Weniger Freizeitstress: Eine Absage ist nicht so schlimm

Vielen fällt es schwer, ein Treffen abzulehnen oder eine Einladung auszuschlagen – aus Angst vor negativen Konsequenzen. Nun fand ein Forschungsteam aus den USA heraus: Absagen haben weniger Auswirkungen als gedacht. Sie können sogar positiv sein.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 27. Dez. 2023, 08:57 MEZ
Fünf Personen sitzen in festlicher Kleidung auf der Couch, im Hintergrund ein Weihnachtsbaum.

Besonders zu Silvester häufen sich die Partyeinladungen – und das schlechte Gewissen, wenn man eigentlich gar nicht kommen möchte. Forschende raten nun: Mut zur Absage. Denn diese ist für Gastgeber*innen meist gar nicht so schlimm, wie wir immer befürchten. 

Foto von Olia Danilevich / Pexels

Die Silvesterparty der alten Studienfreundin oder der Fußballabend mit den Kollegen: Bei manchen Events wissen wir schnell, dass wir gar nicht dabei sein wollen – gehen aber trotzdem hin. Die meisten Menschen haben so große Angst vor den Konsequenzen einer Absage, dass sie einer Einladung selbst dann nachkommen, wenn sie eigentlich keine Lust auf die Aktivität haben. 

Ein Forschungsteam aus den USA hat sich nun genauer mit dem Phänomen befasst und festgestellt: Die Folgen eines Neins sind nicht so schlimm, wie wir immer glauben. 

Selfcare: Absage für einen entspannten Abend allein 

In einer Pilotstudie gaben zunächst 77 Prozent der Befragten an, schon einmal zu einer Verabredung gegangen zu sein, die sie eigentlich nicht wahrnehmen wollten, weil sie Angst hatten, dass die andere Person negativ auf eine Absage reagieren würde. Um herauszufinden, wie begründet diese Ängste sind, führte das Forschungsteam aus dem Bereich der Verbraucherpsychologie eine neue Studie mit fünf Experimenten und mehr als 2.000 Teilnehmer*innen durch. Ihre Ergebnisse erschienen in der Zeitschrift Journal of Personality and Social Psychology

Eine Illustration zeigt Menschen, die sich im Büro um einen Wasserspender versammeln. Bildunterschrift: Flurfunk am Wasserspender ...

Die Experimente bestanden aus verschiedenen Einladungsszenarien – vom freundschaftlichen Treffen in einem Restaurant bis zum Pärchenabend. Innerhalb dieser sollten die Studienteilnehmer*innen in unterschiedliche Rollen schlüpfen: Mal waren sie die Einladenden, die eine Absage erhielten, mal waren sie die Eingeladenen, die eine Absage aussprechen mussten. Abgesagt werden sollte mit der Begründung, dass die Eingeladenen bereits tagsüber viele Pläne hätten und den Abend lieber entspannt zuhause verbringen würden. 

Warum haben Menschen Angst, eine Verabredung abzusagen?

Unter den Studienteilnehmer*innen, die ihren Freund*innen oder Partner*innen absagen mussten, kursierte häufig die Angst vor negativen Auswirkungen auf die Beziehung. So gaben sie in den Experimenten oft an, dass ihr Gegenüber wütend und enttäuscht über die Absage sein würde und sie in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr zu Veranstaltungen einladen würde. 

Auch bei den Pärchenabenden konnten die Forschenden feststellen, dass die ablehnende Person glaubte, ihr*e Partner*in würde nach der Absage wütender sein oder sich unwichtiger fühlen, als es letztendlich wirklich der Fall war. Dabei machte es keinen Unterschied, wie lange die Personen bereits in einer Beziehung waren. Es zeigt: Die Angst vor dem Absagen ist sogar in den engsten Beziehungen verbreitet. 

Unterdessen ging es dem Gegenpart mit der Ablehnung meist viel besser als befürchtet. Die Abgelehnten konzentrierten sich weniger auf die Absage selbst als vielmehr auf die Überlegungen, die im Kopf der eingeladenen Person stattgefunden hatten. Sie schauten also eher auf die Gründe für die Absage. 

Gegen Freizeitstress und Burnout: Gelegentlich Nein zu sagen, schadet nicht

BELIEBT

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    “In unseren Experimenten haben wir immer wieder festgestellt, dass die Eingeladenen die negativen Folgen einer Absage überschätzen.”

    von Julian Givi
    Verbraucherpsychologe, West Virginia University

    „In unseren Experimenten haben wir immer wieder festgestellt, dass die Eingeladenen die negativen Folgen einer Absage überschätzen“, sagt Assistenzprofessor Julian Givi, Erstautor der Studie und Verbraucherpsychologe an der West Virginia University. Die ablehnende Person übertreibe häufig das Ausmaß, das der Akt der Absage wirklich auf ihr Gegenüber hat. Sie überschätzten in den meisten Fällen auch die Reaktion ihrer Freund*innen oder Partner*innen. 

    „Unsere Untersuchungen zeigen, dass die negativen Folgen eines Neins viel weniger schwerwiegend sind, als wir erwarten“, so Givi. Bei Menschen mit viel Freizeitstress sei es sogar von Vorteil, auch mal eine Einladung auszuschlagen – um Burnout zu vermeiden. „Burnout ist ein echtes Problem, besonders um die Feiertage herum, wenn wir oft zu vielen Veranstaltungen eingeladen werden“, sagt der Verbraucherpsychologe. Givis Rat: Mut zur Absage. Trotz der Forschungsergebnisse erklären die Wissenschaftler*innen in der Studie, dass man nicht jede Verabredung ablehnen sollte, denn soziale Beziehungen sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und können durch Treffen gefestigt werden. 

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