Mondfinsternis-Mythen aus aller Welt
In vielen Kulturen war eine Mondfinsternis eine Zeit der Gefahr und des Chaos.
Marodierende Dämonen, mordlustige Haustiere und gefräßige Jaguare sind nur ein paar der vermeintlichen Übeltäter, die Kulturen aus aller Welt für das Phänomen der Mondfinsternis verantwortlich gemacht haben.
Heutzutage gelten derartige Himmelsspektakel als besondere Ereignisse, denen die Menschen mit Freuden beiwohnen. Viele nehmen dafür sogar weite Reisen auf sich und teilen ihre Bilder im Anschluss mit der ganzen Welt.
In vielen alten Kulturen galten Mond- und Sonnenfinsternisse aber als Angriffe auf den Status Quo, die die normale Ordnung der Dinge bedrohten. „Da passierten Dinge, die nicht passieren sollten“, sagt Edwin C. Krupp, der Leiter des Griffith Observatory in Los Angeles.
Viel Lärm um Nichts
„Für [die Inka] waren Finsternisse alles andere als gut“, erklärt David Dearborn, ein Forscher am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien. Er hat sich intensiv mit der Auffassung der Inka von Astronomie befasst. Ihm zufolge beschreiben Berichte spanischer Siedler aus der Neuen Welt die Praktiken der Inka zu Finsternissen.
Unter den gesammelten Mythen befindet sich auch eine Geschichte über einen Jaguar, der den Mond anfiel und verschlang. Der Angriff der Raubkatze sollte auch die blutige Färbung des Mondes erklären, die während einer totalen Mondfinsternis auftritt.
Die Inka befürchteten, dass der Jaguar im Anschluss auf die Erde stürzen und die Menschen fressen würde, sagt Dearborn. Um das zu verhindern, versuchten sie, das Raubtier zu vertreiben. Dazu schüttelten sie drohend ihre Speere gen Mond und machten eine Menge Lärm. Sie schlugen angeblich sogar ihre Hunde, damit sie heulten und bellten.
Der Ersatzkönig
Im alten Mesopotamien galten totale Mondfinsternisse ebenfalls als Angriff auf den Mond, sagt Krupp. In den Geschichten der Mesopotamier waren die Missetäter allerdings sieben Dämonen.
Viele alte Kulturen brachten die Ereignisse am Himmel auch mit Geschehnissen auf der Erde zusammen, wie er erklärt. Weil der König in der mesopotamischen Kultur das gesamte Land repräsentierte, sah sein Volk eine Mondfinsternis als einen direkten Angriff auf ihren König. „Wir wissen aus schriftlichen Überlieferungen, [dass Mesopotamier] Mondfinsternisse einigermaßen genau vorhersagen konnten“, so Krupp. In Vorbereitung auf eine bevorstehende Finsternis setzten sie also einen Ersatzkönig ein, der anstelle des eigentlichen Königs Ziel des Angriffs werden sollte.
„Für gewöhnlich war die Person, die übergangsweise zum König erklärt wurde, jemand entbehrliches“, sagt Krupp. Obwohl der Ersatzkönig keine wirkliche Macht besaß, wurde er während der Finsternisphase gut behandelt, während sich der tatsächliche König als normaler Bürger verkleidete. Sobald die Finsternis vorüber war, „verschwanden die Ersatzkönige für gewöhnlich, wie man sich denken kann“, erklärt Krupp. Womöglich vergiftete man sie einfach.
Die Heilung des Mondes
Der Stamm der Hupa aus dem Norden des heutigen Kalifornien hat einen Mythos mit einem etwas glücklicheren Ende.
Die Hupa glaubten, dass der Mond 20 Frauen und eine Menge Haustiere hatte, wie Krupp erzählt. Die meisten dieser Haustiere waren Berglöwen und Schlangen. Wenn der Mond ihnen nicht genug zu essen brachte, griffen sie ihn an und schlugen ihm blutige Wunden. Die Mondfinsternis endete erst, wenn die Frauen des Mondes einschritten, um ihn zu beschützen. Sie fingen sein Blut auf und ließen ihn wieder genesen.
Für den Stamm der Luiseño aus dem Süden Kaliforniens war eine Mondfinsternis ein Zeichen dafür, dass der Mond krank war, so Krupp. Den Mitgliedern des Stammes oblag es, ihn mit Gesängen und Gebeten wieder gesundzupflegen.
Moderne Mythen
Nicht in allen Kulturen war eine Finsternis etwas Schlechtes, sagt Jarita Holbrook, eine Astronomin der University of the Western Cape im südafrikanischen Bellville.
„Mein Lieblingsmythos kommt von den Batammaliba in Togo und Benin“ in Afrika, sagt sie. In diesem Mythos kämpfen die Sonne und der Mond bei einer Finsternis miteinander, während die Menschen versuchen, sie davon abzubringen. „Sie betrachten das als eine Zeit, in der man zusammenkommt und alte Fehden und Ressentiments beilegt“, so Holbrook. „Dieser Mythos hat sich bis heute gehalten.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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