Kulturgeschichte: Schreckenswesen aus den Albträumen unserer Vorfahren

Monster sind nur auf den ersten Blick ein Phänomen der Vergangenheit. Seit jeher erdenken Menschen mythische Wesen, um sich die Welt zu erklären.

Von Sydney Combs
Veröffentlicht am 1. Nov. 2019, 16:01 MEZ

Man mag von sich behaupten, dass man nicht an Monster glaubt – und schon gar keine Angst vor ihnen hat. Aber seit jeher waren Monster ein grundlegender Bestandteil der Erklärungsversuche, mit denen Menschen ihre Welt zu verstehen versuchten. Wann immer ihnen ein natürliches Phänomen begegnete, das sie nicht begriffen, erfanden sie irgendeine Kreatur, um es zu erklären.

Ein Beispiel dafür sind Fossilien: Vor etwa 2.000 Jahren stießen skythische Nomaden beim Goldschürfen auf Skelette mit Schnäbeln, Klauen und breiten Schulterblättern. Sie konnten sich nicht vorstellen, wie das Wesen, zu dem diese Knochen gehörten, wohl ausgesehen hatte – also erfanden sie einfach ein eigenes: den Greif, der halb Löwe und halb Adler war und als Goldwächter gilt. (Was sie tatsächlich gefunden haben, war wahrscheinlich ein Protoceratops.)

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Andernorts galten Monster als Auslöser von Erdbeben. Indigene Stämme Nordamerikas erzählten von großen Schlachten, bei denen Felsen gespalten und die Erde erschüttert wurde. Der Grund dafür soll A‘yahos sein, ein Gestaltwandler, der in Form einer Riesenschlange agieren konnte. Die landschaftlichen Merkmale, die in diesen Erzählungen erwähnt werden, ziehen sich an der Seattle-Verwerfung entlang und ermöglichen es Wissenschaftlern, geologische Ereignisse zu datieren und auf vergangene Erdbeben zu schließen.

In Japan ist es ein riesiger Wels namens Ōnamazu, der für das Beben des Bodens verantwortlich sein soll. Tatsächlich ist der Volksglaube daran, dass Welse Erdbeben vorhersagen können, noch immer weit verbreitet – und mittlerweile wissenschaftlich untermauert. Das heutige japanische Erdbebenfrühwarnsystem hat in seinem Logo ebenfalls einen Wels.

Heutzutage scheint kein Ort so sehr zur Entstehung neuer Monster beizutragen wie das Internet, angefangen bei der cleveren viralen Marketingkampagne für den Found-Footage-Film „The Blair Witch Project“ über Momo bis zu Slender Man. Mit seinen schier unendlichen Weiten schafft das World Wide Web immer neue Grenzen der „bekannten Welt“ und damit auch immer neues Potenzial für die Monster, die wir erschaffen.

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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