Mysteriöse Giraffenkrankheit gibt Rätsel auf

Derzeit ist unklar, ob die Hautkrankheit zum Rückgang der weltweiten Giraffenpopulation beiträgt.

Von Kelsey Lindsey
Veröffentlicht am 5. Apr. 2018, 15:55 MESZ
Giraffen Hautkrankheit
Eine Giraffe leidet an einer Krankheit, die gräuliche Läsionen und Schorfbildung verursacht. Sowohl wilde Tiere als auch Exemplare in Gefangenschaft sind davon betroffen.
Foto von Robert Montgomery

Als Arthur Muneza 2014 kurz davorstand, an der Michigan State University seine Masterarbeit zu schreiben, musste er eine wichtige Frage klären: Was wollte er untersuchen?

Er zog viele große Stars des afrikanischen Tierreichs in Betracht: Elefanten, Löwen, sogar Hyänen.

Dann erfuhr der Biologe, dass sich bisher nur wenige Menschen mit einer geheimnisvollen Hautkrankheit von Giraffen beschäftigt hatten, und ahnte, dass er dort etwas auf der Spur war.

„Wir haben uns gesagt: Lasst uns das einfach machen. Schauen wir uns diese Hautkrankheit mal an und sehen, was wir darüber lernen können“, erzählt er.

Die mysteriöse Krankheit ist in Subsahara-Afrika weit verbreitet und verursacht einen gräulichen, krustigen Schorf am Hals und den Beinen der Giraffen. Bislang ist unbekannt, welche – und ob überhaupt – Umweltfaktoren dafür verantwortlich sind oder ob es sich um eine Kombination aus mehreren Krankheiten handelt, die die Haut des höchsten Säugetiers der Erde angreifen.

Einig sind sich die Wissenschaftler allerdings darüber, dass die Krankheit den Giraffenbestand potenziell gefährden könnte, der in den letzten 15 Jahren enorm geschrumpft ist. Die Hauptursachen für diesen Rückgang sind Wilderei und der Verlust von Lebensraum.

Im Vergleich zu eingehend studierten afrikanischen Pflanzenfressern wie Elefanten sind Giraffen „irgendwie die vergessene Megafauna“, sagt Jenna Stacy-Dawes, die Forschungskoordinatorin für den San Diego Zoo Global.

Aber durch den Rückgang der Giraffenpopulation widmen sich nun zunehmend mehr Forscher diesem „stillen Aussterben“ – und möglichen Gegenmaßnahmen, wie Stacy-Dawes betont.

GRUNDLAGEN SCHAFFEN

Für Muneza bestand die erste Aufgabe darin, vorherige Giraffenstudien auf Erwähnungen der Krankheitsanzeichen zu durchsuchen: die Läsionen und den Schorf, aus dem manchmal Blut oder Eiter austritt.

Aufgrund von Wilderei und dem Verlust von Lebensraum schwindet die Zahl der Giraffen.
Foto von Robert Montgomery

Nach der Durchforstung mehrerer wissenschaftlicher Online-Datenbanken hatten Muneza und seine Kollegen nur acht Quellen aus den 1990ern und späterer Zeit gefunden, welche die Hautkrankheit bei wilden Beständen erwähnten.

Das Team schickte außerdem Fragebögen an Forscher, Tierschützer und Tierärzte, die mit Giraffen arbeiten, um sie zu den Anzeichen der Krankheit zu befragen.

Sie erhielten 63 Antworten, 48 davon aus Zoos. 30 Prozent der Antwortenden hatte Hauterkrankungen bei Giraffen in Gefangenschaft beobachtet, und von diesen Fällen handelte es sich bei 70 Prozent (oder 14 Fällen) um die besagte Hautkrankheit.

Bei wilden Giraffen hatten Wissenschaftler die Krankheit in sieben Ländern in Subsahara-Afrika entdeckt, wobei die Verbreitung je nach Region stark variierte.

Beispielsweise gab es im Nordwesten Tansanias drei Nationalparks und Schutzgebiete, in denen es keine verzeichneten Fälle gab. Der eher zentral gelegene Ruaha-Nationalpark berichtete hingegen, dass 79 Prozent seiner Massai-Giraffen infiziert seien. Aufgrund der mangelhaften Datenlage lässt sich nicht sagen, ob die Krankheitsfälle in den letzten Jahren zugenommen haben.

Mit diesen Ausgangswerten bewaffnet, arbeiten Muneza und sein Berater Robert Montgomery nun mit Zoos, Universitäten und afrikanischen Regierungen zusammen, um Proben von infizierten Giraffen zu sammeln und die Krankheitsursache und ihre Auswirkungen zu bestimmen.

Experten zufolge könnte das Krankheitsbild die Folge einer einzelnen oder mehrerer Krankheiten sein.
Foto von Robert Montgomery

Es wäre zum Beispiel denkbar, dass die Hautläsionen die Giraffen in ihrer Mobilität einschränken, wodurch sie für Raubtiere zu leichterer Beute werden, so Montgomery.

OFFENE FRAGEN

Derweil warnt Fred Bercovitch davor, die Krankheit voreilig bei weitreichenderen Artenschutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Bercovitch ist der Direktor der gemeinnützigen Organisation Save the Giraffes mit Sitz in Texas. Als Grund führt er an, dass noch nicht geklärt sei, ob und inwieweit die Krankheit sich auf die Sterblichkeit und die Fortpflanzung von Giraffen auswirkt.

Allerdings sei solche Forschung wertvoll: „Wenn man mehr über diese Haukrankheit erfährt, könnte das weitere Fragen aufwerfen, und diese Fragen könnten zu weiteren Erkenntnissen für die Artschutzmaßnahmen für Giraffen führen“, sagte er.  

Die Untersuchung einer Giraffenpopulation mit einer großen Zahl infizierter Tiere könnte beispielsweise ergeben, dass diese Population stark ingezüchtet wäre oder schädliche Umweltänderungen erlebt hätte, die in einer veränderten Bodenzusammensetzung resultierten.

Noch sind viele Fragen offen, beispielsweise wie die Krankheit sich verbreitet und ob es ein Heilmittel gibt. Muneza fragt sich auch, ob sich andere Tiere damit infizieren könnten.

„Im Falle dieser Hautkrankheit glauben wir aber, dass sie speziell Giraffen betrifft.“

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