Das deutsche Dino-Museum in Wyoming

Im Herzen der USA gibt es ein Museum für Dinosaurier, das viele fossile Schätze birgt. Gründer des Wyoming Dinosaur Centers ist ein leidenschaftlicher Knochensammler: der Deutsche Burkhard Pohl.

Von Armin Schmitt
Veröffentlicht am 22. Nov. 2019, 12:23 MEZ
Thermopolis
Die heißen Quellen in Thermopolis sind laut Angaben der Stadt, die größten natürlichen Quellen der Welt.
Foto von Janosch Boerckel

Mitten in Wyoming, südöstlich des Yellowstone Nationalparks und unweit des Wind River Indianderreservats, liegt das verschlafene 3000 Seelen-Nest Thermopolis. Dort gibt es heiße Quellen, die große Kalketerrassen ausbilden, Dampfgrotten und ein Freigehege mit Bisons.

Ein besonderes Prunkstück der Sammlung ist dieses Dinosaurierei, in dem das Embryo noch enthalten ist.
Foto von Janosch Boerckel

Dass hier ins Niemandsland ungewöhnlich viele Touristen kommen, liegt jedoch nicht nur am Badespaß, sondern auch an alten, versteinerten Knochen: Thermopolis ist Heimat einer wahren Schatzkammer für Fossilien: das Wyoming Dinosaur Center beheimatet unzählige Überreste von Dinosauriern.

Allosaurus, Ankylosaurus, Brontosaurus, Camarasaurus, Diplodocus, Edmontosaurus, Stegosaurus, Triceratops, Tyrannosaurus - wer ihre Skelette sehen will, wird hier fündig. Einige von ihnen haben am Ende des Juras gelebt, eine Periode in der Erdgeschichte, die Namenspate für Michael Crichtons Roman „Jurassic Park“ war. Einige von ihnen lebten am Ende der Kreidezeit, kurz bevor ein Asteroid zum Aussterben der Dinosaurier führte. Viele Millionen Jahre später wurden ihre Knochen in Wyoming gefunden und schließlich präpariert und ausgestellt.

Der Tierarzt und die Dinosaurier

Burkhard Pohl, hier neben den Originalknochen eines Vorderarms eines Camarasaurus, gründete 1990 das Wyoming Dinosaur Center.
Foto von Janosch Boerckel

Eröffnet hat das Wyoming Dinosaur Center nicht etwa der Bundestesstaat Wyoming, sondern der Deutsche Burkhard Pohl. Der pressescheue Mann kommt aus einer bekannten Familie: sein Urgroßvater gründete Wella. Schon sein Großvater war leidenschaftlicher Sammler, jedoch von Kunst, nicht von Knochen. 1981 stiftete Karl Ströher 87 Werke aus seiner Sammlung und bildete damit den Gründungsstock des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt am Main. Pohls Mutter sammelte über Kunst hinaus auch Mineralien: Ihre in sechs Jahrzehnten zusammengetragene, aus etwa 80.000 Exemplaren bestehende Sammlung ist heute Dauerleihgabe bei der TU Bergakademie in Freiberg.

Die Leidenschaft für die Urzeit brachte dann Burkhard Pohl in die Familie. Über einen Makler hatte er Anfang der 1990er eine Ranch in Thermopolis erworben, seitdem wird dort gegraben und seit 1995 im Museum ausgestellt.

Eine Familie aus Kalifornien nutzt bei ihrem Besuch im Museum das Angebot, selbst einmal Dinosaurierknochen zu bearbeiten.
Foto von Janosch Boerckel

„Das Besondere am Wyoming Dinosaur Center ist, dass die Grabungen vom Museum nur zwei Kilometer entfernt sind, und dass die Besucher die Grabung besuchen können“, sagt Pohl, während im Labor im Hintergrund gerade ein Wissenschaftler aus Madagaskar an Knochen pinselt und eine Touristenfamilie aus Kalifornien erste Erfahrungen bei der Präparation von Dinosaurierknochen sammelt. Denn die seit Gründung auf dem Grabungsgelände gefundenen Knochen - es sind inzwischen über 10.000 - wurden nicht nur von Fachleuten geborgen: auch ganz normale Besucher dürfen hier Erfahrung im Bereich Paläontologie sammeln. Im Rahmen der pädagogischen Ausrichtung des Museums bietet es praktische geologische Erlebnisse für jeden an.

