Sind Hunde klüger als Katzen? Die Wissenschaft hat eine Antwort

Ein Team von Forschern ermittelte die Anzahl an Neuronen in Hunde- und Katzengehirnen. Eine der beiden Spezies besitzt doppelt so viele wie die andere.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 8. Dez. 2017, 12:18 MEZ
Foto von Joël Sartore, National Geographic Photo Ark

Lang diskutiert scheint es für diesen ewigen Streit eine Antwort zu geben.

Es stellte sich heraus, dass Hunde etwa zweimal so viele Neuronen in ihrer Großhirnrinde besitzen wie Katzen. Das lässt vermuten, dass sie auch etwa doppelt so intelligent sind.

Diese Erkenntnis wurde in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Frontiers in Neuroanatomy veröffentlicht. Ein Team von Wissenschaftlern aus sechs verschiedenen Universitäten der USA, Brasilien, Dänemark und Südafrika trug zur Forschung bei.

Eine Autorin der Studie ist die renommierte Neurologin Suzana Herculano-Houzel. Die Professorin lehrt aktuell an der Vanderbilt University und beschäftigt sich seit zehn Jahren mit den kognitiven Funktionsweisen menschlicher und tierischer Gehirne. Um ein möglichst genaues Messergebnis zu erzielen, beginnt sie mit dem Zählen von Neuronen, einer spezifischen Nervenart des Gehirns, die zum Nachrichtentransport genutzt wird.

„Man nimmt das Hirn und verwandelt es in Suppe“, sagt sie nüchtern zum ersten Schritt auf der Suche nach diesen Neuronen. Sie erklärt weiter, dass man so eine Anzahl isolierter Zellkerne aus neuronalen Zellen erhält. Diese ermöglichen es den Wissenschaftlern, die Anzahl der vorhandenen Neuronen zu schätzen.

WARUM GERADE NEURONEN?

„Neuronen sind die Grundlage aller informationsweitergebenden Einheiten“, sagt Herculano-Houzel. „Je mehr Einheiten man im Gehirn findet, über desto mehr kognitive Fähigkeiten verfügt ein Tier.“

Zu Herstellung ihrer ergebnisträchtigen „Hirnsuppe“, wie sie es nennt, nutzt das Forscherteam lediglich einen Teil des Gehirns. Diese gefaltete, äußere Schicht, die auf den anderen Hirnteilen sitzt, nennt man Großhirnrinde. Verschiedene Teile des Gehirns verarbeiten Umweltreize wie Sehen und Fühlen. Die Großhirnrinde setzt neben weiteren Funktionen diese Reize zusammen, um Entscheidungen zu fällen und Probleme zu lösen.

„Die Großhirnrinde ist der Teil des Hirns, der Komplexität und Flexibilität ermöglicht“, sagt Herculano-Houzel.

Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie viele Neuronen Hunde und Katzen durchschnittlich besitzen, nutzten die Wissenschaftler drei verschiedene Gehirne: eins von einer Katze, eins von einem Golden Retriever und eins von einem kleinen Mischlingshund. Es wurden zwei Hundegehirne benutzt, da die Größenunterschiede innerhalb der Spezies erheblich schwanken können.

In den beiden Hundegehirnen finden die Forscher – trotz ihrer unterschiedlichen Größe – gut 500 Millionen Neuronen. Das ist mehr als doppelt so viel wie die 250 Millionen, die in dem Gehirn der Katze ermittelt wurden.

Hunde haben andere Mimik, wenn sie von Menschen beobachtet werden

Basierend auf der Anzahl der gefundenen Neuronen stellten sie die Theorie auf, dass Hunde etwa so intelligent wie Waschbären und Löwen sind. Die Intelligenz von Hauskatzen dagegen entspricht der von Bären. (Lesenswert: Tiere tun uns gut – aber anders, als wir denken)

Zum Vergleich: Menschen besitzen mit weitem Abstand die höchste Anzahl an Neuronen in der Großhirnrinde, bis zu 16 Milliarden pro Person. Unsere nächsten Verwandten, die Orang-Utans und Gorillas haben ca. acht bis neun Milliarden Neuronen, Schimpansen ca. sechs bis sieben Milliarden.

Als eine der intelligentesten, nicht-primaten Tierarten studierte das Forscherteam Elefanten, die über 5,6 Milliarden Neuronen verfügen. Herculano-Houzel vermerkte, dass sie zudem eine überdurchschnittlich große Ansammlung von Neuronen in ihrem Kleinhirn besitzen. Dies ist der Teil des Gehirns, der die motorischen Fähigkeiten steuert. Das könnte ihnen bei der Nutzung ihrer mächtigen Rüssel helfen.

MESSBARE INTELLIGENZ

Die Diskussion um die Intelligenz von Hunden und Katzen mag durch die Forschungsergebnisse nun wissenschaftlich fundiertes Futter erhalten haben. Die Studie ist jedoch Teil eines größeren Bestrebens, Neuronen als messbaren Wert für Intelligenz zu nutzen.

Frühere und manchmal umstrittene Studien zur Bemessung von Intelligenz bezogen sich auf die Größe des Gehirns und seine strukturelle Komplexität.

Sarah Benson-Amram ist Wissenschaftlerin in der Forschungsabteilung Animal Behavior and Cognition der Universität von Wyoming. Sie gibt an, dass sie und ihre Kollegen Indizien ermitteln konnten, die darauf hindeuten, dass die größeren Gehirne von Raubtieren bessere Möglichkeiten zur Problemlösung bieten. Sie vermerkte jedoch auch, dass es nur wenig Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein größeres Gehirn auch automatisch höhere Intelligenz bedeutet.

„Wir müssen definitiv noch mehr an diesem Thema forschen, bevor wir eine fundierte Aussage über den Zusammenhang von Hirngröße und Intelligenz in verschiedenen Tiergruppen machen können“, sagt sie.

Herculano-Houzel argumentiert, dass die Ermittlung der Neuronenanzahl nur eine mögliche Methode zur Bemessung von Intelligenz ist. Ihrer Auffassung nach ist es jedoch aktuell die effektivste.

„Die Körpergröße allein lässt keinen Rückschluss auf die Anzahl der Neuronen zu“, sagt sie. „Es gibt Tierarten, deren Gehirne ähnlich groß sind und die dennoch komplett unterschiedlich viele Neuronen besitzen.“

Das Forscherteam konzentriert sich momentan auf das Studieren von Landraubtieren, sie hoffen jedoch, eines Tages auch Meeressäuger untersuchen zu können.

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