Langfristige Schäden an US-Nationalparks durch Shutdown

Müll und Fäkalien sammeln sich vielerorts in den Nationalparks der USA und drohen, ein empfindliches System nachhaltig aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 9. Jan. 2019, 13:30 MEZ
An der National Mall in der Nähe des Washington Monument quellen während eines Government Shutdowns die ...
An der National Mall in der Nähe des Washington Monument quellen während eines Government Shutdowns die Mülleimer über.
Foto von Win McNamee, Getty

Nordamerikas Nationalparks sind öffentliche Ländereien – aber aktuell verkommen sie zu öffentlichen Müllhalden.

Diese folgenschwere Entwicklung ist ein direktes Resultat des aktuellen Government Shutdowns der US-Regierung, deren Fraktionen über die Finanzierung einer Mauer an der Grenze zu Mexiko streiten. Aufgrund der Stilllegung großer Teile des Verwaltungsapparats sind die Nationalparks des Landes zwar weiterhin offen, werden aber kaum von Parkangestellten betreut und bewacht. Seit dem Beginn des Shutdowns gibt es aus vielen Parks Berichte über überquellende Mülleimer, überlaufende Toiletten und Besucher, die unbefugt in Parkbereiche eindringen, die nicht für Wanderer vorgesehen sind.

„Ich habe noch nie erlebt, dass die Regierung das Schicksal in den Nationalparks so dermaßen herausfordert wie aktuell“, sagt Diane Regas, die Präsidentin des Trust for Public Land. „Es geht gar nicht darum, was bereits geschehen ist. Es geht um die Dinge, die noch passieren könnten, wenn man keine ausreichende Belegschaft hat.“

Das größere Übel

Laut der National Parks Conservation Association (NPCA) variiert die Angestelltenzahl von Park zu Park, aber insgesamt sind aktuell etwa 16.000 Parkangestellte beurlaubt. Nur eine kleine Belegschaft aus Wach- und Sicherheitspersonal verbleibt noch im Dienst.

Im vergangenen Jahr kam es in den USA dreimal zu einem Government Shutdown – aber nur an drei Tage im Januar 2018 und an weniger als 24 Stunden im darauffolgenden Februar. Der aktuelle Mittwoch (09.01.2019) ist bereits der 18. Tag des derzeitigen Shutdowns.

Bevor er sein Büro verließ, gab der Innenminister Ryan Zinke ein Richtlinienpapier heraus, das erläutert, wie die Nationalparks während eines „Ausfalls von Haushaltsmitteln“ zu verfahren haben. Einer der Gründe dafür ist wohl das Bestreben, kleine Geschäfte und Unternehmen am Rande von Nationalparks finanziell zu unterstützen, die einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes durch Parkbesucher generieren.

„Ich würde sagen, dass das eher politische Gründe hat“, sagt Jon Jarvis, der ehemalige Direktor des National Park Service unter der Obama-Regierung. „Die Regierung will sich nicht mit dem öffentlichen Aufschrei befassen müssen, der während des letzten Shutdowns erfolgte.“

Nach dem 16-tägigen Shutdown im Jahr 2013 sah sich die Regierung mit einer Welle öffentlichen Ärgers konfrontiert, als enttäuschte Parkbesucher die sozialen Medien mit Bildern überschwemmten, auf welchen die verschlossenen Tore der Nationalparks zu sehen waren.

Folgen für Mensch und Tier

Aktuell würden hingegen die überquellenden Abwässer und Fäkalien ein Gesundheitsrisiko für Besucher darstellen, sagt Regas.

Am Mittwoch wurde ein Campingplatz im Joshua-Tree-Nationalpark in Kalifornien geschlossen, da die Kapazität der Toilettengruben ausgeschöpft war. Der NPCA zufolge wurden menschliche Fäkalien auch schon an Straßenrändern und auf freien Flächen gesehen.

Aufgrund der geringen Belegschaft sei es Regas zufolge schwierig, das ganze Ausmaß des Problems abzuschätzen.

Auch herumliegender Müll könnte das empfindliche Gleichgewicht zwischen Mensch und Tier in den Parks stören.

„Die letzten Jahrzehnte hat der Park Service hart daran gearbeitet, die Schwarzbärpopulation von menschlichen Nahrungsmitteln zu entwöhnen“, so Jarvis. Wenn Tiere wie Bären oder Kojoten erst wieder anfangen, Menschen mit Nahrung zu assoziieren, steigt Jarvis zufolge das Risiko dafür, dass die Tiere Menschen anfallen oder präventiv getötet werden müssen.

Auch das Verlassen der Wege und das Campen in geschützten Bereichen könnte dauerhafte Folgen haben.

„In der Wüste leben so viele Arten unterirdisch, dass es wirklich Schäden anrichten kann, die Wege zu verlassen“, sagt David Lamfrom, der Direktor für die Wüsten- und Wildtierprogramme der NPCA.

“There are well-intentioned people who are leaving long term effects in national parks because they don’t have the ability to consult with rangers,” he says. “The longer this goes on, the larger the impact becomes.”

Der Mangel an Parkbelegschaft birgt auch Risiken für die Besucher. Seit dem Shutdown gab es drei Todesfälle in den Nationalparks, und ein Verletzter wurde von Parkbesuchern in Sicherheit gebracht, die zufällig vorbeikamen.

Projektrückstau verschärft sich

Der National Park Service hat bereits einen Projektrückstau für aufgeschobene Infrastrukturprojekte im Wert von 11,6 Milliarden Dollar, darunter die Instandhaltung von Straßen und Wasserwegen. Ohne die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern entgehen den Parks pro Tag zudem rund 400.000 Dollar.

Sobald die Regierung den Shutdown beendet, werden Jarvis zufolge die Parkangestellten für die Beseitigung des Mülls der Besucher zuständig sein. Dadurch werden ohnehin schon aufgeschobene Projekte noch weiter in die Ferne rücken. Aktuell gibt es keine Informationen über eine finanzielle Unterstützung für die Aufräumarbeiten.

Außerdem ist unklar, wie viel Müll sich bereits angesammelt hat. Einer Berechnung der Nachrichtenseite Quartz zufolge wurden allein im Yosemite-Nationalpark um die 27 Tonnen Müll hinterlassen. Laut der NPCA entstanden 2015 etwa 45 Millionen Kilogramm Müll in den US-Nationalparks. Um die Parks sauber zu halten, ist eine funktionierende Infrastruktur ebenso unerlässlich wie die Aufklärung der Besucher.

„Die Nationalparks Amerikas gelten als die besten der Welt – und zwar nicht nur, weil sie schön sind“, sagt Jarvis. „Sie werden nach sehr hohen Standards betrieben.“

Regas und Jarvis sind beide der Ansicht, dass die Parks geschlossen werden sollten, bis die Regierung ihren Shutdown beendet hat, um weitere Folgeschäden zu vermeiden.

Lamfrom zufolge muss das ganze Ausmaß des Problems erst noch ermittelt werden, und die Aufräumarbeiten werden je nach Bereich unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen.

„Manche [Arbeiten] werden Wochen oder Monate dauern. Einige werden eine Aufgabe für ganze Generationen darstellen. Und manche Dinge kann man vielleicht nicht mehr retten.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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