Nahmen Wikinger ihre Haustiere mit auf See?

Forschende haben auf einem englischen Wikingerfriedhof neben den Überresten der skandinavischen Seefahrer auch Skelette von Tieren gefunden. Sie vermuten nun: Wikinger nahmen Hunde und Pferde als treue Begleiter mit auf ihre Reisen.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 10. Feb. 2023, 13:20 MEZ
Dieses Gemälde aus dem 19. Jahrhundert zeigt eine Wikingerflotte auf hoher See.

Dieses Gemälde aus dem 19. Jahrhundert zeigt eine Wikingerflotte auf hoher See. Als die Wikinger zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert nach England reisten, hatten sie vermutlich tierische Begleiter mit an Bord.

Foto von Edward Moran, 1829-1901

Als die Wikinger im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert begannen, Teile Englands zu überfallen, kamen sie wohl nicht allein. Das legen die Überreste eines Pferdes und eines Hundes nahe, die auf einem Wikingerfriedhof in Ingleby im englischen Derbyshire im Grab eines skandinavischen Kriegers gefunden wurden. 

Ein Forschungsteam aus England vermutet nun, dass die gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier kein Einzelfall war. „Diese Entdeckung ist der erste solide wissenschaftliche Beweis dafür, dass die Skandinavier bereits im neunten Jahrhundert nach Christus mit Pferden, Hunden und anderen Tieren die Nordsee überquerten”, heißt es in der zugehörigen Studie, die in der Zeitschrift PLOS one veröffentlicht wurde. Die Forschenden vermuten darum, dass die Wikinger zu ihren Tieren eine enge emotionale Verbindung hatten.

Gemeinsame Bestattung von Mensch und Tier

Der Friedhof Heath Wood in Ingleby entstand zu einer Zeit, in der das Christentum in England bereits weit verbreitet war. Erdbestattungen waren damals die häufigste Form der Beisetzung. Auf dem Wikingerfriedhof wurden die Toten jedoch verbrannt und in Hügelgräbern unter aufgeschütteter Erde bestattet. Ganze 59 dieser Gräber wurden auf Heath Wood entdeckt, seit den Vierzigerjahren sind zwanzig von ihnen ausgegraben und analysiert worden.

Eines stach dabei bereits in den Fünfzigerjahren hervor: Hügelgrab 50. Es ist bislang das Einzige, bei dem eine in situ Verbrennung, also eine Verbrennung des Leichnams vor Ort, nachgewiesen werden konnte. In ihm wurden neben den Überresten eines erwachsenen Mannes auch die jeweils eines Pferdes, Hundes und Schweins entdeckt. Das Studienteam ist sich sicher: Das Pferd und der Hund wurden gemeinsam mit dem Mann verbrannt und nicht etwa nachträglich an die Stelle gebracht. Wie die Überreste des Schweins in das Grab kommen, ist weniger klar: Unter anderem könnte es sich um Knochenreste handeln, die der Wikinger in anderer Form bei sich getragen hat, beispielsweise als Talisman.

Raubzüge mit tierischer Begleitung

Eine Isotopenanalyse der Überreste zeigte, dass sowohl Mensch als auch Tiere nicht aus England stammen. Die Forschenden konnten ihre Herkunft auf den Baltischen Schild eingrenzen, eine Region in Skandinavien, die unter anderem Norwegen und Nordschweden umfasst. Die Tiere kommen also vom selben Ort wie die Wikinger und waren ihnen so wichtig, dass sie sie mit auf Reisen genommen haben. 

„In Heath Wood beobachten wir einen Ritus mit starkem symbolischen Charakter”, heißt es in der Studie. Obwohl es einen wirtschaftlichen Verlust bedeutet haben muss, wurden die Tiere geopfert, um sie gemeinsam mit dem toten Krieger bestatten zu können. Sie müssen also einen besonderen symbolischen Wert als Begleiter des Wikingers gehabt haben. 

Ein weiteres Indiz hierfür ist, dass die Tiere mitgenommen wurden, obwohl auf den Schiffen der Wikinger großer Platzmangel herrschte. „Dass die Krieger auf ihrer Reise über die Nordsee nur wenige Tiere mitnehmen konnten, zeigt, dass ein Selektionsprozess stattgefunden haben muss”, heißt es in der Studie. Die Wikinger hatten also sehr wahrscheinlich eine emotionale Verbindung zu ihren Tieren gehabt – ähnlich wie wir heute zu unseren Haustieren.

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