Wie Pfauenspinnen mit optischer Täuschung um Weibchen werben

Pfauenspinnenmännchen besitzen an ihren Hinterteilen schwarze Flecken, die erstaunliche 99,5 Prozent des Lichts absorbieren. Damit leuchten die Farben um sie herum umso mehr.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 28. Sept. 2019, 11:23 MESZ

Die winzigen Pfauenspinnen sind in vielerlei Hinsicht wirklich bemerkenswert: Ihre Gesichter wirken trotz – oder vielleicht gerade wegen – der Vielzahl ihrer Augen erstaunlich niedlich, ihr Balztanz ist ein ausgefeiltes Spektakel und ihre Fähigkeiten im Springen würden jeden Ninja vor Neid erblassen lassen.

Die Männchen besitzen außerdem extrem farbenfrohe Hinterteile, die sie nur zu gerne dazu nutzen, potenzielle Partnerinnen anzulocken. Und wer könnte den attraktiven Mustern aus Blau, Violett, Gold und Rot schon wiederstehen?

Nun fanden Wissenschaftler heraus, dass die nicht einmal Daumennagel großen Spinnen sich außerdem auf die Wirkung von schwarzen Flecken verlassen, die sich zwischen den farbigen Stehen befinden, um den Weibchen den Kopf zu verdrehen.

„Wenn man eine leuchtende Farbe mit extrem dunklem Super-Schwarz einrahmt, sieht sie ganz anders aus“, meint Dakota McCoy, eine Doktorandin an der Harvard University, die die super-schwarzen Flecken zweier Springspinnenarten im Wissenschaftsmagazin Proceedings of the Royal Society B beschrieben hat.

Spinnen fliegen mit eigenen Ballons
Die Krabbenspinne prüft mit ihren haarigen Beinen die Windbedingungen, um dann abzuheben.

„Wir gehen davon aus, dass das Schwarz sie noch schöner macht, indem es die umliegenden Farben hervorhebt.“

Laut den Beobachtungen des Teams reflektiert das Schwarz der Spinnen weniger als 0,5 Prozent des auftreffenden Lichts, was die Stellen vollkommen matt und ohne jede Farbe erscheinen lässt.

Damit gehören die Spinnenhinterteile zu den lichtabsorbierendsten Phänomenen in der Natur. Weitere Beispiele findet man bei Paradiesvogelarten bei denen die Männchen ebenfalls mit ihren farbenfrohen, auffälligen Tanzeinlagen umwerben.

Optische Täuschung

Vor kurzem untersuchten McCoy und ihre Kollegen einen ähnlichen Fall von super-schwarzer Färbung bei Männchen einiger Paradiesvogelarten. Sie fanden heraus, dass das Schwarz durch mikroskopisch kleine Strukturen erzeugt wird, die einen Großteil des auftreffenden Lichts einfangen und damit eine glatte, dunkle Oberfläche erzeugen.

Galerie: Farbenfrohe Taranteln

Nachdem sie mehrere Filmaufnahmen verschiedener Pfauenspinnen beim Aufführen ihrer achtbeinigen Choreografie gesehen hatte, fragte McCoy sich, ob ein ähnlicher Mechanismus die prächtigen Farben der Spinnen hervorheben könnte.

„Wir bemerkten, dass auch bei ihnen die leuchtenden Farben von dunklem Schwarz umgeben sind und fragten uns: Wie außergewöhnlich wäre es, wenn diese Tierarten, die nur sehr entfernt miteinander verwandt sind, aber einen ähnlichen Lebensstil aufweisen, im Verlauf der Evolution die gleiche optische Täuschung entwickelt hätten?“, sagt McCoy.

Also sahen sie und ihre Kollegen sich die dunklen Flecken der australischen Maratus speciosus und Maratus karrie näher an. Ein Blick durchs Elektronenmikroskop zeigte, dass die Flecken bei beiden Arten Melanin –  schwarzes Pigment – enthielten, das sich unter einer Schicht von Erhebungen in der obersten Hautschicht der Spinnen befindet.

