Wer war Hammurabi?

Der einstige Herrscher Babyloniens ließ einen Gesetzestext niederschreiben, der für sein ganzes Reich gelten sollte – den Codex Hammurapi.

Von Kristin Baird Rattini
In dieser Illustration aus dem Jahr 1934 zieht Hammurapi in den Krieg.
In dieser Illustration aus dem Jahr 1934 zieht Hammurapi in den Krieg.
Foto von Private Collection, Look And Learn, Bridgeman Images

Der babylonische Herrscher Hammurapi (auch Hammurabi), dessen Geburtsdatum nicht bekannt ist, wurde im Jahr 1792 v. Chr. zum Herrscher von Babylonien gekrönt und regierte bis zu seinem Tod im Jahr 1750 v. Chr. Er war nicht nur ein leidenschaftlicher Krieger, sondern auch ein raffinierter Verwalter seines Reiches, der die Traditionen der Sumerer, Akkader und anderer Länder ehrte, welche er unter seine Herrschaft brachte. Seinen Feinden gegenüber konnte er erbarmungslos sein und zerstörte Städte, die sich ihm widersetzten. Aber er brachte auch Einheit und Stabilität in sein Reich, indem er eine Rechtssammlung zusammenstellte, die für all seine Untertanen Gültigkeit hatte.

Dieser „Codex Hammurapi“ wurde auf einer steinernen Stele verewigt, deren oberer Abschnitt den Herrscher zeigt, der vom Sonnengott Šamaš gesegnet wird. Die Gesetztestexte befassen sich mit häuslichen Konflikten sowie Verbrechen, die sich jenseits der privaten Sphäre abspielen. Das erklärte Ziel des Codex war es, dass sich die Gerechtigkeit „wie eine Sonne über den Menschen erheben und das Land erleuchten solle“.

Wissen kompakt: Mesopotamien

Hammurapis Codex basierte in Teilen auf sumerischen Gesetzen, verhing aber härtere Strafen für einige Vergehen – darunter auch den Tod oder die Verstümmelung von einfachen Bürgern, deren Vergehen Körperverletzungen nach sich zogen. Genau wie die alten Israeliten könnten auch die Amoriter, die die babylonische Dynastie begründet hatten, einst das Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ angewandt haben.

In jedem Fall begünstigte der Codex Menschen von Stand und Reichtum, die nur ein Bußgeld zahlen mussten, wenn sie einen gemeinen Bürger verletzten. Außerdem benachteiligte der Codex Frauen: Im Falle eines Ehebruches konnte ein Mann ungestraft davonkommen, während untreue Frauen hingerichtet wurden.

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    Der obere Teil der Stele des Codey Hammurapi zeigt den Herrscher zusammen mit der Gottheit Šamaš.
    Foto von Victor R. Boswell, Jr

    Trotz solcher Diskrepanzen bot der Codex Hammurapi Frauen, einfachen Bürgern und Sklaven auch einen gewissen Schutz. Frauen, die von ihren Männern misshandelt wurden, durften beispielsweise eine Scheidung beantragen. Auch vor Falschaussagen mussten die Angeklagten weniger Angst haben als andernorts, da auf Meineid die Todesstrafe stand.

    Die Verschriftlichung von Gesetzen erschwerte es Richtern zudem, nach Gutdünken zu urteilen, und verbreitete das Konzept von Gerechtigkeit als universelles und beständiges Gut. Zudem gestattete der Codex Hammurapi keine persönliche Rache – ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Zivilgesellschaft.

    Hammurapi selbst war sich – genau wie andere Eroberer der Antike – aber nicht zu fein, selbst Rache zu verüben. Es gab keinerlei Regeln, die es Königen oder anderen Herrschern verboten, einander anzugreifen – selbst, wenn sie Allianzen eingegangen waren oder einander die ewige Freundschaft gelobt hatten.

    Hammurapi wandte sich beispielsweise gegen seinen langjährigen Verbündeten, den König von Mari, den Herrscher einer blühenden Stadt am oberen Lauf des Euphrat. Er zerstörte nicht nur den Palast seines Rivalen, sondern auch einen Tempel, der Šamaš geweiht war. Dabei ignorierte er eine Inschrift, die jeden verfluchte, der den Schrein entweihte, und die Götter darum ersuchte, dem Übeltäter die Kehle aufzuschlitzen und seine Nachkommen zu vernichten.

    Im konfliktgeplagten Mesopotamien erfüllten sich solche Flüche zumeist. Hammurapis Dynastie währte nur ein paar Generationen, bevor sie unterging. Sein Codex hingegen blieb bis heute erhalten – und auch, wenn er nicht länger als ältester Gesetzestext der Menschheit gilt, ist er eines der frühesten Beispiele für ein Konzept, das sich jahrtausendelang bewährte. Zahlreiche Herrscher von der Antike bis hin zu Napoleon Bonaparte ließen ihre eigenen Gesetzestexte niederschreiben, um Reiche zu einen, deren Bürger eine Vielzahl an Traditionen praktizierten und die unterschiedlichsten Auffassungen von Gerechtigkeit hatten. Sie alle sollten zumindest durch eine gemeinsame Rechtsprechung geeint werden.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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