Gefundene Fossilien werden zuerst katalogisiert und dann in die Sammlung überführt. Und die ist groß. Wyoming ist ein wahres El Dorado für Dinosaurierjäger, und deshalb hat Pohl genau hier gekauft: In den Gesteinsschichten aus der berühmten jurassischen Morrison Formation werden Dinosaurier wie Diplodocus und Stegosaurus gefunden. Tiere wie Tyrannosaurus und Triceratops wurden an anderer Stelle aber ebenfalls in Wyoming entdeckt. Sie stammen aus Gesteinsschichten der Oberen Kreidezeit, die im Norden und Osten von Wyoming zu finden sind und sind ebenfalls im Museum ausgestellt. Wegen der dünnen Besiedlung des US-Bundesstaates und der spärlichen Vegetation, ist es relativ leicht nach Überresten zu suchen. Die Knochen dann zu bergen ist hingegen schon wesentlich schwieriger, weil die Abgeschiedenheit auch logistische Probleme mit sich bringt.

Die riesigen Knochen eines Langhalsdinosauriers am Aufschluss SI waren bereits vor der Einbettung und ihrer Versteinerung zerbrochen. Zusammen mit den unzähligen ausgefallenen Fleischfresserzähnen vor Ort, deutet das darauf hin, dass dieses Tier genau an diesem Ort von einem Rudel Fleischfresser aufgefressen wurde.
Foto von Janosch Boerckel

Archaeopteryx und Medusaceratops

Pohl hat die operative Leitung des Museums inzwischen abgegeben und das Museum in eine Stiftung überführt, er ist jedoch nach wie vor an allen strategischen Entscheidungen beteiligt. „Über die letzten 20 Jahre waren dutzende Wissenschaftler am Wyoming Dinosaur Center und haben an verschiedenen Fundstücken gearbeitet“, sagt er. Das klingt bescheiden, wenn man bedenkt, dass im Museum das einzige Originalfossil eines Archaeopteryx außerhalb Europas und einer von nur zwei Medusaceratops (ein naher Verwandter von Triceratops) überhaupt ausgestellt sind. Diese beiden Raritäten sind Teil einer der größten Fossiliensammlungen der Welt, die dem Besucher in einer Zeitschleife präsentiert werden. Zum Teil einzigartige Fundstücke aus unterschiedlichen Epochen der Erdgeschichte kann man hier bewundern, bis man schließlich in der großen Dinosaurierhalle ankommt.

Dort findet man Abgüsse und vor allem unzählige Originalskelette von Fleischfressern, Langhalsdinosauriern und Panzerdinosauriern. Viele der Funde in der Dinosaurierhalle stammen von den nahegelegenen Grabungsstätten. Besonders hervorzuheben ist der Aufschluss, der den unscheinbaren Namen “SI“ (für Something Interesting, also „etwas Interessantes“) trägt. Ein Understatment, wenn man bedenkt, dass sich hier an einer Stelle fossile Knochen zusammen mit richtigen Fußabdrücken von Dinosaurier finden lassen - eine absolute Rarität weltweit.

Die Entstehung der Fundstelle liest sich unterdessen wie eine Kriminalgeschichte: Forscher gehen inzwischen davon aus, dass hier vor rund 150 Millionen Jahren ein Rudel fleischfressender Allosaurier ein langhalsiges Camarasaurus Jungtier aufgefressen hat. Biss- und Kratzspuren an vielen Knochen des pflanzenfressenden Riesen legen diesen Schluss nahe, genauso dass das Schlachtfeld mit mehr als 100 ausgefallenen Allosaurierzähnen übersät ist. Sie müssen  den Räubern bei ihrem Bankett abgebrochen oder ausgefallen seien. Dass außerdem auch Knochen anderer Langhalssaurierarten gefunden wurden, deutet darauf hin, dass der junge Camarasaurus nicht das einzige Opfer des Rudels war, und dass die Allosaurier ihre Beute immer wieder am gleichen Ort fraßen. 

Diese Naturschätze Wyomings für künftige Generationen zu bewahren, hat sich das Wyoming Dinosaur Center zur Aufgabe gemacht. Es stellt sicher, dass sie an einem öffentlichen Ort für wissenschaftliche und pädagogische Studien zugänglich und für Konservierungszwecke verfügbar sind.

 

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