Das Team führte Vergleiche mit den Hinterleibern anderer Spinnenarten, die glatt und weniger dunkel gefärbt sind, sowie Simulationen der Interaktion von Licht mit den Erhebungen durch. Daraus schlossen die Forscher, dass die Erhebungen als Mikrolinsen fungieren. Sie fokussieren und fangen Licht auf dem dunklen Pigment ein und verhindern damit Reflexionen, was die Flecken noch schwärzer erscheinen lässt.

Zusätzlich besitzt M. karrie eine Schicht feiner, bürstenartiger Schuppen auf den Linsen. Bei ihnen vermutet das Team eine ähnliche Funktionsweise wie bei den Häkchen in Vogelfedern.

Zusammen erzeugen das Pigment und die dazugehörigen, lichtmanipulierenden Strukturen super-schwarze Flecken, die – wenn sie Farben umgeben – für Spinnenweibchen zu einem Bild unglaublich leuchtender Farbenpracht werden.

„Wenn das stimmt, ist es wirklich erstaunlich“, erklärt McCoy mit dem Hinweis, dass die Sehorgane von Spinnen sich in ihrer Funktion deutlich von anderen Tieren unterscheiden. „Aber vielleicht gibt das Super-Schwarz Hinweise darauf, wie die Sinne beeinflusst werden – eine notwendige Grundlage für die Wahrnehmung von Farben, die außerdem eine optische Täuschung erzeugt.“

Kluge Spinnen

Bill Hsiung findet es nicht überraschend, dass Pfauenspinnen super-schwarze Flecken nutzen, um die umliegenden Farben hervorzuheben. Er hat sich im Rahmen seiner Forschungen umfangreich mit der Färbung von Spinnen beschäftigt und ist nach seiner Promotion als Wissenschaftler bei Scripps Institution of Oceanography tätig.

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Tatsächlich besitzen Pfauenspinnen eine ganze Reihe komplexer Techniken, um ihr Hinterteil wirkungsvoll in Szene zu setzen. Rot und Gold basieren auf Pigmenten, die schillernden Blau- und Violetttöne auf lichtreflektierenden Strukturen.

Hsiung ist ebenfalls der Meinung, dass eine Kombination aus Struktur und Pigment die superdunklen Stellen der Pfauenspinnen entstehen lässt. Er ist sich jedoch noch nicht sicher, wie die strukturelle Komponente tatsächlich aussieht.

„Das Verständnis, was Farben (nicht) zugrunde liegt, ist ein Schritt in der Entschlüsselung der biologischen Funktion dieser Farben“, schreibt Hsiung in einer Email.

„Wir werden vielleicht nie sicher wissen, wie diese winzigen Spinnen ihre Umwelt wahrnehmen, aber Forschung wie diese zeigt, dass ihre kleine Gehirne vielleicht zu mehr fähig sind, als wir ihnen im Moment zutrauen.“

Paradiesspinnen

Super-Schwarz kommt auch bei vielen anderen Tierarten vor: Fische in der Tiefsee und Schmetterlinge tarnen sich damit und einige Schlangenarten signalisieren mit seiner Hilfe ihre Giftigkeit. Bislang sind Paradiesvögel und Pfauenspinnen jedoch die einzigen bekannten Tiere, die Super-Schwarz zur Partnerwerbung nutzen.

McCoy gibt jedoch an, dass es noch weiterer Forschung bedarf, um zu beweisen, dass das Super-Schwarz die Spinnenweibchen wirklich bei ihrer Partnerwahl beeinflusst. Dazu werden noch mehr Verhaltensexperimente notwendig sein.

„Pfauenspinnen und Paradiesvögel sind zwei der raffiniertesten Tierarten der Welt“, sagt McCoy. „Manchmal nenne ich sie ‚Paradiesspinnen‘ – aber das stellt natürlich eher die Vögel in den Mittelpunkt der Weltanschauung.“

 

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