Neue Schleim schießende Schneckenart in Schiffswrack gefunden

Die in Florida entdeckte neue Art ist vermutlich ein Eindringling aus dem Pazifik.

Von Mary Bates
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:30 MEZ
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Diese Wurmschnecke namens Thylacodes vandyensis wurde in einem von Floridas künstlichen Riffen entdeckt.
Foto von Rüdiger Bieler, The Field Museum

Wissenschaftler haben eine neue Schneckenart entdeckt, die etwas ganz Besonderes ist: Sie verschießt Schleim, lebt auf Schiffswracks und könnte schwerwiegende Folgen für die Erneuerung von Korallenriffen haben.

Ihre Entdecker haben ihr den Spitznamen Vandyschnecke gegeben, benannt nach dem Ort ihrer Entdeckung: Der Hülle der gesunkenen USS Vandenburg, einem Schiff, das 2009 absichtlich versenkt wurde, um ein künstliches Korallenriff vor den Florida Keys zu schaffen.

Aber die Schnecke ist weit von ihrem Zuhause entfernt. Laut einer neuen Studie in der Fachzeitschrift „Peer J“ ist diese kürzlich entdeckte Art aus der Familie der Wurmschnecken im Pazifik heimisch, wo sie bislang unerkannt blieb.

Nun kolonisiert die Vandyschnecke mit anderen, nicht heimischen wirbellosen Tieren wie der Sonnenkoralle und der Riesen-Zackenauster (Hyotissa hyotis) Floridas künstliche Riffe, was den Druck auf die natürlichen Riffe verringert. Diese Tiere strömen wahrscheinlich zu den künstlichen Strukturen, da es quasi leere Immobilien mit weniger Konkurrenz sind – und weniger Räubern.

WAS UNS SCHNECKE HEISST, WIE ES AUCH HIESSE ...

Wurmschnecken unterscheiden sich von den meisten anderen Schnecken durch ihr Aussehen und ihr Verhalten.

„Wenn Sie Schneckenhäuser sammeln würden, wäre das Haus einer Wurmschnecke nichts, das sie aufheben oder auch nur als Schneckenhaus erkennen würden“, sagte Studienleiter Rüdiger Bieler, Kurator für wirbellose Tiere in Chicagos Field Museum.

Im Gegensatz zu den geordneten Spiralmustern der meisten Schneckenhäuser sind die Häuser der Wurmschnecken – die farblich von leuchtendem Orange über Gelb bis zu Grau variieren können – länglich und röhrenförmig wie ein Wurm.

Während sich die meisten Schnecken fortbewegen, wenn auch langsam, verkitten sich ausgewachsene Wurmschnecken auf einer harten Oberfläche und bleiben ihr ganzes Leben lang dort.

Die meisten Schnecken produzieren eine Schleimspur, über die sie dann gleiten, aber stationäre Wurmschnecken benutzen ihren Schleim zum Jagen. Sie haben ein zusätzliches Paar Tentakel, aus dem sie ein glibberiges Netz aus Schleim schießen, an dem Mikroorganismen kleben bleiben. Die Wurmschnecken fressen dann nach dem Filterprinzip wie Bartenwale, indem sie die Schleimnetze in ihren Mund zurückziehen und das Futter durch Widerhaken auf ihrer Zunge sieben.

INVASION DER WURMSCHNECKEN

Um die Herkunft der Vandyschnecken zu bestimmen, untersuchte das Forschungsteam Exemplare in Museumssammlungen und führte DNA-Sequenzierungen durch.

„Die Autoren haben ihre Hausaufgaben gemacht, um zu zeigen, dass es keine heimische Art ist“, erzählt José Leal, Wissenschaftsdirektor und Kurator des Bailey-Matthews National Shell Museum in Florida, der an der Forschungsarbeit nicht beteiligt war.

Wie also ist die Schnecke nach Florida gelangt? Bieler sagt, dass Wurmschnecken per Anhalter an Schiffshüllen mitfahren oder sich als blinde Passagiere in Ballasttanks verstecken können. Ausgewachsene Wurmschnecken rühren sich nicht vom Fleck, aber frisch geschlüpfte Exemplare bewegen sich an neue Orte, um sich dort niederzulassen. Auch Meeresströmungen könnten die Jungtiere zu neuen Habitaten getragen haben.

Jede invasive Art ist Grund zur Besorgnis, aber die Vandyschnecke könnte besonders problematisch werden.

Wurmschnecken können Korallen infizieren und so deren Wachstumsrate und Überlebenschancen mindern. Ihre Schleimnetze enthalten mehrere bioaktive Verbindungen, die Fische davon abhalten sollen, sie zu fressen. Die Schnecken können außerdem bestimmte Pärchenegel übertragen, die dann bei Unechten Karettschildkröten parasitieren, die als gefährdete Art eingestuft werden.

Korallenriffe auf der ganzen Welt sind bereits mit steigenden Temperaturen und der zunehmenden Versauerung der Meere konfrontiert, sodass invasive Arten ein zusätzlicher Stressfaktor wären.

HÜLLENÜBERWACHUNG

Ein Ziel, das mit Floridas künstlichen Schiffswrackriffen verfolgt wird, ist es, die örtlichen Taucher und Fischer von den natürlichen Riffen abzuziehen, um sie und ihr empfindliches Ökosystem zu schützen. 

Allerdings sei unklar, ob die Vorteile die potenziellen Nachteile überwiegen, so Leal. „Diese Schiffswracks könnten als Sprungbrett für die Ansiedlung invasiver Arten dienen.“

Aktuell planen Bieler und sein Team jedenfalls, die Standorte als Überwachungsstationen für potenziell schädliche Neuankömmlinge zu nutzen.

„Künstliche Riffe sind ein guter Ort, um invasive Arten bei ihrer Ankunft zu erwischen“, argumentiert er. „2014 habe ich auf zwei 20-minütigen Tauchgängen drei Wurmschnecken gefunden. Etwa anderthalb Jahre später war ich wieder da und das ganze Schiff war voll von ihnen.“

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