Diese 5 Riesenfische leben in deutschen Gewässern

Von Wels bis Stör: Diese heimischen Fischarten erreichen gigantische Ausmaße – und sind in deutschen Gewässern anzutreffen

Von Heidrun Patzak
Veröffentlicht am 24. Juni 2025, 17:02 MESZ
Wels in heimischen Gewässern

Sie können zweihundert Kilo schwer werden, drei Meter lang und bis zu 150 Jahre alt – das sind nicht etwa die Maße von rätselhaften Tiefseeungeheuern, sondern die von einigen Fischarten in unseren Flüssen und Seen. 

Foto von Fabian Glantschnig/Shutterstock

Lässt man sie in Ruhe wachsen und alt werden, können sich Fische wie Wels, Stör oder Hecht zu regelrechten Monsterfischen entwickeln. „Das liegt daran, dass Fische im Gegensatz zu Säugetieren ein Leben lang wachsen“, erklärt Meeresbiologe Dr. Phillip Kanstinger vom WWF. 

Die Lebenserwartung von Fischen ist erstaunlich hoch: Dass Welse etwa ein Alter von 30 bis 50 Jahren erreichen, ist keine Seltenheit. Störe könnten sogar 100 Jahre alt werden. „Momentan schaffen sie das aber nicht, denn aufgrund des hohen Fischereidrucks werden die Fische vorher gefangen“ – was laut Experten ein Problem darstellt.

Wissen und Nachwuchs: Die Rolle eines „big old fat fish“

Methusalems und Giganten spielen in den Fischpopulationen eine wichtige Rolle. „Im Gegensatz zu Jungtieren legen sie überproportional mehr Eier, womit sie für mehr des dringend nötigen Nachwuchses sorgen“, so Dr. Kanstinger. BOFFF heißt diese Hypothese in der Wissenschaft – big, old, fat, fecund, female fish. Bei wandernden Arten wie Stören oder dem Kabeljau sind die alten Tiere im Schwarm noch aus einem weiteren Grund so bedeutend: Sie kennen die Wanderwege und geeignete Laich- und Fressgründe. „Dieses Schwarmwissen geht verloren, wenn zu viele der alten Tiere weggefischt werden“, sagt Dr. Kanstinger. Doch welche heimischen Fischarten werden nun die größten und ältesten?

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    Europas größter Süßwasserfisch: Der Wels (Silurus glanis)

    Bis zu 200 kg können sie schwer werden und fast drei Meter lang: Welse, auch Waller oder Schaidfisch genannt, sind die größten Süßwasserfische Europas. Lässt man sie in Ruhe, werden sie alt – 60 bis 70 Jahre Lebensdauer sind keine Seltenheit. Allein der Kopf macht bei Welsen etwa 20 Prozent der Gesamtlänge aus. Charakteristisch für den schuppenlosen Fisch sind die am Oberkiefer sitzenden, äußerst beweglichen Barteln, mit denen die Fische tasten und schmecken, aber auch Wasserbewegungen und Temperaturunterschiede wahrnehmen können. Welse haben einen ausgezeichneten Geruchs- und Geschmackssinn und sind deshalb hervorragende Jäger.

    Flusswelse

    Die in Osteuropa heimischen Flusswelse können in Ausnahmefällen fast drei Meter lang werden.

    Foto von Stephane Granzotto, Npl, Minden Pictures

    Mehr Welse und Deutschland durch warme Gewässer

    Seit Mitte des 20. Jahrhunderts fühlen Welse sich in deutschen Gewässern wie der Donau, der Elbe oder den größeren Seen noch wohler, wachsen schneller und pflanzen sich auch besser fort. Der Klimawandel und das Einleiten von Kühlwasser in unsere Flüsse sorgen dafür, dass die Gewässer immer wärmer werden. Das kommt dem Wels zupass. 

    Auf die wachsende Verbreitung der Welse nimmt der Mensch noch auf andere Weise Einfluss: Angler setzten Welse in Baggerseen, Teichen und Nebenflüssen aus. In Spanien und Frankreich ist das bereits zum Problem geworden, denn der Raubfisch gilt in vielen Regionen als invasive Art. Da er sich von kleineren Fischen und Krustentieren ernährt, übt er massiven Druck auf diese Populationen aus. 

    Sowieso sind Welse nicht zimperlich, wenn es ums Fressen geht. In Südfrankreich wurde ein Exemplar dabei beobachtet, wie es am Flussufer aus dem Wasser sprang, sich eine Taube schnappte und wieder abtauchte. Da Deutschland der natürliche Lebensraum des Wels ist, hilft hier allerdings eine stabile Welspopulation dabei, invasive Arten wie die Kamberkrebse unter Kontrolle zu halten. 

