Nashörner nutzen Misthaufen als soziales Netzwerk

Nashorn-Facebook: Die großen Säugetiere gewinnen Informationen aus den Fäkalien in gemeinschaftlichen Misthaufen.

Von Carrie Arnold
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:42 MEZ
Breitmaulnashorn
Ein männliches Breitmaulnashorn schnüffelt an dem Kot eines Weibchens in einem Misthaufen in Südafrika.
Foto von Courtney Marneweck

Ob nun am Lagerfeuer oder an der Kaffeemaschine, Menschen hatten schon immer einen Hang dazu, sich zusammenzufinden und Neuigkeiten auszutauschen. Wie sich herausstellt, trifft das auch auf Breitmaulnashörner zu – mit dem Unterschied, dass die Tiere sich lieber um einen großen Haufen Kot versammeln.

Chemische Spuren in den Nashornfäkalien liefern Hinweise über Alter, Geschlecht, den allgemeinen Gesundheitszustand und den Fortpflanzungszustand anderer Nashörner, welche die kommunale Latrine aufsuchen.

„Wir betrachten Kot nur als Abfallprodukt, aber für Tiere ist er eine wirklich gute Kommunikationsmöglichkeit. Er enthält viele Informationen, die wir uns noch nicht zunutze gemacht haben“, sagt die Hauptautorin der Studie, Courtney Marneweck. Die Ökologin promoviert aktuell an der Universität von KwaZulu-Natal in Südafrika.

Viele Tierarten können die chemische Zusammensetzung von Urin und Fäkalien wahrnehmen und so etwas darüber erfahren, wie es den anderen Mitgliedern ihrer Art geht. Das ist auch der Grund dafür, weshalb Hunde andauernd an Büschen und Laternenpfählen schnüffeln.

Der Unterschied zwischen Breitmaulnashörnern und unseren Haushunden ist diesbezüglich, dass die Nashörner am selben Ort Kot absetzen.

Auch andere Arten holen sich den neusten Klatsch und Tratsch aus solchen Misthaufen, insbesondere Säugetiere wie Gazellen, Affen und Hasen, die in großen sozialen Verbänden leben. Die aktuelle Studie bestätigt dieses Verhalten aber nun auch erstmals bei Nashörnern.

Marneweck und ihre Kollegen verfolgten mehr als 200 Breitmaulnashörner aus verschiedenen Populationen in Südafrika und nahmen Proben ihres Kots, nachdem sie ihre Misthaufen besucht hatten. So konnte das Team genau nachverfolgen, welchen Beitrag jedes einzelne Tier zu dem Haufen leistete.

Die Misthaufen zu finden, war nicht allzu schwer, da die massigen Säuger das Gras auf häufig genutzten Pfaden niedertrampeln und ohnehin nicht weit laufen, wenn die Natur ruft. Mit bis zu 20 Metern Durchmesser sind die Haufen außerdem „riesig und schwer zu verfehlen“, sagt Marneweck. Überraschenderweise stinken sie nicht besonders, wie sie hinzufügt: Nashornmist besteht zum Großteil aus getrocknetem Gras.

Die Wissenschaftler analysierten dann die chemische Zusammensetzung des Kots. Sie fanden heraus, dass Fäkalien verschiedener Altersgruppen und Geschlechter – zum Beispiel Jungtiere, dominante Männchen, paarungsbereite Weibchen – verschiedene chemische Spuren enthielten.

Dann fälschten die Forscher aus Gras und Schlamm selbst Fäkalien, die sie mit denselben chemischen Verbindungen bespritzten, die sie im Mist jener drei Gruppen gefunden hatten. Sie platzierten die Fake-Fäkalien in drei zufällig ausgewählten Misthaufen und beobachteten, wie dominante Männchen darauf reagierten.

Sie entdeckten, dass die Männchen sehr empfänglich für den gefälschten Mist waren, der die Chemikalien paarungsbereiter Weibchen enthielt. Die Studie, die im Januar in „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht wurde, beschrieb das Verhalten dieser Männchen: Sie schnüffelten häufiger an den Fäkalien als andere Nashörner, besuchten den Misthaufen häufiger und defäkierten direkt auf dem künstlichen Kot.

Diese Reaktionen zeigen laut Marneweck, dass die männlichen Nashörner aus den Chemikalien im Kot Informationen gewannen.

IMMER INFORMIERT

Solche Misthaufen sind für Tiergruppen auf vielerlei Art von Vorteil, sagt Madlen Ziege, eine Doktorandin an der Universität Frankfurt.

„Es ist wichtig, dass alle Mitglieder einer Gruppe darüber Bescheid wissen, was vor sich geht. Wenn man den Status der anderen Tiere kennt, muss man nicht nach ihnen suchen oder mit ihnen kämpfen“, sagt sie.

Die Haufen sind auch für die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Populationen derselben Art von Bedeutung. Viele Misthaufen befinden sich zum Beispiel am Rande des Territoriums einer Gruppe und helfen dabei, die Grenzen zu festigen, wie Ziege sagt.

Die Studie ist aber zu mehr als nur ein paar Fäkalwitzen gut – Marneweck zufolge kann ein besseres Verständnis für die Kommunikation der Nashörner auch dabei helfen, die Art zu erhalten.

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