„Duft der Ewigkeit“: So roch der Mumifizierungsbalsam der Alten Ägypter

Nach dem Tod der königlichen Amme Senetnay wurden ihre Organe einbalsamiert und in einer Urne im Tal der Könige verwahrt. Rückstände in dem Gefäß halfen nun bei der Rekonstruktion des Balsams.

Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 8. Sept. 2023, 09:02 MESZ
Kopfnachbildung aus Stein vor einem grauen Untergrund.

Kopfstück der Gesichtsurne der altägyptischen Amme Senetnay. Anhand von Rückständen in dem Gefäß konnte die Zusammensetzung des Mumifizierungsbalsams rekonstruiert werden. 

Foto von Christian Tepper / Museum August Kestner, Hannover

Senetnay, die Ehefrau von Sennefer, dem Bürgermeister von Theben, hatte ihren hohen gesellschaftlichen Status nicht dem Rang ihres Mannes zu verdanken. Um etwa 1450 v. Chr. – im Neuen Reich des Alten Ägyptens – war sie selbst eine wichtige Persönlichkeit, denn sie war die königliche Amme von Amenophis II., dem siebten Pharao der 18. Dynastie.

Schon zu Lebzeiten genoss sie durch diese Stellung viele Vorteile. Die größte Ehre wurde ihr aber nach ihrem Tod zuteil: Ihre letzte Ruhe fand sie neben den altägyptischen Herrschern im Tal der Könige. Es ist nicht bekannt, in welchem Teil der Nekropole ihre Mumie bestattet wurde. Bei der Erforschung von Grab KV42, das ursprünglich für die Königin Meritre Hatschepsut gebaut wurde, stieß der britische Ägyptologe Howard Carter im Jahr 1900 jedoch auf Gesichtsurnen, in denen sich einst Senetnays einbalsamierte Organe befanden.

Duftende Mumie

Diese Gefäße, die heute im Museum August Kestner in Hannover aufbewahrt werden, haben nun einem Forschungsteam unter der Leitung von Barbara Huber, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie (MPI-GEA) dabei geholfen, die Duftstoffe zu ermitteln, die bei der Mumifizierung vor 3.500 Jahren zum Einsatz kamen. Die Studie zu diesem „Duft der Ewigkeit“ ist in der Zeitschrift scientific reports erschienen.

Um die Substanzen zu identifizieren, die sich an der Innenseite der Gesichtsurnen abgelagert hatten, wandte das Studienteam eine Reihe hochentwickelter Analysetechniken an – darunter Gaschromatographie- und Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie. Dabei stellten die Forschenden fest, dass die Balsame Bienenwachs, Pflanzenöl, Fette, Erdharz, Harz aus einem Kieferngewächs – mit großer Wahrscheinlichkeit Lärche – und Dammar- oder Pistazienbaumharz enthielten.

„Mit unseren Methoden konnten wir entscheidende Erkenntnisse über die Inhaltsstoffe des Balsams gewinnen, zu denen es in den zeitgenössischen altägyptischen Textquellen nur begrenzte Informationen gibt“, so Huber.

Rückschlüsse auf antike Handelsrouten

Laut Christian Loeben, Ägyptologe und Kurator am Museum August Kestner, erlauben die Studienergebnisse ein ganz neues Verständnis für die differenzierten Mumifizierungspraktiken der damaligen Zeit.

Sie werfen aber auch ein neues Licht auf die Handelsbeziehungen, die Ägypten im 2. Jahrtausend v. Chr. pflegte, denn bei einigen Inhaltsstoffen des Balsams handelte es sich um Importwaren. So kam das Lärchenharz vermutlich aus dem Mittelmeerraum, das Dammarharz aus Südostasien. Bisher nahm man an, dass Handelsrouten zwischen Südostasien und Ägypten erst im 1. Jahrtausend v. Chr. aufgebaut wurden. Die Ergebnisse der Studie rücken diese Verbindung nun um tausend Jahre in die Vergangenheit.

Die Verwendung der kostbaren, sicherlich teuren Handelswaren in ihrem Balsam ist ein starkes Zeichen für den hohen Status der königlichen Amme. „Die Anzahl der importierten Inhaltsstoffe für ihren Balsam unterstreicht die Bedeutung Senetnays als wichtiges Mitglied des inneren Kreises des Pharaos“, sagt die Archäologin Nicole Boivin, die an dem Projekt als leitende Wissenschaftlerin mitgewirkt hat.

BELIEBT

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    Nachbildung des historischen Duftes durch die Parfümeurin Carole Calvez.

    Foto von Barbara Huber

    Wo man das Alte Ägypten riechen kann

    Doch die Analyse der Balsammischung war nur der erste Schritt. Nach Abschluss der Analyse haben die französische Parfumeurin Carole Calvez und die sensorische Museologin Sofia Collette Ehrich gemeinsam mit dem Studienteam den „Duft der Ewigkeit“ auf Basis der Ergebnisse rekonstruiert. Demnächst soll er Besuchern des Moesgaard Museums im dänischen Aarhus im Rahmen einer Ausstellung präsentiert werden und es einem breiten Publikum ermöglichen, den Geruch der Antike mit eigenen Nasen zu erschnuppern.

    „Der ‚Duft der Ewigkeit‘ steht für mehr als nur das Aroma des Mumifizierungsprozesses“, sagt Huber. „Er verkörpert die reiche kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung der altägyptischen Begräbnispraktiken.“

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