Weniger intelligent? Studie behandelt IQ von Alten Römern
Laut Forschenden war der IQ-Wert im Römischen Reich niedriger als vor und nach seiner Entstehung. Der Grund dafür könnte wortwörtlich in der Luft gelegen haben.
Zu der Zeit, die in diesem Bild dargestellt wird – die römische Dekadenz zwischen dem 3. und 6. Jahrhundert – war der Einbruch im IQ der Römer vermutlich wieder behoben. Davor allerdings war mutmaßlich das gesamte Römische Reich betroffen.
Eine zu hohe Bleibelastung in unserer Atemluft oder Nahrung kann unsere Gesundheit erheblich beeinflussen. Ist die Konzentration von Blei im menschlichen Körper zu hoch, nimmt vor allem das Nervensystem Schaden – was Studien zufolge auch eine Verringerung des Intelligenzquotienten (IQ) zur Folge hat.
Ein internationales Forschungsteam hat nun die Bleibelastung in Europa zur Zeit des Römischen Reichs untersucht und herausgefunden, dass diese damals besonders hoch war. Waren die alten Römer als weniger intelligent? In ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift PNAS erschienen ist, ziehen die Forschenden einen Zusammenhang zwischen der enormen Bleibelastung und dem durchschnittlichen IQ der Römer. Dieser sei im Römischen Reich vermutlich um zwei bis drei Punkte niedriger gewesen als vor und nach seinem Aufkommen.
Römisches Blei in arktischen Bohrkernen
Um die damalige Bleibelastung zu ermitteln untersuchten die Forschenden die Zusammensetzung der Atmosphäre im Zeitraum zwischen 500 v. Chr. und 600 n. Chr. Dazu nutzten sie Daten aus Bohrkernen aus der Arktis. Im Eis ist die Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geschichte quasi für immer eingeschlossen – in Form von Blasen, die die Zusammensetzung der damaligen Luft offenbaren können. In diesem Fall konzentrierten sich die Forschenden auf die darin eingeschlossenen Blei-Isotope.
Einer der Eisbohrkerne, die die Daten über die Bleikonzentration in der damaligen Atmosphäre lieferten.
Mithilfe von modernen Computermodellen ermittelte das Team dann die Konzentration des Bleis in der damaligen Atmosphäre über Europa und konnte zeigen: Die Zu- und Abnahme der Bleikonzentration dort deckt sich mit den Höhepunkten und Krisen, die das Römische Reich durchlief. Das lässt darauf schließen, dass die Römer selbst für die hohe Bleikonzentration verantwortlich waren. Hauptverursacher waren vermutlich der Bergbau und die Gewinnung von Silber- und Bleierz – ein wichtiges Standbein der römischen Wirtschaft.
Zwischen dem Aufstieg des Römischen Reichs ab 15 n. Chr. und der Krise im späten 2. Jahrhundert während der Antoninischen Pest wurden laut der Studie beispielsweise 500 Kilotonnen Blei in die Atmosphäre entlassen. Zum Vergleich: In Deutschland gilt heute im Jahresmittel eine Obergrenze von 0,5 µg/m³ Blei in der Luft.
Auswirkung auf den IQ der Römer
„Es ist bekannt, dass Blei eine Vielzahl von Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, aber wir haben uns auf den Rückgang der kognitiven Fähigkeiten konzentriert, weil wir ihn beziffern können“, sagt Nathan Chellman vom Desert Research Institute (DRI) im US-Bundestaat Nevada. Er ist Mitautor der Studie und Forschungsprofessor für Schnee- und Eishydrologie. Konkret vermuten die Forschenden bei den alten Römern eine Verringerung des Intelligenzquotienten um etwa zwei bis drei Punkte. Diese Zahl haben sie durch den Vergleich mit modernen Studien zur Beeinträchtigung des IQs durch Bleibelastung errechnet. „Das hört sich nicht nach viel an, aber wenn man das auf die gesamte europäische Bevölkerung betrachtet, ist das eine ziemlich große Sache“, so der Forscher.
Potenzielle Auswirkungen zeigt beispielsweise eine Studie aus dem Jahr 2017, die die Folgen von Bleibelastung in Neuseeland untersucht hat. Ihr Ergebnis: Vor allem Menschen, die in der Kindheit einer erhöhten Bleibelastung ausgesetzt waren, weisen beispielsweise Probleme mit dem verbalen Verständnis, dem Wahrnehmungsvermögen, dem Arbeitsgedächtnis und der Verarbeitungsgeschwindigkeit von Informationen auf. Somit ist wahrscheinlich, dass die hohe Bleikonzentration im Römischen Reich, abhängig von der Region, ähnliche Folgen hatte.
Zusätzlich, so die Forschenden, zeige die Studie, dass Menschen ihre Gesundheit bereits seit Jahrtausenden durch das eigene Handeln negativ beeinflussen.