    Riesenwels

    Eine Länge von über zwei Metern ist bei Welsen nicht ungewöhnlich.

    Foto von Fabien Monteil/Shutterstock

    Beißender Wels wird in Bayern erschossen

    Kommen Schwimmer den Nestern von Welsen zu nahe, können diese in seltenen Fällen angreifen und zubeißen, so geschehen 2015 im Felser See in Niederösterreich oder 2016 im niederbayerischen Kirchroth – mehr als Schürfwunden können Welse den Menschen allerdings zufügen. Dennoch wurde kürzlich ein Wels im Brombachsee in Bayern wiederholt auffällig: Immer wieder griff er Badegäste an und fügte ihnen Bisswunden hinzu. Da der aggressive Wels zur Bedrohung für die Badegäste wurde, musste die Polizei das zwei Meter lange und 90 Kilogramm schwere Tier erschießen. 

    Überlebender aus der Urzeit: Der Stör (Acipenser sturio)

    Störe sind lebende Fossilien. „Seit 200 Millionen Jahren ist ihr Erscheinungsbild relativ unverändert“, sagt Meeresbiologe Dr. Kanstinger. Entsprechend archaisch sehen Störe auch aus: Ihre Haut hat keine Schuppen, sondern ist mit Knochenplatten besetzt. Der Körper ist spindelförmig und das ausstülpbare Maul eine Art Schnabel, mit dem der Stör Nahrung vom Meeresgrund aufsaugt. Der Job seiner langen charakteristischen Barteln? Das potenzielle Futter schon mal „vorschmecken“.

    Stör

    Wie bei Haien besteht das Skelett von Stören aus Knorpel.

    Foto von Nadezhda Bolotina/Shutterstock

    Geboren werden Störe in Flüssen, sie wandern als Jungtier ins Meer und kehren erst zum Laichen wieder in ihre Heimatflüsse zurück. Etwa zwei Jahre benötigen die Jungfische im Süßwasser, um zu wachsen, bis ihr Körper den Salzgehalt im Meer aushält. 

    Geschlechtsreif werden sie erst im Alter von 10 bis 16 Jahren. Das verwundert nicht, denn Störe können 100, teils sogar 150 Jahre alt werden. Derart alte Fische können drei Meter lang und bis zu 200 kg schwer werden. Einige Störe sollen es auf fünf Meter Körperlänge und 800 Kilogramm Gewicht gebracht haben. 

    Störe sind in Deutschland ausgestorben

    Die urzeitlichen Giganten in unseren Flüssen haben Dinosaurier und Eiszeiten überlebt – bis der Mensch kam. „Noch vor 150 Jahren war der Stör einer der wichtigsten Speisefische in Deutschland“, berichtet Dr. Kanstinger. Mit katastrophalen Folgen für die Bestände: Beide in Deutschland heimischen Arten, der Atlantische Stör (Acipenser oxyrinchus) und der Europäische Stör (Acipenser sturio), gelten heute als ausgestorben. Im Jahr 1992 wurde der letzte Stör in deutschen Gewässern bei Helgoland gefangen. Im Rest der Welt sieht es nicht besser aus: Weltweit stehen zwei Drittel aller Störarten kurz vor dem Aussterben. 

    Neben der Überfischung liegt das Problem vor allem in den vielen Wehren und Schleusen, die es den Tieren unmöglich machen, zum Laichen in die Flüsse zurückzukehren. Der konsequente Ausbau von Flüssen im 20. Jahrhundert tat sein Übriges, dass Laichgebiete und Lebensräume für Jungfische zerstört wurden.

    Störe vom Aussterben bedroht

    Alle acht Störarten, die in Europa vorkommen, sind gefährdet oder vom Aussterben bedroht.

    Foto von Thomas Hasenberger/Shutterstock

    Wiederansiedlungsprojekte an Elbe, Oder und in der Nordsee setzen hier an. Im Rahmen eines gesamteuropäischen Stör-Aktionsplanes werden seit 2006 wieder Störe ausgesetzt. Das Ziel ist der Aufbau einer stabilen Population. „Allerdings sind bisher noch keine Anzeichen für eine eigenständige Reproduktion in Deutschland festgestellt worden“, so Dr. Kanstinger. 

