Wer war Ramses II.?

Während des Goldenen Zeitalters von Ägypten ließ Ramses II. mehr Gebäude errichten und zeugte mehr Kinder als jeder andere Pharao.

Von Kristin Baird Rattini
Veröffentlicht am 23. Mai 2019, 16:42 MESZ
Ein Kalksteinrelief zeigt Ramses II., wie er seine Feinde erschlägt.
Foto von NONE << NONE Egyptian National Museum, Cairo, Egypt, Bridgeman Images

Was macht einen König wirklich mächtig? Ramses II., der von 1279 bis 1213 v. Chr über Ägypten herrschte, erkannte, dass Diplomatie und eine gut durchdachte PR-Strategie selbst militärische Niederlagen in einen Sieg verwandeln konnten.

Er ließ seine baulichen Leistungen feiern – darunter auch so eindrucksvolle Werke wie in Karnak und Abu Simbel –, die von seiner Vision einer großen Nation und seiner selbst als „Herrscher der Herrscher“ zeugten. Er ließ mehr Monumente und Statuen errichten und zeugte mehr Kinder als jeder andere Pharao.

Auch deshalb verehrten ihn die Ägypter lange Zeit als Ramses den Großen. Seine 66 Jahre währende Herrschaft gilt als Höhepunkt der Herrlichkeit und Macht des Reiches.

Eine steinerne Figur von Ramses II. in einem Tempel in Gerf Hussein.
Foto von Winfield Parks, Nat Geo Image Collection

Es war sein Großvater Ramses I. gewesen, der die bürgerliche Familie durch seine militärischen Errungenschaften in den Adelsstand erhoben hatte und eine eigene Königsdynastie begründete. Der Vater von Ramses II., Sethos I., hatte den Reichtum der Nation durch die Erschließung neuer Bergbauten und Steinbrüche gesichert. Er hatte die nördliche Grenze gegen die Hethiter verteidigt und befestigt, ein Stamm aus dem Gebiet der heutigen Türkei.

Als der 14 Jahre alte Ramses II. den Thorn bestieg, sahen die Hethiter eine Gelegenheit, den jungen Pharao und die nördliche Grenze seines Reiches auf die Probe zu stellen. Sie fielen ein und besetzten die bedeutende Handelsstadt Kadesch im heutigen Syrien.

Ramses II. führte seine Streitkräfte ins Feld, um die Stadt zurückzuerobern. Allerdings fiel er auf Spione herein, die ihm erzählten, die Hethiter wären noch weit vom Lager seiner Streitkräfte entfernt. In Wirklichkeit lagen sie ganz in der Nähe auf der Lauer und griffen überraschend an. Die Ägypter standen kurz vor der Niederlage, als im letzten Moment Verstärkung eintraf. Ramses II. gewann zwar die Schlacht, aber nicht den Krieg.

Seine angeschlagenen Truppen zogen sich aus Kadesch zurück. Allerdings sah Ramses nicht ein, warum er sich seinen Triumph von Nebensächlichkeiten wie der Wahrheit verderben lassen sollte. In ganz Ägypten ließ er an den Wänden von Tempeln Wandzeichnungen anbringen, die zeigten, wie er die Aggressoren eigenhändig besiegte.

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    Tatsächlich verbrachte er Jahre damit, mit den Hethitern zu verhandeln. Am Ende unterzeichneten beide Seiten einen Friedensvertrag. Bis heute ist es der früheste Friedensvertrag, der in Schriftform erhalten ist.

    Beide Seiten einigten sich unter anderem darauf, keine Flüchtlinge aus dem jeweils anderen Land aufzunehmen, sondern sie wieder in ihr Heimatland zurückzuführen, wo sie allerdings auch nicht für ihren Fluchtversuch bestraft werden durften. Darüber hinaus willigten sie ein, im Falle von feindlichen Angriffen durch Dritte eine Militärallianz einzugehen.

    Eine Abschrift des Vertrags wurde in Hieroglyphen in einer Stele im Tempel von Karnak verewigt. Eine zweite Abschrift wurde auf einer akkadischen Tontafel gefunden, die 1906 in der Türkei entdeckt wurde. Die Bedeutsamkeit des Friedensvertrags zeigt sich auch darin, dass eine Kopie der Tontafel im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York ausgestellt wird.

