Wildbienen bauen ihre Nester aus Plastik

In Argentinien kleiden einzelgängerische Wildbienen ihre Nester mitunter lieber mit Plastikfolie als mit Blättern aus.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 6. Juni 2019, 15:37 MESZ
Porträt einer Blattschneiderbiene. Man vermutet, dass diese Bienen in Argentinien Plastik für den Nestbau nutzen.
Porträt einer Blattschneiderbiene. Man vermutet, dass diese Bienen in Argentinien Plastik für den Nestbau nutzen.
Foto von Joël Sartore, National Geographic Photo Ark

Wildbienen, die auf argentinischen Äckern nisten, bauen ihre Nester aus dünnen Plastikverpackungen von umliegenden Gehöften.

Forscher des Argentinischen Instituts für Agrartechnik bauten von 2017 bis 2018 hölzerne Nisthilfen für Wildbienen. Im Gegensatz zu domestizierten Honigbienen, die zusammen mit ihrer Königin und Arbeiterinnen in einem großen Bienenstock leben, sind die meisten wilden Bienen Einzelgänger, die Brutröhren graben und darin nisten. Diese Nester sind wie längliche Rechteckte angelegt. Über eine schmale Öffnung können die Bienen hineinkrabbeln und die Nester mit Zweigen, Schlamm und Blattstücken auspolstern.

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Von den 63 von den Forschern gebauten Holznestern waren drei vollständig mit Plastik ausgekleidet. Die Plastikstückchen, die in Form und Größe Fingernägeln ähnelten, wurden von den Bienen sorgfältig zurechtgeschnitten und in einem überlappenden Muster im Nest angeordnet. Aufgrund der Materialbeschaffenheit vermuteten die Forscher, dass das Plastik von Plastiktüten oder dünnen Plastikverpackungen stammt, deren Textur der der Blätter ähnelt, mit denen die Bienen ihre Nester für gewöhnlich polstern.

Von den drei Plastiknestern war eins unvollendet, was bedeutet, dass die Biene dort keine Larve abgelegt hat, wie „Science Altert“ berichtet. In den beiden anderen Nestern hatte es aber Nachwuchs gegeben: Eine der Larven war gestorben und die andere verschwunden, weshalb die Forscher glauben, dass sie überlebt hat.

Was heißt das für die Bienen?

Die neuen Forschungsergebnisse, die in „Apidologie“ veröffentlicht wurden, dokumentieren die ersten Fälle, in denen Bienen ihre Nester ausschließlich mit Plastik ausgepolstert haben. Allerdings ist Forschern schon seit Jahren bekannt, dass Bienen beim Nestbau auch auf Plastik zurückgreifen.

Eine Studie, die 2013 in „Ecosphere“ veröffentlicht wurde, beschrieb, wie Bienen in städtischen Regionen rund um Toronto in Kanada Plastikfolie und -schaum benutzten, um ihre Nester zu polstern. Ähnlich wie die wilden Bienen in Argentinien schnitten auch die kanadischen Bienen Stücke aus Plastikmaterial aus, das den Blättern ähnelte, welche sie sonst dafür benutzen.

Das Bemerkenswerte an der kanadischen Studie war die Erkenntnis, dass die Bienen nicht nur Plastikfolien verbauten. Pflanzliche Naturharze, die bei der Herstellung von Gummi und Latex Verwendung finden, hielten das Baumaterial in den Nestern oft zusammen. Aber einige Bienen schleppten stattdessen Kunststoff-Dichtmasse in ihre Nester, wie Forscher beobachten konnten.

In beiden Studien verwiesen die Wissenschaftler darauf, dass noch weitere Forschungen nötig seien, bevor man potenzielle Folgen der Plastiknutzung für die Bienen abschätzen könne. Der Nestbau zeige jedoch, dass die Tiere sich enorm gut an Veränderungen in ihrer Umwelt anpassen können. Sowohl in Kanada als auch auf den argentinischen Feldern war Plastik für die Tiere als Baumaterial problemlos verfügbar.

„Das würde die Anpassungsfähigkeit demonstrieren, die bestimmte Bienen im Angesicht sich verändernder Umweltbedingungen zeigen“, schrieb die Hauptautorin der Studie Mariana Allasino in einer Pressemitteilung.

Gefahren des Plastiks

Die Entomologin Hollis Woodard, die am Riversides Woodard Lab der University of California Bienen erforscht, überrascht es nicht, dass Bienen ihre Nester mit Plastik auskleiden.

„Ich finde das ziemlich traurig“, sagt sie. „Das ist ein weiteres Beispiel für die blindwütige Verwendung von Materialien, die dann irgendwo landen, wo sie nicht hingehören.“

Kunststoffe stellen für Wildtiere vor allem in Form von Mikroplastik ein Risiko dar – jene besonders kleinen Plastikteilchen, in die größere Stücke durch Erosion zerfallen. Viele Tiere verwechseln diese Teilchen mit Nahrung, vor allem im Meer. Allerdings gibt es bislang keine Studien, die darauf hindeuten, dass Bienen Plastik konsumieren. (Mittlerweile wurde Mikroplastik sogar im menschlichen Verdauungstrakt nachgewiesen)

Die Forscher spekulierten, dass das Plastik einen Schutz gegen häufige Nistprobleme wie Schimmel und Parasiten bieten könnte.

Wenn die Bienen das Plastik natürlichen Materialien tatsächlich vorziehen, wäre das nicht das erste Mal, dass Tiere unseren Müll zu ihrem Vorteil nutzen.

Sperlinge und Finken kleiden ihre Nester mit Zigarettenstummeln aus, um Milben vorzubeugen, während Schwarzmilane in den italienischen Alpen bunte Plastikstreifen sammeln, um damit ihre Nester zu schmücken und Partner anzulocken.

„Es wäre noch viel mehr Forschung nötig, um zu wissen, was das für die Bienen bedeutet“, sagt Woodard. „Es ist natürlich möglich, dass es einige Vorteile bringt, aber das wurde noch nicht bewiesen. Ich denke, es ist genauso wahrscheinlich, dass es einfach schadet.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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