    Der Hecht (Esox lucius) als Schrecken der Flüsse

    Hechte werden groß: Männchen bis zu einem Meter, Weibchen sogar bis zu 1,50 Metern. Mit einer Lebenserwartung von etwa 10 bis 14 Jahren werden vor allem die Männchen allerdings nicht besonders alt. Der Grund: Hechte sind aggressiv. Sie sind sogar so aggressiv und gefräßig, dass sie nicht mal vor Artgenossen haltmachen. Große Teile der Junghechte werden Opfer ihrer Artgenossen. Es kann sogar passieren, dass die kleineren Männchen nach der Paarung von den Weibchen aufgefressen werden. Daneben stehen Krebse, Frösche, Vögel und Kleinsäuger auf dem Speiseplan von Hechten. Der Raubfisch kann problemlos Beute verschlingen, die bis zu 70 % seiner Körpergröße ausmacht. 

    Zudem verfügen Hechte über einen sogenannten Schnappreflex. Egal, was im Wasser an ihnen vorbeitreibt, sie müssen zubeißen. Dabei sind Hechte hart im Nehmen, denn sie fühlen sich sowohl im Süßwasser als auch im Brackwasser wohl.

    Hecht

    Aufgrund ihrer Aggressivität eignen sich Hechte nicht zur Zucht.

    Foto von Rocksweeper/Shutterstock

    Das wichtigste Sinnesorgan des Hechts sind seine Augen, denn er jagt auf Sicht. Verborgen in Unterwasservegetation lauert er seine Opfer auf, indem er seine Färbung an die Umgebung anpasst. 

    Als Topräuber beeinflussen Hechte das Ökosystem in den Gewässern aber nicht nur dadurch, dass sie andere Fische fressen. Sie verbreiten regelrechte Angst unter den anderen Wasserbewohnern. „Beutefische des Hechtes setzen bestimmte Alarm-Pheromone frei, die sich dann im Kot des Hechtes wiederfinden“, erklärt Dr. Kanstinger. „Gebiete mit ‚alarmierendem Hechtkot‘ werden deshalb von einigen Beutefischarten gemieden.“

    Hecht im See

    Hechtweibchen können bis zu 35 kg schwer werden.

    Foto von Bildagentur Zoonar GmbH/Shutterstock

    Überlebenskünstler und Verwandlungsgenie: Der Aal (Anguilla anguilla)

    Der Europäische Aal wurde zum Fisch des Jahres 2025 gekürt – aus traurigen Gründen, denn ebenso wie viele andere große Fischarten ist er stark gefährdet. Nur einen Teil seines Lebens verbringen Aale in unseren Flüssen und Seen. Sie schlüpfen in der Sargassosee, einem Meeresgebiet östlich von Florida, und schwimmen innerhalb ihrer ersten drei Lebensjahre unterstützt vom Golfstrom in Richtung Europa. „Im Laufe ihres Lebens legen Aale auf ihrer Hin- und Rückwanderung insgesamt etwa 10.000 Kilometer zurück“, so Dr. Kanstinger. Anfangs sind die Aale noch winzig und durchsichtig. Erst an den europäischen Küsten entwickeln sie sich von Larven zu sogenannten „Glasaalen“.

    Glasaale

    In einigen europäischen Regionen und in Asien gilt der Glasaal als Delikatesse, was die Bestände über lange Zeit dezimierte.

    Foto von jack perks/Shutterstock

    Dort angekommen verteilen sie sich in den Flüssen und Seen, sie schwimmen sogar bis in den Zürich- oder Bodensee. „Sehr viele der Aale in unseren Gewässern haben aber dann den letzten Teil ihrer Reise im LKW verbracht und wurden als Glasaale in Frankreich oder Spanien gefangen und dann als sogenannte Besatztiere nach Deutschland importiert und freigesetzt“, berichtet Dr. Kanstinger.

    Rückkehr ohne Rücksicht auf Verluste

    Aale sind nachtaktive Jäger, die sich von kleinen Fischen, Würmern und Krebsen ernähren. Sie werden bis zu 1,50 m lang und 6 kg schwer. Die Weibchen sind deutlich größer als Männchen. Zunächst entwickeln sie sich von Glasaalen zu Gelbaalen. Haben sie genug Fettreserven (bis zu 30 % ihrer Körpermasse) angelegt, was durchaus bis zu 20 Jahre dauern kann, nehmen sie die nächste Wandlung vor: Sie werden zum Silberaal. Ihr Verdauungstrakt bildet sich zurück, ihnen wachsen Sexualorgane, die Augen vergrößern sich zu sogenannten Tiefseeaugen und sie machen sich auf die lange Reise zurück in die Sargassosee, um sich zu paaren und zu laichen. 