    Museumsbesucher bewundern die riesige Steinfigur von Ramses II.
    Foto von O. Louis Mazzatenta, Nat Geo Image Collection

    Auf seine Art unsterblich 

    Als ein Zeichen des guten Willens und der Diplomatie vermählte sich Ramses II. mit der ältesten Tochter des Hethiterkönigs. Fortan leistete sie ihm, seiner Hauptfrau Nefertari und seiner großen Familie – er zeugte mehr als 100 Kinder – in seiner neuen Hauptstadt Pi-Ramesse Gesellschaft, die er natürlich nach sich selbst benannt hatte.

    Der Reichtum des Landes unter Ramses II. zeigt sich auch in seiner opulenten Baukampagne – kein anderer Pharao übertraf ihn in diesem Bereich je. Die Tempel von Karnak und Abu Simbel zählen zu den eindrucksvollsten Bauwerken des Alten Ägypten. Sein Grabpalast, das Ramesseum, enthielt eine gewaltige Bibliothek mit mehr als 10.000 Papyrusrollen. Er erwies sowohl seinem Vater als auch sich selbst Ehre, indem er die Tempel in Abydos fertigstellte.

    All seine Bemühungen darum, ein Vermächtnis für die Ewigkeit zu hinterlassen, zahlten sich aus – auch auf für ihn unvorhergesehene Weise. Nach seinem Tod nahmen noch neun weitere Pharaonen bei ihrer Thronbesteigung seinen Namen an und festigten somit seinen Status als „Großen“ unter den Herrschern Ägyptens.

    Die Tempel von Abu Simbel

    Blick auf den Großen Tempel am Nilufer.
    Foto von David Boyer, Nat Geo Image Collection

    Ramses II. wollte sicherstellen, dass absolut kein Zweifel daran besteht, welcher Pharao die prächtigen Tempel von Abu Simbel gebaut hatte. Schon am Eingang wachen riesige Kolossalstatuen des Pharaos über das Bauwerk. Der Tempel, der den Göttern Ptah, Amun-Re und Re-Harachte geweiht ist, erstreckt sich etwa 55 Meter tief über drei gewaltige Hallen in die Felsklippen hinein. Die Szenen im Tempelinneren zeigen Ramses II. bei der Schlacht von Kadesch sowie seine Hauptgemahlin Nefertari, die den Göttern Opfer darbringt. Ramses ließ in der Nähe noch einen zweiten, kleineren Tempel für Nefertari errichten.

    Aufgrund seiner abgeschiedenen Lage wurde Abu Simbel erst im Jahr 1813 entdeckt. Als der Bau des Assuan-Staudamms 1959 drohte, die gesamte Tempelanlage unter Wassermassen zu begraben, begann die UNESCO ein beispielloses Rettungsprojekt für die Tempel. Die Bauwerke wurden Stein für Stein abgetragen und etwa 60 Meter weiter oben an eine andere Stelle der Klippe verlegt. (Erkundet den Tempel der Frau, die als Pharao herrschte.)

    Prinz Chaemwaset

    Unter den mehr als 100 Nachkommen von Ramses II. sticht Prinz Chaemwaset hervor. Er hatte den angesehenen Posten des Hohepriesters von Ptah inne, der vor allem in Memphis als Schöpfergott verehrt wurde. Flachreliefs zeigen den Prinzen bei der Ausübung seiner wichtigen Pflichten, beispielsweise bei der Pflege des Grabes von Ptahs heiligem Apis-Stiers im Serapeum, einem unterirdischen Komplex.

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    Chaemwasets Vermächtnis begründet sich aber auch in seiner Rolle als einer der ersten Archäologen. Er war fasziniert von den jahrtausendealten Wahrzeichen des Alten Reichs, die ihn überall in Memphis umgaben. Er restaurierte zu seinen Lebzeiten mehrere Tempel und Pyramiden. Im Rahmen jeder Restauration ließ er die Namen und Titel der ursprünglichen „Besitzer“ der Gebäude sowie seine eigenen und die seines Vaters einmeißeln.

    Noch ein Jahrtausend nach seinem Tod wurde er als Gelehrter verehrt und samt seinen Errungenschaften in den „Setne-Geschichten“ der demotischen Literatur verewigt.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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