Warum virtuelle Meetings einschläfernd wirken – und was man dagegen tun kann

Forschende aus Finnland haben herausgefunden, dass Videokonferenzen passiv müde machen. Welche Auswirkungen das auf die Arbeitsqualität hat – und Tipps für effizientere Online-Meetings.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 17. Nov. 2023, 08:42 MEZ
Mann am Laptop schaut aus dem Fenster.

Wer viele Online-Meetings hat, wird nicht nur schläfrig, sondern ist danach auch oft unkonzentriert. Wie kommt das?

Foto von Yasmina H / Unsplash

Seit der Corona-Pandemie arbeiten mehr Menschen von zuhause aus: Knapp ein Viertel aller Erwerbstätigen war im Jahr 2022 dem Statistischen Bundesamt zufolge im Home Office tätig und trafen Vorgesetzte und Kolleg*innen nur noch in Online-Meetings – und fühlten sich dadurch sehr müde. Sind digitale Konferenzen also stressiger als Treffen vor Ort?

Forschende aus Finnland haben die Ermüdungserscheinungen genauer unter die Lupe genommen. Dabei konnten sie etwas Entscheidendes feststellen: Entgegen gängiger Annahmen kommt die Erschöpfung nach den virtuellen Meetings nicht durch Überlastung oder Stress zustande, sondern durch geistige Unterforderung und Langeweile. 

Müdigkeit nach Online-Konferenz

Für ihre Studie, die in der Zeitschrift Journal of Occupational Health Psychology erschienen ist, haben die Forschenden der Aalto University in Espoo, Finnland, zwei verschiedene Arten von Müdigkeit – die aktive und die passive Form – bei 44 Büroangestellten während 382 Besprechungen untersucht. 118 davon fanden virtuell statt, 264 vor Ort. 

Dazu wurde die Herzfrequenz der Teilnehmenden mit tragbaren Messgeräten aufgezeichnet. Zusätzlich mussten alle Studienteilnehmer*innen einen Bogen mit Fragen zu ihrer generellen Einstellung und ihrem Arbeitsengagement ausfüllen. 


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Nach virtuellen Meetings sinkt die Arbeitsleistung

Dabei kam heraus, dass die Erschöpfung nach virtuellen Meetings keine aktive Müdigkeit ist, wie sie beispielsweise durch Stress oder mentale Überlastung entsteht. Stattdessen verursachen die Online-Treffen eine passive Müdigkeit. Diese ist gekennzeichnet durch einen langsameren Herzschlag und ein Gefühl von Trägheit und Abgeschlagenheit, das meist durch Unterforderung entsteht.

Die Forschenden vermuten, dass die Gründe dafür in der geringen geistigen Anforderung, der eingeschränkten Bewegungsmöglichkeit und der geringen Interaktion in Online-Meetings liegen. „Obwohl eine Person versuchen kann, die Schläfrigkeit zu kompensieren, indem sie sich stärker auf die Aufgaben in der Sitzung konzentriert, kann eine solche kompensatorische geistige Anstrengung bei längerer Unterbelastung zu einem Zustand passiven Desinteresses führen“, heißt es in der Studie. 

Die Folge: Nach den virtuellen Meetings sind die Arbeitnehmer*innen nicht nur müder, auch ihre Konzentration lässt nach. So konnte das Forschungsteam bei einer Untersuchung der geistigen Leistungsfähigkeit nach den Meetings feststellen, dass die erhöhte passive Müdigkeit zu mehr Fehlern und einer insgesamt schlechteren Leistung der Studienteilnehmer*innen führte.

Tipps für bessere Video-Calls

Was also tun gegen die Meeting-Müdigkeit? Studienleiterin Niina Nurmi, Professorin für Organisationsdesign, gibt Tipps, um sich effizienter online auszutauschen. Sie rät Firmen, große Meetings mit ausgeschalteten Bildschirmen und reiner Folienpräsentation generell zu vermeiden: Diese seien ineffizient und machten Menschen schläfrig. Die Informationen könne man den Mitarbeitenden lieber per Mail schicken. 

BELIEBT

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    Nurmi empfiehlt stattdessen kurze Remote-Meetings von weniger als einer halben Stunde. „Die Forschung zeigt, dass sich Menschen bereits nach zehn Minuten in einem Online-Meeting müde fühlen. Ab 30 Minuten steigt dieser Erschöpfungswert stark an“, so die Forscherin. Virtuelle Meetings sollten kurz und stimulierend gehalten werden, zum Beispiel durch gemeinsame Diskussionen. 

    In den Meetings sei es dann gut, die Kamera eingeschaltet zu lassen und sich nicht nebenbei mit anderen kognitiv fordernden Aufgaben abzulenken – so signalisiere man den anderen, dass man anwesend ist und zuhört. Anders sei es mit Tätigkeiten, die aktivierend wirken, aber nicht kognitiv anstrengend sind: „Spazieren gehen und andere automatisierte Aktivitäten können das Energielevel während Meetings zum Beispiel ebenfalls ankurbeln und dabei helfen, sich zu konzentrieren“, sagt Nurmi. 

    Zudem kann es förderlich sein, das eigene Bild auszuschalten, während die Kamera eingeschaltet bleibt, denn: Das eigene Gesicht zu sehen, lenkt ab. Wer die Ratschläge befolgt, sollte sich nach dem nächsten Online-Meeting wacher und energiegeladener fühlen. 

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