    Europäischer Aal

    Auf bis zu 2000 Metern Tiefe laichen die Aale in der Sargassosee.

    Foto von Rostislav Stefanek/Shutterstock

    Befinden sich Aale in abgeschlossenen Gewässern, sind sie in der Lage, sich sogar über Wiesen oder feuchte Flächen bis zum nächstgrößeren Gewässer zu schlängeln. Im Meer angekommen legen sie, teils 1000 m unter dem Meeresspiegel, bis zu 5000 km zurück – ohne jegliche Nahrungsaufnahme. Nach mehreren Jahren sind sie zurück in der Sargassosee, paaren sich dort, laichen und sterben anschließend. Sie können in Gefangenschaft ein Alter von 50 bis 80 Jahren erreichen.

    Der größte Feind auf der wundersamen Reise der Aale ist erneut der Mensch. Wilderei, Wasserwerke und Überdüngung machen dem Aal sehr zu schaffen. Laut eines Berichts des internationalen Rats für Meeresforschung betrug der erfasste Glasaalbestand an der deutschen Nordseeküste im Jahr 2021 nur noch 0,1 % der in den 1970er Jahren erfassten Menge. Großangelegte Wiederansiedlungsprojekte von Glasaalen sollen die Bestände in ganz Europa stabilisieren. Trotzdem gilt der Europäische Aal immer noch als vom Aussterben bedroht. 

    Dorsch (Gadus morhua): Ein Fisch mit vielen Namen

    In den Ostseeregionen heißt er Dorsch, an der Nordsee und im Atlantik Kabeljau. Charakteristisch für den Dorsch ist sein hervorstehender Oberkiefer und der Bartel am Unterkiefer. Einst war er einer der wichtigsten Speisefische in Deutschland. 

    Der Meeresfisch kann bis zu 25 Jahre alt, zwei Meter lang und 40 Kilogramm schwer werden. So in der Theorie. Heutzutage sind selbst ein Meter lange Fische eine Seltenheit – eine Folge der massiven Überfischung und des Klimawandels, worunter der Dorsch wie viele andere heimische Fischarten leidet. 

    „Die heimischen Bestände in der Nord- und Ostsee sind in den letzten zwei Jahrzehnten regelrecht kollabiert“, so Dr. Kanstinger. Heute gelten Dorsche als stark bedroht. „Die wenigsten Menschen haben diesen gravierenden Verlust mitbekommen, da im Supermarkt und im Fischgeschäft weiterhin Kabeljau gekauft werden kann. Nur nicht mehr aus Deutschland, sondern aus der arktischen Barentssee“, erklärt der Experte.

    Dorsch oder Kabeljau

    Die Färbung der Dorsche reicht von grün bis braun. Charakteristisch sind die gefleckten Flanken.

    Foto von Tatiana Belova/Shutterstock

    Was ist die sogenannte „Dorsch-Sprotte-Schaukel“?

    Auf Felsriffen, Muschelbänken oder sogar in Wracks fühlt sich der Raubfisch wohl. Er ist kein Einzelgänger, sondern lebt im Schwarm, am liebsten nahe am Meeresgrund – etwa auf 150 bis 200 m Tiefe. Dorsche ernähren sich von Muscheln, Krebsen oder Heringen, ein besonders wichtiger Bestandteil des Speiseplans sind jedoch Sprotten. Sie sind sogar so wichtig für den Dorsch, dass sich die Bestände der beiden Fischarten gegenseitig beeinflussen – die sogenannte „Dorsch-Sprotte-Schaukel“. Die bedenklich niedrigen Dorschbestände bescheren den Sprotten aktuell Rekordpopulationen. Diese Entwicklung verschärft sich noch dadurch, dass Sprotten Dorscheier fressen und so den Beständen zusätzlich schaden. 

    Ob sich der Dorsch, wie viele andere hiesige Riesenfischarten erholen kann, liegt in unserer Hand. Ohne Fangbeschränkungen und rigorose Schutzmaßnahmen wird es schwierig werden, die Vielfalt und das Gleichgewicht in unseren heimischen Ökosystemen zu erhalten.

    Cover National Geographic 07/25

    National Geographic Ausgabe 07/25

    Foto von Filippo Bacci/gettyimages

    Weitere spannende Berichte und Reportagen finden Sie in der aktuellen Ausgabe der National Geographic.

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