Menschen widmen ein Sechstel ihrer Lebenszeit der Schönheit

Vier Stunden investieren Menschen pro Tag in ihr Äußeres. Eine Studie untersucht, was junge oder alte Frauen und Männer weltweit dazu antreibt, ihr Erscheinungsbild verbessern oder gar verändern zu wollen.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 3. März 2023, 16:09 MEZ
Gemälde: "Echo und Narcissus" von John William Waterhouse.

Die Selbstverliebtheit von Narziss ist ein besonderes Extrem. Eine weltweite Studie zeigt: Auch durchschnittliche Menschen verwenden erstaunlich viel Zeit darauf, ihre Attraktivität zu steigern – aus unterschiedlichen Gründen. 

Foto von John William Waterhouse / Wikimedia Commons

Haar- und Körperpflege, besondere Diäten oder Sportaktivitäten – seit jeher streben Menschen danach, ihr äußeres Erscheinungsbild zu verändern. Bereits der frühe Homo sapiens nutzte Pigmente, um Gesicht und Körper zu schmücken, und Menschen im römischen Reich blichen und färbten sich die Haare mit Ziegenurin. 

Heutzutage verbringen Menschen durchschnittlich vier Stunden pro Tag damit, ihre Attraktivität zu steigern. Zu diesem Ergebnis kommt die bisher größte, kulturübergreifende Studie in der Evolutionspsychologie, die im Fachmagazin Evolution and Human Behaviour veröffentlicht wurde.

Doch was treibt Menschen dazu an, sich um ihr Äußeres zu kümmern – oder es gar verändern zu wollen? Welche Rolle spielen Alter, Geschlecht, Krankheiten, Partnerwahl und soziale Medien? Ein internationales Forschungsteam aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von mehr als 120 Universitäten ging diesen Fragen nach. Mithilfe von Befragungen von mehr als 93.000 Personen aus insgesamt 93 Ländern konnten sie bisherige Theorien über Motivationen und Gründe für die menschliche Schönheitspflege bestätigen oder widerlegen. 

Ein Sechstel Lebenszeit für die Attraktivität

Vier Stunden – ein Sechstel des Tages – stehen Menschen weltweit im Durchschnitt vor dem Spiegel, auf dem Laufband oder gehen sonstigen Aktivitäten nach, die ihrem Aussehen gut tun sollen. Dabei bezog das Forschungsteam Verhaltensweisen wie Körperhygiene, Styling mithilfe von Make-Up, das Frisieren der Haare und das gezielte Auswählen von Kleidung mit ein. Ebenso zählen laut der Studie Sport oder bestimmte Diäten dazu, das Gefühl der eigenen äußeren Attraktivität zu steigern.

“Geschlechts-spezifische Unterschiede gibt es kaum – auch das Alter spielt eine untergeordnete Rolle.”

Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es kaum – der Zeitumfang der Schönheitspflege ist bei Männern und Frauen relativ ähnlich. Auch das Alter spielt eher eine untergeordnete Rolle. 

Ausschlaggebend scheint dagegen der Beziehungsstatus zu sein: Personen, die bereits seit längerer Zeit in einer romantischen Beziehung waren, tendierten dazu, weniger Zeit in ihr äußeres Erscheinungsbild zu investieren. Frisch Verliebten sei ihr Aussehen hingegen noch deutlich wichtiger gewesen. Damit konnten die Forschenden die Evolutionshypothese bestätigen: Laut dieser wollen Menschen ihre Chancen für eine potentielle Partnerschaft verbessern, indem sie ihr Äußeres aufwerten. 

Soziale Medien, Infektionskrankheiten und soziale Ungerechtigkeit

Befragt wurden auch viele Personen aus Nicht-Industrieländern, aus denen es bisher nur wenige Daten gab. Das Ergebnis: Frauen stecken nicht überall gleich viel Zeit in ihre – mitunter gesellschaftlich erwartete – Schönheitspflege. Vor allem in Ländern und Kulturen, in denen das weibliche Geschlecht niedriger gestellt ist oder die Gleichstellung unter strikten traditionellen Rollenbildern leidet, würden Frauen mehr Zeit in ihr Äußeres investieren. 

BELIEBT

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    Eine weitere bestehende Theorie konnte das Team jedoch nicht bestätigen: die Krankheitsprävalenz. Diese Theorie nimmt an, dass die Bevölkerung von Ländern, in denen besonders viele Infektionskrankheiten wie Malaria oder Leishmaniose auftreten, deutlich mehr Wert auf ein gesundes und attraktives Auftreten legt. Eine derart gesteigerte Schönheitspflege, um etwa Krankheitsanzeichen zu kaschieren, konnte nicht validiert werden. 

    Als stärkster Einfluss auf die Schönheitspflege wurde wiederum die Nutzung von Massenmedien bestätigt. Die Studie verweist dabei vor allem auf die Theorie des sozialen Vergleichs. Soziale Medien seien der perfekte Ort, um dem angeborenen Drang nachzugeben, sich mit anderen zu vergleichen. Unrealistische Schönheitsideale und das Streben nach Anerkennung anderer erhöhen nachweislich die Dauer der attraktivitätssteigernden Verhaltensweisen im Vergleich zu Menschen, die keine derartigen Netzwerke nutzen. 

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