Mehr Frauen für die Wissenschaft: Warum Barbie Chirurgin werden sollte
Barbie als Allgemeinärztin: Wie vorbildlich ist die Puppe wirklich?
Ob Lehrerin, Wissenschaftlerin oder Tierärztin – Barbie hatte schon diverse Berufe. Aber obwohl sie schon oft Ärztin und Krankenschwester war, hätte sie es in der realen Welt niemals in einen OP oder ein Labor geschafft. Denn: Keine der Puppen ist für ihren medizinischen Beruf realistisch ausgestattet oder trägt die richtige Kleidung. Noch dazu werden Barbies meist in eher allgemeineren oder fürsorglichen medizinischen Berufen gezeigt.
Das hat die Chemikerin und Forensiker Katherine Klamer von der Universität Indianapolis festgestellt. Sie hat Barbiepuppen aus dem medizinischen und wissenschaftlichen Bereich auf die Einhaltung geltender Sicherheitsstandards untersucht. Ihre Studie erschien in der Weihnachtsausgabe der Zeitschrift The BMJ.
„In einer Welt, in der viele Mädchen Schwierigkeiten damit haben, sich Frauen als Wissenschaftlerinnen vorzustellen, ist es vorbildlich, dass Mattel weibliche Puppen als solche zeigt“, sagt Klamer. „Aber die Puppen stellen die Arbeit im Labor falsch dar.“ So könnten Barbies unbeabsichtigt falsche Vorstellungen über medizinische und wissenschaftliche Berufe verbreiten und Stereotype reproduzieren – allein durch ihr Aussehen und den spezifischen Beruf, den sie darstellen sollen.
Barbies sind meistens Kinderärztinnen – und unpassend ausgestattet
Die meisten Barbiepuppen behandeln Kinder oder sind Allgemeinärztinnen.
Für ihre Studie analysierte Klamer 92 der sogenannten Barbie Karriere-Puppen, die diverse Berufe verkörpern sollen. Anhand ihrer Kleidung und ihres Aussehens verglich sie diese mit 65 Puppen anderer Hersteller. Dabei identifizierte sie die medizinischen und wissenschaftlichen Felder, in denen die Puppen arbeiteten. Unter den Barbies befanden sich 53 Ärztinnen, zehn Wissenschaftlerinnen, zwei Wissenschaftspädagoginnen, 15 Krankenschwestern, elf Zahnärztinnen und eine Rettungssanitäterin. In der Kontrollgruppe der anderen Hersteller gab es außerdem zwei Ingenieurinnen und eine MRT-Technikerin.
Klamer stellte fest, dass die Barbies, die zu 93 Prozent weiblich waren, stereotypische Berufe hatten: Mehr als zwei Drittel von ihnen arbeiteten in medizinischen Berufen, in denen sie Kinder behandelten. Bis auf drei Puppen waren alle Barbies entweder Kinderärztinnen oder schienen keine bestimmte Spezialisierung zu haben.
Obwohl beinahe alle Barbie-Puppen medizinisch ausgestattet waren – zum Beispiel mit Kitteln und Stethoskopen –, konnte keine von ihnen die geltenden Sicherheitsstandards in ihrem Berufsfeld erfüllen. So fehlten ihnen beispielsweise Mundschutz oder Einmalhandschuhe und noch viel öfter das richtige Auftreten – im wahrsten Sinne: über die Hälfte trug High Heels. In der Realität wäre das zwar eine lustige Vorstellung, aber undenkbar. Und: Mehr als zwei Drittel der medizinisch und wissenschaftlich arbeitenden Puppen hatte offene Haare. In der Kontrollgruppe konnte Klamer Ähnliches feststellen.
Barbie als Vorbild: Mehr Chirurginnen durch diversere Puppen
Natürlich bleiben die Puppen ein Spielzeug. Und an die kleinen Hände von Barbie Einmalhandschuhe zu ziehen, erscheint nicht wirklich praktisch. Dennoch: „Wenn all diese Barbies echt wären, würde ihnen keine akademische Errungenschaft der Welt dabei helfen können, auch nur in ein einziges medizinisches Forschungs- oder Ausbildungslabor zu kommen“, sagt Klamer. „Wenn Barbie ein akkurates Abbild für junge Mädchen sein möchte, mit dem sie ihre medizinischen und wissenschaftlichen Berufswünsche reflektieren können, dann muss sie viele Arten von Medizin und Wissenschaft praktizieren.“
Viele Frauen in medizinischen Berufen pflichten ihr bei: „Als Chirurginnen in ausgesprochen männlich dominierten Bereichen unterstützen wir Klamers Schlussfolgerung, dass Barbies ein vielfältigeres Feld medizinischer und wissenschaftlicher Berufe repräsentieren sollten und dass Sicherheit vor Mode geht“, schreiben Sareh Parangi und Kollegen in einem Kommentar zu Klamers Forschung.
Medizinstudentinnen würden immer noch unverhältnismäßig stark davon abgehalten werden, eine chirurgische Laufbahn einzuschlagen – selbst an renommierten Einrichtungen. „Barbie könnte dazu beitragen, das Konzept der geschlechtsspezifischen Karrierewege zu durchbrechen“, schreiben die Medizinerinnen. Dazu sollte sie vielleicht einmal Neuro- oder Unfallchirurgin werden statt Kinderärztin – und junge Mädchen so gegen sexistische Berufsvorstellungen oder diskriminierende Ratschläge zu ihrer Karrierewahl wappnen.