Wie kommen die vielen Seepferdchen ins Wattenmeer?

An der deutschen Nordseeküste werden immer öfter Seepferdchenkadaver gefunden. Die Bevölkerung soll jetzt dabei helfen, das Rätsel um ihre Herkunft zu lösen.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 3. März 2023, 16:10 MEZ
Kurzschnäuziges Seepferdchen hält sich mit seinem Greifschwanz an Seegras fest.

Bei den Sichtungen hierzulande handelt es sich ausschließlich um das Kurzschnäuzige Seepferdchen Hippocampus hippocampus. Es lebt bevorzugt in den schützenden Seegraswiesen wärmerer Gewässer. Bisher galten sie hierzulande oftmals als Irrgäste.

Foto von Oleg Kovtun / Adobe Stock

Normalerweise trifft man sie in tropischen und gemäßigt temperierten Meeren an: Die meisten Seepferdchenarten sind in Südaustralien oder Neuseeland beheimatet. Seit einiger Zeit wird eine Art der gefährdeten Tiere allerdings auch wieder im deutschen Raum gesichtet: das Kurzschnäuzige Seepferdchen (Hippocampus hippocampus). Doch woher stammen die Tiere, die entlang des Wattenmeers stranden? Und was sagen sie über die Population vor den Küsten der Nordseeinseln aus?

Ein gemeinsames Projekt des Thünen-Instituts, des Landesmuseums Natur und Mensch Oldenburg, des Nationalparks Wattenmeer, des Mellumrats und des WWF geht diesen und weiteren Rätseln auf den Grund. Auch die Bevölkerung kann dabei helfen, sie zu lösen. 

Strandspaziergang für die Wissenschaft

Das Projekt soll die Bevölkerung dazu ermutigen, etwaige Funde der seltenen Seepferdchen zu melden. Diese häufen sich vor allem während der kalten Jahreszeit. „Durch Winterstürme und dem damit einhergehenden Seegang verlieren Tiere schneller an Halt und Orientierung. Gerade schlechte Schwimmer wie Seepferdchen“, sagt Hermann Neumann vom Thünen-Institut.  

Neue "verspielte" Seepferdchen-Art entdeckt
Dieses Pygmäenseepferdchen ist winzig – nur so groß wie ein Reiskorn. Forscher entdeckten kürzlich, dass das farbenfrohe Tier eine eigene Art darstellt.

Noch lebende Seepferdchen sollten möglichst zurück ins Wasser gebracht werden. Handelt es sich jedoch um angespülte, tote Tiere sind Fotos mitsamt Maßstäben – wie etwa mithilfe von Münzen – hilfreich. Wichtig sind hierbei auch die Angaben zum Fundort und -datum. Befindet sich das verstorbene Tier im Gebiet des niedersächsischen Nationalparks Wattenmeer, kann es zudem für eine genaue Bestimmung beim örtlichen Nationalpark-Haus abgegeben werden. 

Diese sogenannte Citizen-Science-Aktion zielt darauf ab, mehr über die Tierbestände des Nationalparks Wattenmeer zu erfahren. Auch andere Arten können mit Hilfe der BeachExplorer-Website oder der App des Vereins Schutzstation Wattenmeer bestimmt und eingereicht werden. Etwa 5.000 Menschen halfen den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen bisher mit über 43.500 Meldungen.

Zufall oder die Rückkehr der Seepferdchen? 

Lediglich rund 70 Funde belegen das Vorkommen der Seepferdchen in der Nordsee bisher – 38 davon verzeichnete das Portal im Jahr 2022. Die meisten Tiere wurden entlang der ostfriesischen Inseln entdeckt, von Borkum bis Wangerooge. „Die Anzahl der Funde steigt stetig und mittlerweile auch in nordfriesischen Gewässern“, so Neumann. 

Es gibt Vermutungen darüber, dass diese Funde nicht auf Zufällen beruhen, sondern Hippocampus hippocampus hierzulande schon einmal heimisch gewesen ist. Durch den Rückgang von diesem Lebensraum könnte die Art verschwunden sein. „Es braucht Strukturen wie Seegrasweisen, an denen sich die Seepferdchen mit ihrem Greifschwanz festhalten können und wo sie Deckung finden“, erklärt Nils Guse vom WWF. 

BELIEBT

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    Andere Annahmen gehen davon aus, dass sich die Populationen des Kurzschnäuzigen Seepferdchens in Wärmeperioden aus dem Ärmelkanal heraus verbreitet haben – und die Tiere so auch in die Nordsee gelangten. „In der letzten Zeit wurden weiter westlich in den Niederlanden bisher noch deutlich mehr Seepferdchen gefunden“, so Guse. Es sei daher zu vermuten, dass sie mit der Gezeitenströmung von Westen her in die seichten Gewässer Ostfrieslands ziehen. 

    Um Genaueres über die Seepferdchenpopulation in der Nordsee herauszufinden, werden weitere Funde benötigt – und Menschen, die ihre Strandspaziergänge nutzen, um das Projekt zu unterstützen. 

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