Gräberfeld in Brandenburg beherbergt zahlreiche Schätze

Bei Bauarbeiten ist man in Brandenburg (Havel) auf slawische Gräber aus dem 10. Jahrhundert gestoßen. Sie unterscheiden sich deutlich von bisherigen Funden in der Region: Bei den Gebeinen fanden Archäologen ungewöhnlich viele Grabbeigaben.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 21. Juli 2023, 16:16 MESZ
Freigelegtes Kindergrab.

Eines der freigelegten Kindergräber des slawischen Gräberfeldes in Brandenburg an der Havel. Alle Personen wurden ohne Sarg begraben, beinahe sämtliche Gräber enthielten Grabbeigaben.

Foto von Untere Denkmalschutzbehörde

Nachdem die Völkerwanderung die germanischen Stämme vertrieb, zog es die Slawen allmählich nach Westen in die wasserreiche Landschaft der Mark Brandenburg. Vom späten 6. Jahrhundert siedelten sie sich nach und nach entlang der vielen See und Flüsse an und nutzten die natürlichen Ressourcen für Viehzucht und Landwirtschaft. 

Einen sensationellen Einblick in das Leben sowie den Tod der Slawen in der Region lieferten nun Grabungsarbeiten in Brandenburg an der Havel. Durch die neuen archäologischen Ausgrabungen wurde ein lange vergessenes Gräberfeld aus dem späten 10. bis 11. Jahrhundert offengelegt – darunter die sterblichen Überreste von Kindern und Erwachsenen samt Grabbeigaben. 

Ton, Perlen, Edelsteine: Reichlich bunte Grabbeigaben

Insgesamt legten die Archäolog*innen der Unteren Denkmalschutzbehörde 18 Gräber und erkennbare Reste von Gräbern frei. Mindestens drei davon beinhalteten die sterblichen Überreste von Kindern, die übrigen wurden Erwachsenen zugeordnet.

In beinahe jedem der Gräber befanden sich Grabbeigaben. Die Archäolog*innen konnten darunter etwa vier Tongefäße, sogenannte spätslawische Gurtfurchengefäße, ausmachen. Zwei Kindergräber gaben die Reste von Ketten aus winzigen, zwei Millimeter kleinen gelben Glasperlen oder Firschwirbeln preis. 

Eine sehr präzise handwerkliche Arbeit: Die geringe Größe der Perlen lässt den Schluss zu, dass die Ketten einst auf einem sehr feinen Faden aufgereiht werden mussten.

Foto von Untere Denkmalschutzbehörde

Eines der Kindergräber wurde verhältnismäßig reich ausgestattet. Die wertvollen Beigaben lassen vermuten, dass das etwa sechs Jahre alte Mädchen einen hohen sozialen Stand hatte – welcher in der Region Brandenburg in dieser Form bisher nicht nachgewiesen werden konnte. 

In dem Grab des Kindes waren die Überreste eines Schmuckstücks aus insgesamt 40 Glas- und Fischwirbelperlen mitsamt einer Bronzeperle enthalten. Zusätzlich konnten die Archäologen eine Kette aus sechs Millimeter großen Perlen bergen, gefertigt aus Bergkristall, Karneol, schwarzbraunem Glas und einem blauen Edelstein oder Glas. Dazu fanden die Forschenden in dem Grab eine gedrechselte Holzschale, zwei Ohrringe und Fragmente eines Fingerrings.

Begräbnis ohne Sarg: Wer waren die Toten?

Neben der Vielzahl der Grabbeigaben unterscheidet sich die Begräbnisstätte insofern von den bekannten slawischen Gräbern der Region, als dass diese deutlich geordneter angelegt worden ist. Gleichzeitig wurden die Toten ohne Särge bestattet, ihre Gräber aber teilweise mit mehr oder weniger umfassenden Holzeinbauten versehen. 

BELIEBT

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    Um zukünftig noch mehr über die Menschen in Erfahrung zu bringen, die hier einst beerdigt wurden, dokumentierte das Team sämtliche Gräber mit sogenannten Structure for Motion-Aufnahmen. Mit diesem speziellen 3D-Verfahren lassen sich die Skelette und Grabinhalte im Nachhinein genauestens von allen Seiten dynamisch betrachten und untersuchen. Eventuellen Beschädigungen durch das Ausheben wird so entgegengewirkt.

    Zu welcher Siedlung das Gräberfeld beziehungsweise die hier beerdigten Verstorbenen gehören, bleibt vorerst allerdings offen. Möglich wäre ein Bezug zur Brandenburg – einer slawischen Niederungsburg mit charakteristischem Burgwall, die einst vom 8. bis ins 12. Jahrhundert auf einer der Inseln in der Havel stand. Es könnte aber auch eine Verbindung zu den slawischen Hügelgräbern des 9. Jahrhunderts bestehen, die 1938 ebenfalls entlang der Krakauer Straße entdeckt wurden, oder zu der Zeit des Slawenaufstandes im Jahr 983. Die Geheimnisse der Toten müssen in Zukunft weitere Forschungen lüften.

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