Goldene Götter und antike Graffiti: Tempel von Edfu restauriert
Der altägyptische Gottespalast ist bis heute ein Wunderwerk der antiken Baukunst. Noch immer zeugen farbenfrohe Wandmalereien und handschriftliche Botschaften vom Leben vor über 2.000 Jahren.
Nilgott mit gemalten Details, darunter Schmuck und eine Pupille.
Der Horus-Tempel von Edfu, den die Alten Ägypter zwischen dem 3. und 1. Jahrhundert v. Chr. errichteten, ist heute das am besten erhaltene Heiligtum Ägyptens. Er ist ganze 137 lang, 15 Meter breit und an der höchsten Stelle 35 Meter hoch. Gewidmet war er dem Falkengott Hor-Behdeti, auch Horus von Edfu genannt.
Doch nicht nur die Größe des Bauwerks beeindruckt Forschende bis heute, sondern auch die komplexen und opulenten Verzierungen der Tempelwände. Diese wurden nun von einem Forschungsteam der Universität Würzburg in Zusammenarbeit mit Restauratoren aus Ägypten untersucht. Gemeinsam befreiten die Forschenden die Steinreliefs auf den Tempelwänden von Staub, Vogelkot und Ruß und legten so die bunten Farben frei, die die Darstellungen und Hieroglyphen einst zierten.
Goldene Götter und bunte Illustrationen
Unter den Motiven, die die Forschenden auf diese Weise offenbarten, sind zahlreiche Ritualszenen und religiöse Texte. Die Götter, die in diesen Kontexten abgebildet sind, weisen bis heute Spuren von Blattgold auf. Einst funkelten sie vermutlich beeindruckend von den Wänden des Tempels, so Victoria Altmann-Wendling, Projektleiterin im Horus-Beḥedety-Projekt, das den Tempel seit 2016 untersucht. „Die Vergoldung der Figuren diente vermutlich nicht nur dazu, sie symbolisch zu verewigen und zu vergöttern, sondern trug auch zur mystischen Aura des Raumes bei“, so die Ägyptologin.
Dieser Eindruck wurde vermutlich durch weitere goldene Tempelelemente verstärkt, darunter Säulen, Tore und Obelisken, die mit dicken, vergoldeten Kupferfolien überzogen waren. Laut Altmann-Wendling spielte Gold im Alten Ägypten generell eine große Rolle. In Textquellen würde das Material als „Fleisch der Götter“ beschrieben.
Graffiti in demotischer Schrift
Neben der Bemalung der Steinreliefs legte das Team noch etwas frei: antike Graffiti, sogenannte Dipinti. So nennt man mit Farbe oder Tinte verfasste handschriftliche Texte auf Steinwänden. In dem acht Meter hohen Raum stehen sie ungefähr auf Augenhöhe geschrieben.
Laut Martin Stadler, der ebenfalls Ägyptologe im Horus-Beḥedety-Projekt ist, handelt es sich dabei um demotische Texte – also Texte, die in Schreibschrift geschrieben sind. „Hieroglyphen im Alltag zu schreiben, war zu kompliziert“, sagt Stadler. Deshalb habe sich zunächst die sogenannte hieratische Kursivschrift und daraus dann die demotische Schrift entwickelt. Diese beherrschten etwa zehn Prozent der Bevölkerung, was darauf schließen lässt, dass die Graffiti von schriftkundigen Personen, vermutlich von Priestern – die auch als einzige den Bereich des Tempels betreten durften – auf die Wände des Tempels gebracht wurde.
Eines der Dipinti offenbarte sich den Forschenden unter einer Schicht Farbe. Stadler vermutet, dass sich hier möglicherweise eine Person, die den Baufortschritt inspizierte, verewigen wollte. Im Texte wünsche sich der Schreiber, dass sein Name „vor Horus von Edfu fortbestehen“ soll. Entziffern konnten die Forschenden den Namen bisher allerdings nicht. „Wir hoffen, mit Infrarotphotographie noch etwas herauszuholen und dann den Wunsch dieses Mannes in Erfüllung gehen zu lassen“, so Stadler.