Wie der Wolf in Deutschland zum Hund wurde

Ein Tübinger Forschungsteam vermutet, dass der Ursprung des europäischen Haushundes in Deutschland liegt. Eine Höhle bei Konstanz offenbarte ein jahrtausendealtes Geheimnis.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 16. Juni 2021, 13:45 MESZ
Vom Wolf zum Hund: Kiefer-Fossilien von Hundeartigen aus der Gnirshöhle

Vom Wolf zum Hund: Kiefer-Fossilien von Hundeartigen aus der Gnirshöhle.

Foto von Senckenberg

Die Beweisstücke sind mindestens 14.000 Jahre alt. Es sind Fossilien aus einer Höhle in Baden-Württemberg, die in der Steinzeit von Menschen bewohnt war. Die versteinerten Knochen stammen aus der Familie der Canidae – also der Hunde, zu der neben den Haushunden unter anderem auch Wölfe und Füchse zählen.

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Biogeologen der Senckenberg-Gesellschaft an der Universität Tübingen hat die fossilen Schätze aus der Gnirshöhle bei Konstanz im Rahmen einer Studie untersucht und damit neue Hinweise auf den Ursprung der Freundschaft zwischen Mensch und Hund geliefert.

Übergang vom Wild- zum Haustier

Hunde gelten als die ältesten bekannten Haustiere. Wann aber haben sie sich aus dem Wolf entwickelt? Und tauchte unser bester Freund zuerst in Europa oder in Asien auf? „Wissenschaftliche Schätzungen variieren zwischen etwa 15.000 bis 30.000 Jahren vor heute“, sagt der beteiligte Biogeologe Chris Baumann. „Und auch der Ort dieses Übergangs vom Wild- zum Haustier ist bislang nicht geklärt.“

Um den Fragen auf den Grund zu gehen, hat das Team die Canidae-Fossilien mit einem multimethodischen Ansatz analysiert. Baumann erklärt: „Wir haben Morphologie, Genetik und Isotopie verknüpft und konnten so feststellen, dass die untersuchten Knochen aus vielen verschiedenen genetischen Linien stammen und die daraus neu sequenzierten Genome die ganze genetische Bandbreite von Wolf bis Hund abdecken.“

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    Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass die damaligen Menschen im heutigen Baden-Württemberg bereits Tiere gezähmt und aufgezogen haben, die aus verschiedenen Wolfslinien stammten. Die Knochen ähneln zwar anatomisch dem Wolf. Die Isotopenanalysen zeigen aber, dass sich die untersuchten Vierbeiner anders als wilde Wölfe ernährten. Vermutlich wurden sie gezielt mit Abfällen gefüttert.

    „Die Nähe der Tiere zu den Menschen sowie die Hinweise auf deren recht eingeschränkte Ernährung lassen uns annehmen, dass vor 16.000 bis 14.000 Jahren Wölfe bereits zu Haushunden domestiziert wurden“, unterstreicht Baumann. „Ein Ursprung der europäischen Hunde könnte demnach im Südwesten Deutschlands liegen.“

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