Rätsel der Mona Lisa gelöst
Ein italienischer Historiker will ein Detail im Hintergrund des weltberühmten Gemäldes von Leonardo da Vinci identifiziert haben: eine Steinbrücke in der Toskana.
Das Rästel um das Bauwerk im Hintergrund, rechts oberhalb der Schulter der Mona Lisa, scheint gelöst. Es handelt sich wohl um eine Steinbrücke nahe dem kleinen italienischen Örtchen Laterina.
Die Mona Lisa ist das bekannteste Porträt der Welt. Jährlich zieht sie etwa 10 Millionen Menschen in den Louvre – und in ihren Bann. Um kaum ein anderes Gemälde ranken sich wohl derart viele Mythen und Rätsel. Weit verbreitet ist etwa die Theorie, bei der Frau mit dem eindringlichen Blick handele es sich um Lisa del Giocondo, Gattin des Florentiner Tuchhändlers Francesco del Giocondo.
Im Gegensatz zu diesem bislang ungelösten Rätsel will Kunsthistoriker Silvano Vinceti nun einem anderen auf die Schliche gekommen sein – und zwar in der Toskana. Mithilfe von Drohnenflügen und intensiven Recherchen will Vinceti einen Teil der Landschaft im Hintergrund des Bildes identifiziert haben: eine Brücke namens Romito di Laterina, die einst westlich von Arezzo über den Fluss Arno führte.
Eine Brücke mit vier Bögen
Lediglich ein Bogen und ein Fundament sind heute noch von der Brücke übrig – und dennoch ist sich Vinceti sicher: Die etruskisch-römische Romito-Brücke nahe des Dorfes Latrina muss jene sein, die den Hintergrund der Mona Lisa ziert. Berechnungen ergeben, dass sie zur damaligen Zeit mit großer Sicherheit mit vier Bögen über den Arno ragte – wie die Brücke in da Vincis Gemälde. Außerdem stimmen der markante Flusslauf und sogar die Wellenbewegungen vor Ort mit den gemalten überein.
Bisher galten zwei andere Bauwerke als die wahrscheinlichsten realen Vorbilder für die gemalte Brücke: etwa die Ponte Vecchio im nordöstlich von Genua gelegenen Bobbio oder die Ponte Buriano in der Nähe von Arezzo. Letztere befindet sich lediglich 10 Kilometer flussaufwärts von der „wahren Mona Lisa-Brücke“. Allerdings verfügen diese noch intakten Bauwerke über sechs oder mehr Bögen, nicht vier. Auch stimmen die eher flachen Uferlandschaften nicht mit jenen im Bild überein.
Auf den Spuren Leonardo da Vincis
Im Staatsarchiv von Florenz stieß der Historiker zudem auf Dokumente der Familie Medici. Laut Vinceti besagen diese, dass die Brücke um 1503 „eine sehr belebte, funktionierende Brücke“ war, mit der Fahrten zwischen den Städten Florenz und Arezzo um einige Stunden verkürzt werden konnten. Im selben Jahr begann da Vinci seine Arbeit an der Mona Lisa. Dass sich der Maler durch die besagte Region bewegte, sei laut Vinceti unumstritten.
Mithilfe von Drohnenaufnahmen konnte Vinceti ebenfalls den Hügel Punta Caianello ausmachen, von wo aus der Blick auf die echte Brücke der Perspektive im Gemälde ähnelt. Außerdem weisen die steilen, pyramidenförmigen Felsen links der Mona Lisa starke Ähnlichkeiten mit realen geologischen Gegebenheiten auf, die nur wenige Kilometer von der Brücke entfernt liegen. Das sogenannte Balze del Valdarno besitzt optisch sehr ähnliche schroffe Felswände. So sicher wie bezüglich der Brücke ist sich der Historiker laut eigener Aussage dabei jedoch nicht. Denn wahrscheinlich handelt es sich im Gemälde eher um eine von der Toskana inspirierte Fantasielandschaft.
Simona Neri, Bürgermeisterin der 3.500-Einwohner-Gemeinde Laterina, freut sich unterdessen über einen möglichen touristischen Zuwachs aufgrund der neuen Theorie zur „echten“ Mona-Lisa-Brücke. Deren verbliebene Überreste will sie zukünftig schützen und einen Wander- und Radweg entlang des Arnos planen – um das neue Highlight der Region zugänglich zu machen.