Genial gedachte Projekte: Knödel für die Vögel

Schüler aus ganz Deutschland verkaufen mit dem gemeinnützigen Projekt wildvogel-futter.de Nahrung für die heimischen Vogelarten und schützen sie so.

Von Christoph Wöhrle
Veröffentlicht am 17. Mai 2021, 11:24 MESZ
Vogelfutter Start-up

Durch die fortschreitende Versiegelung des Bodens finden heimische Vögel mancherorts nicht genug Nahrung. Ein deutsches Start-up schafft Abhilfe.

Foto von JuliaNaether, Stock.adobe.com

Von Futterhäuschen und Meisenknödeln profitieren nicht nur hungrige Vögel, sondern auch Menschen. Vor allem in Städten stellen die Futterhäuschen die einzige Gelegenheit dar, Wildtiere zu beobachten – sogar vom Wohnungsfenster aus. „Während der Corona-Zeit gilt das noch mehr. So kamen wir auf unser Online-Wildvogel-Restaurant“, sagt Elke Freimuth. Mit neun Schülerinnen und Schülern aus vier Bundesländern betreibt die ehemalige Lehrerin das gemeinnützige Projekt wildvogel-futter.de. Der Vogelfutter-Online-Shop ging im November 2020 an den Start. Bereits Anfang Dezember hatten sie die ersten zwei Tonnen regional und umweltfreundlich erzeugtes sowie plastikfrei verpacktes Vogelfutter in verschiedenen Mischungen verkauft. Vom ersten Erfolg waren Elke Freimuth und die Schüler ebenso überrascht wie begeistert. Sie merkten: Man kann als Kollektiv etwas bewirken.

Vögel füttern: Ist das nötig?

Aber ist die Fütterung wilder Vögel tatsächlich nötig? Ja, sagen viele Experten, denn durch die fortschreitende Erschließung und Versiegelung von Flächen stehen den Vögeln auch außerhalb der dicht bebauten Großstädte nicht mehr ausreichend natürliche Futterquellen zur Verfügung. Sie benötigen zusätzliche Nahrung. Im Fall des Schüler-Start-ups sollen aber nicht nur Vögel und Menschen profitieren, sondern auch regionale Landwirte, die die Vogelnahrung produzieren und dafür angemessen vergütet werden sollen. Ab kommendem Herbst werden die Futterprodukte aus eigenem Anbau stammen; Verträge mit einem Landwirt in Norddeutschland, der eine Fläche von fünf Hektar bewirtschaftet, sind bereits geschlossen. Bis dahin kaufen Elke Freimuth und ihre Mitstreiter die Samen und Kerne an.

Schüler als Jungunternehmer

Für den Umsatz des Start-ups sorgt der Direktvertrieb, der auf Zwischenhändler verzichtet. Außer Futter ist auch Zubehör wie Futterstationen, Vogelhäuschen und -tränken im Angebot. Zur Auswahl stehen Mischungen wie „One-Pot-Knödel“ oder „Kleines Frühstück“ (Letzteres enthält Oregano, der gegen Darmparasiten wirken soll). Mit dem renommierten Ornithologen Peter Berthold steht den Jungunternehmern ein erfahrener Berater zur Seite. Das Futterangebot soll alle heimischen Vogelarten ansprechen – vom Allesfresser bis zum Weichschnäbler.

Elke Freimuth ist keine Unbekannte in der Gründerszene. 2008 hatte sie das kulinarische Start-up „Eat the World“ gegründet und 2017 verkauft – sie weiß aus Erfahrung, wie man ein Unternehmen hochzieht und welche Fördermöglichkeiten es gibt. Bei ihrem jetzigen Projekt zählt auch im übertragenen Sinn die Mischung. „Das Ganze funktioniert mithilfe der Schüler“, sagt sie über den Vogelfutter-Shop.

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    Das Besondere sei die Online- Vernetzung der Kinder und Teenager, die sich im wirklichen Leben noch nie alle getroffen haben, sowie der Umstand, dass niemand Gewinne einstreiche. Jeglicher Überschuss werde wieder investiert. Die Schüler führen ihre „Firma“ gemeinsam als deutschlandweite, freiwillige Arbeitsgemeinschaft und üben sich dabei nicht nur als Umweltschützer, sondern auch als Jungunternehmer.

    „Ich sammle jetzt schon die Erfahrung, worauf es ankommt, wenn ich mich irgendwann einmal selbstständig machen will“, sagt die 15-jährige Schülerin Lenya Beyersdorff aus Hamburg. Sie agiert als Pressesprecherin des Projekts. Jeder übernimmt eine spezielle Aufgabe, sei es das Marketing, der Vertrieb oder das Design der Homepage.

    Mittlerweile machen auch Kinder an einer Schule für Menschen mit geistiger Behinderung mit. „Gerade jetzt, da man wegen Corona kaum Praktikumsstellen findet, ist unser Projekt eine Chance für jeden, der dabei ist“, findet Lenya Beyersdorff.

    Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Februar 2021-Ausgabe des deutschen NATIONAL GEOGRAPHIC Magazins. Keine Ausgabe mehr verpassen und jetzt ein Abo abschließen!

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