Die Barden der Meere: Wie Froschfische ihre seltsamen Liebeslieder komponieren

Die schleimigen, glubschäugigen Meeresbewohner sehen nicht gerade hinreißend aus, sind aber begnadete Sänger.

Von Jason Bittel
Veröffentlicht am 9. Mai 2018, 06:00 MESZ
Fische geben Unterwasser-Konzert
Dieser mürrisch dreinblickende Froschfisch hat ein besonderes Talent. Dieses Geräusch ist kein vibrierendes Handy… es ist der "Gesang" des Froschfisches.

Wie erkennt man, wann ein Froschfisch auf der Suche nach der großen Liebe ist? Im Grunde ganz einfach: Man hört einfach auf die Grunzer und die „Boops“.

Genau wie manche Vögel und Kröten singen Froschfische, um einen Partner zu finden. Wenn man nicht weiß, wonach man suchen muss, wäre der Gesang der Froschfische wohl auch der einzige Hinweis darauf, dass sich diese Tiere am Meeresboden verbergen.

„Das sind keine Fische, die man frei umherschwimmen sieht“, erzählt Erica Staaterman, eine Bioakustikerin des U.S. Bureau of Ocean Energy Management. „Sie verstecken sich unter Steinen.“

Wenn man nach Einbruch der Dunkelheit aber ein Mikrofon unter die Wellen der karibischen Küste Panamas hält, hört man kaum etwas anderes als den Froschfisch Amphichthys cryptocentrus.

Staaterman erfuhr das aus erster Hand: Sie war nach Mittelamerika gereist, um eine Studie zu Unterwassergeräuschen durchzuführen. Doch die Froschfische durchkreuzten ihre Pläne.

Ein Froschfisch der Art Amphichthys cryptocentrus scheint für ein Foto zu posieren.
Foto von Erica Staaterman

„Was wir während der Studie feststellten, war: Ach du liebes bisschen, dieser eine Fisch übertönt alles andere. Was zur Hölle ist das für ein Ding?“, erzählt Staaterman.

„Das hat unsere Daten ruiniert, weil es in manchen dieser Ökosysteme so dominant war.“

DIE ZWEI NOTEN DES FROSCHFISCHS

Nach der unerwarteten Dauerbeschallung durch den Froschfischgesang, beschlossen Staaterman und ihre Kollegen, die Laute der Froschfisch-Art Amphichthys cryptocentrus genauer zu untersuchen. Bis dato hatte noch niemand den Gesang von A. cryptocentrus aufgenommen, einer von 70 weltweiten Froschfisch-Arten.

„Als wir die Rufe in unserer Analyse-Software durchgingen, bemerkten wir diesen Trend, dass jeder einzelne der Fische seinen Ruf individuell aufzubauen schien“, sagt Staaterman.

BELIEBT

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    Jeder männliche Froschfisch ließ seine Schwimmblase vibrieren, um sein eigenes Lied zu komponieren, und jedes Lied bestand aus einer Kombination von zwei „Noten“: einem Grunzen und einem „Boop“.

    „Manchmal machten sie zwei kleine Grunzer vor einem Boop. Ein bisschen so, als würden sie sich räuspern“, sagt Staaterman, deren Studie zu den Analyseergebnissen kürzlich in „Environmental Biology of Fishes“ erschien.

    „Manchmal machten sie einen Grunzer und drei Boops oder zwei Grunzer und zwei Boops. Das schien individuell zu variieren“, erklärt sie.

    Außerdem grunzten die Froschfische manchmal auch mitten in den Gesang eines benachbarten Fisches hinein. Die Forscher vermuten, dass es sich dabei um Versuche handelt, ihre Rivalen zu stören. Interessanterweise liefen Männchen mit originelleren Gesangsmustern weniger Gefahr, von ihren Nachbarn unterbrochen zu werden, sagt Staaterman.

    Laut Allen Mensinger, einem Biologen von der Universty of Minnesota in Duluth, bestätigt die neue Studie, was er schon beim Froschfisch Opsanus tau bei Woods Hole in Massachusetts beobachtet hatte. Diese Art stellt im Gegensatz zu A. cryptocentrus allerdings ihren Gesang ein, wenn das Wasser wärmer wird.

    DER FISCH DER WISSENSCHAFT

    Wissenschaftler beschäftigen sich schon seit dem 19. Jahrhundert mit Froschfischen, und die Tiere haben uns dabei geholfen, zahlreiche Sachverhalte zu begreifen, von der Insulinproduktion über den Aufbau des Innenohres bis zu akustischer Kommunikation. Froschfische gelten sogar als Ursache des „Sausalito Hum“ – ein mysteriöser Brummton, den Booteigentümer in Kalifornien durch die Hülle ihrer Boote wahrnahmen.

    „Wir haben sie bei zwei verschiedenen Missionen in Space Shuttles gesetzt und ins All geflogen und sie kamen lebend wieder“, sagt Mensinger.

    Dennoch ist wohl nicht damit zu rechnen, dass sie in absehbarer Zeit die Hauptrolle in einem Animationsfilm spielen werden.

    „Sie sind so hässlich“, sagt Staaterman. „Ihnen hängen diese Barteln vom Kinn und sie haben riesige Augen, und ihre Haut ist schleimig und schwammig.“

    Das tut ihrem faszinierenden akustischen Verhalten allerdings keinen Abbruch, wie Staaterman betont. Letzten Endes könnte ein Fisch, der sich für die Partnersuche auf seinen Gesang verlässt, in einer zunehmend von menschlichem Lärm geprägten Welt auch Probleme bekommen.

    „Für Froschfische ist es ein hartes Leben. Man muss so gut singen, wie man kann.“

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