Was lockt das Murmeltier aus seinem Bau?

Es ist jedenfalls nicht die Aussicht auf eine Karriere als Wetterorakel.

Von Becky Little
Veröffentlicht am 1. Feb. 2018, 14:18 MEZ
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Wenn Murmeltiere ihren Kopf aus dem Bau strecken, sind sie auf der Suche nach einem Partner für Frühlingsaktivitäten.
Foto von Joël Sartore, National Geographic Photo Ark

„Es wird grau werden und es wird kalt werden – und so wird es dann sein, für den Rest ihres ganzen Lebens.“

Das zumindest sagte der Schauspieler Bill Murray in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Das berühmte Murmeltier Phil wird am 2. Februar hoffentlich etwas Anderes vorhersagen, wenn es aus seinem Bau in Punxsutawney in Pennsylvania schaut. Wenn Phil am Murmeltiertag seinen eigenen Schatten sieht – also die Sonne scheint –, wird es alten Volksweisheiten zufolge sechs weitere Wochen lang winterlich sein. Je nachdem, wo man in Deutschland wohnt, werden es vielleicht auch die ersten sechs Winterwochen überhaupt. Sieht Phil seinen Schatten nicht, wird der Frühling bald Einzug halten.

Aber ist Phil – oder irgendein anderes Murmeltier – wirklich ein verlässliches Frühlingsorakel? Nun ja, nicht so wirklich. Tatsächlich zieht es am Murmeltiertag viele männliche Murmeltiere hinaus ins Freie – allerdings nicht, um dort nach ihrem Schatten zu suchen, erklärte Stam Zervanos, ein emeritierter Biologieprofessor der Penn State Berks in Reading, Pennsylvania.

„Um diese Jahreszeit kommen die Männchen aus ihrem Bau, um nach Weibchen zu suchen“, sagte er. „Die Weibchen kommen etwa sieben Tage später heraus und bleiben vor ihrem Bau sitzen, manchmal auch direkt im Bau.“

Nachdem die Männchen herausgefunden haben, wo die Weibchen sind, „ziehen [Männchen und Weibchen] sich wieder in ihren Winterbau zurück und verbringen noch ein bisschen Zeit im Winterschlaf.“

„Im März kommen sie alle gleichzeitig wieder raus und die Paarung findet statt“, erklärte er. „Die Männchen wissen genau, wo die Weibchen sind, daher kann es dann sehr schnell zur Paarung kommen.“

Aber woher stammt die Idee, die Murmeltiere als Wetterfrösche zu benutzen?

VOM IGEL ZUM MURMELTIER

Die Ursprünge dieses Brauchs liegen in Europa. Der Murmeltiertag fällt auf den kirchlichen Festtag Mariä Lichtmess, auch bekannt als Darstellung des Herrn, der aber auch in Volksmund und Tradition als vielfältiger Bezugspunkt diente und unter anderem den Beginn des Bauernjahres kennzeichnete. Regeln wie „Ist’s zu Lichtmess klar und hell, kommt der Frühling nicht so schnell“ gab es auch in Bezug auf heimische Tiere wie Igel, Dachse oder Bären. Als deutschsprachige Einwanderer sich im US-Bundesstaat Pennsylvania eine neue Heimat schafften, brachten sie viele ihrer Traditionen mit sich.

In Ermangelung von Igeln wählten sie sich dort wohl einfach Murmeltiere als die neuen Wetterboten aus, die um den Festtag herum aus ihren Bauten kamen.

In Punxsutawney gründete sich sogar der Groundhog Club, dessen selbsterklärte Aufgabe es ist, die Legende von Punxsutawney Phil am Leben zu erhalten. Der Verein veranstaltet sogar einen Groundhog Ball und verkauft Souvenirs wie Handtücher, die auf Englisch mit den Worten „6 weitere Wochen Winter“ bestickt sind.

WER IST PHIL?

Phil ist kein gewöhnliches Murmeltier – und das nicht nur, weil er einen Gastauftritt in einem Film mit Bill Murray hatte: Er führt ein Leben, von dem ein wildes Murmeltier nur träumen kann.

Außerdem erwacht Phil am Murmeltiertag nicht wirklich aus dem Winterschlaf, um nach einer Gefährtin zu suchen. Er hält nämlich gar keinen Winterschlaf. Katie Donald vom Groundhog Club zufolge lebt Phil in einem von Menschen angelegten und klimatisierten Bau im Barclay Square von Punxsutawney. Ein Winterschlaf ist für ihn daher nicht nötig.

Der Bau hat eine Verbindung zur Bibliothek von Punxsutawney, wo Besucher durch ein Glasfenster einen Blick auf Phil und seine „Frau“ Phillis werfen können.

Das Paar ist zwar eine nette Touristenattraktion, aber ausgewachsene Murmeltiere leben eigentlich nicht zusammen. „Sie können ein bisschen aggressiv werden, wenn einer ihrem Bau zu nahekommt“, sagte Zervanos.

Die meisten Murmeltiere verlassen ihre Mutter im Alter von ein paar Wochen oder Monaten. Dann graben sie sich ihren eigenen Bau, wo sie den Rest ihres Lebens als Einzelgänger verbringen. Nur zur Paarung oder zur Aufzucht der Jungen dulden sie dort Gesellschaft.

Wie viele Murmeltiere spielten die Rolle des Phil seit dem ersten offiziellen Murmeltiertag in Punxsutawney 1887? Das verrät der Groundhog Club nicht.

„Es gab immer nur einen Phil“, sagte Donald. „Jedes Jahr veranstaltet [der Club] im Spätsommer oder Frühherbst ein Murmeltierpicknick, und bei diesem Picknick trinkt er ‚das Elixier des Lebens‘.“

Das Elixier, das Phil mit jedem Schluck angeblich sieben zusätzliche Lebensjahre schenkt, besteht aus Früchten, Gemüse und Erdbeer-Getränkepulver.

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