer Tempel gewidmet wurde.

Die Petosiris-Nekropole

Benannt ist die Nekropole von Tuna el-Gebel nach Petosiris, einem hohen Priesters des Gottes Thot, der dort bestattet sein soll. Ihre Hochzeit erlebte die Nekropole in der ptolemäisch-römischen, vor allem aber in der römischen Zeit. Damals wurden die ersten sogenannten Hausgräber aus Lehmziegeln errichtet, die mehrere Stockwerke groß sein konnten. Die Ausrichtung der immer weiter ausufernden Gräber bezog sich dabei stets auf das Grab des Petosiris.

Laut Lembke finden dort zwar bereits seit fast 100 Jahren Ausgrabungen statt, diese wurden aber nur bedingt dokumentiert. Mit dem aktuellen Projekt Feiern mit den Toten - Raumkonzepte und Totenrituale in der Petosiris-Nekropole von Tuna el-Gebel / Ägypten sei es nun aber endlich möglich, Funde besser zu kontextualisieren. „So können zum Beispiel (nicht-invasive) anthropologische Untersuchungen Auskunft über Ernährung, Krankheiten und schwere Arbeit geben”, so Lembke. Das Projekt läuft aktuell noch.

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