Seltener Grund zum Feiern: Was ist ein Jubeljahr?

Jubeljahre sind nicht nur eine Redewendung, sondern tatsächlich ein extrem seltenes Ereignis. Was genau sich dahinter verbirgt, wann das nächste Jubeljahr beginnt und welche Rolle eine spezielle Tür dabei spielt.

Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 2. Sept. 2024, 10:17 MESZ
Festlichkeiten im Vatikan.

Menschenmassen im Vatikan. Zum am Heiligabend 2024 beginnenden 27. Jubeljahr werden Millionen Gläubige in Rom erwartet.

Foto von Christian Lendl / Unsplash

Der 24. Dezember 2024 ist ein besonderer Tag. Nicht nur werden in vielen Teilen der Welt Weihnachtsgeschenke ausgepackt, auch im Petersdom des Vatikans wird etwas geöffnet: die Heilige Pforte. Indem er sie aufschließt und durch sie hindurch tritt, eröffnet der Papst rituell das Heilige Jahr, auch Jubeljahr genannt.

Das Wort Jubeljahr wird im alltäglichen Sprachgebrauch immer dann benutzt, wenn etwas äußerst selten, nämlich nur „alle Jubeljahre“, passiert. Und tatsächlich erlebt jeder Mensch in seiner Lebenszeit nur wenige dieser Heiligen Jahre. Das erste wurde im Jahr 1300 ausgerufen, 2025 ist erst das 27. Ereignis dieser Art. Doch was genau ist ein Jubeljahr, wie wird es begangen und welchen Ursprung haben die Tradition und sein Name?

Göttliches Gebot der Tora: Erlassjahr und Jobel

Indirekt geht das römisch-katholische Jubeljahr auf das Erlassjahr zurück, das im Buch Levitikus, dem dritten Buch der hebräischen Bibel, als göttliches Gebot aufgeführt ist. Laut Kapitel 25 (Lev 25,8-55) sollten nach dem siebten der alle sieben Jahre stattfindenden Sabbatjahre – also jeweils im 50. nach 49 Jahren – Israeliten ihren Untergebenen alle Schulden erlassen, sie aus der Schuldsklaverei entlassen und ihnen ihr Erbland zurückgeben. „Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus! Es gelte euch als Jubeljahr“, heißt es im Buch Levitikus.

Das Erlassjahr, das jede Generation rechnerisch mindestens einmal erleben konnte, sollte ein Neubeginn und Hoffnungsschimmer für alle sein: Die Karten wurden neu gemischt und die, die in Armut und Abhängigkeit geraten waren, bekamen die Chance auf ein besseres Leben.

„Das eigentliche Privileg ist es, jeden Tag hier durchzulaufen und etwas Neues zu lernen“, sagt Gianni ...

Wie das freudige Ereignis eingeleitet werden sollte, war im Buch Levitikus fest vorgegeben: „Am Versöhnungstag sollt ihr das Horn im ganzen Land ertönen lassen.“ Bei diesem Horn handelt es sich um das Schofar, ein Blasinstrument, das aus natürlichem, gewundenen Horn hergestellt wird und bis heute anlässlich jüdischer Feste geblasen wird. Es kann von verschiedenen gehörnten Tieren stammen, oft wird aber Widderhorn – hebräisch jôbêl – genutzt. Hier findet sich der vermutliche Ursprung des Jobels bzw. Jubels in dem Wort Jubeljahr.

Heiliges Jahr: vollkommener Ablass für Pilger nach Rom

Das erste Heilige Jahr (annus sanctus) der römisch-katholischen Kirche rief im Jahr 1300 Papst Bonifatius VIII. aus. Ähnlich dem Schuldenerlass während des jüdischen shnat hajovel war das christliche Jubeljahr darauf ausgelegt, Gläubigen die Chance auf einen vollkommenen Ablass und damit einen Neuanfang zu geben. Voraussetzung war, dass sie nach Rom pilgern, um dort die Sakramente der Buße und der Eucharistie zu empfangen und die Heilige Pforte der Apostelkirche zu durchschreiten. Bonifatius VIII. legte fest, dass künftig alle hundert Jahre ein Jubeljahr anlässlich der Geburt Jesu Christi – also am Heiligabend – begangen werden sollte.

Dieser Turnus wurde jedoch bereits 43 Jahre später von Papst Clemens VI. auf fünfzig und im Jahr 1389 von Papst Urban VI. auf 33 Jahre – das Alter Jesu Christi bei seiner Kreuzigung – herabgesetzt. Zwischen 1390 und 1450 fanden insgesamt fünf Jubeljahre statt, teilweise im Abstand von nur zehn Jahren. Diesem Durcheinander setzte Papst Paul II. im Jahr 1470 ein Ende. Er bestimmte, dass ab sofort Jubeljahre in einem Abstand von 25 Jahren stattfinden sollten, damit jede Generation garantiert einmal im Leben die Möglichkeit bekam, ein Heiliges Jahr zu erleben.

Öffnung der Heiligen Pforte durch den Papst

Im Jahr 1500 führte Papst Alexander XI. einen Ritus zur Eröffnung des Heiligen Jahrs ein, der bis heute – mit einer kleinen Abwandlung – befolgt wird. Am das Jubeljahr einläutenden Heiligabend trat er vor die Heilige Pforte im Petersdom, die mit einer Marmorplatte verschlossen war. Er sprach ein Gebet, schlug dreimal mit einem goldenen Hammer auf die Platte, die daraufhin entfernt wurde, und trat durch die geöffnete Pforte.

BELIEBT

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    Marmorplatte und Hammer sind inzwischen nicht mehr Teil des Rituals, stattdessen drückt der Papst lediglich die schweren Flügeltüren der Pforte auf, die bis zum Ende des Jubeljahres offen stehen, sodass Pilger aus aller Welt die Möglichkeit haben, durch sie zu treten und den vollkommenen Ablass zu erfahren.

    Die Heilige Pforte im Petersdom ist die bekannteste und die erste, die zu Beginn eines Jubeljahres geöffnet wird. In Rom gibt es aber noch drei weitere Portale dieser Art: in der Lateranbasilika, in der Basilika Santa Maria Maggiore und in der Basilika von Sankt Paul vor den Mauern. Sie alle werden vom Papst einige Tage nach der im Petersdom geöffnet. Zudem verfügt auch die Kathedrale von Santiago de Compostela im spanischen Galicien über eine Heilige Pforte.

    Wer nicht so weit reisen kann oder möchte, kann 2024 in allen Kathedralen und Co-Kathedralen der römisch-katholischen Kirche an den Eröffnungsfeierlichkeiten zum Jubeljahr teilnehmen. Laut Verfügung von Papst Franziskus finden diese am 29. Dezember 2024 statt. Der Vatikan geht davon aus, dass im Laufe des Jubeljahres um die 30 Millionen Gläubige nach Rom kommen werden, um dort Sakramente zu empfangen und durch die Heiligen Pforten zu gehen. Dazu haben sie Gelegenheit bis zum 6. Januar 2026, wenn das 27. Jubeljahr mit dem Schließen der Heiligen Pforte des Petersdoms offiziell endet.

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