Wer waren die Mongolen?
Unter Dschingis Khan wurde die Mongolenarmee zu einer technologisch fortschrittlichen Streitkraft, die das zweitgrößte Reich der Geschichte schuf.
Sie waren für ihre Kriegsführung bekannt, aber wurden für ihren produktiven Frieden gefeiert. Sie verließen ihre Heimat unter der Führung bescheidener Steppenbewohner, aber ihren Erfolg verdankten sie ihrem meisterhaften Umgang mit der fortschrittlichsten Technologie ihrer Zeit. Das Mongolische Reich verkörperte all diese Spannungen und Gegensätze, die ihm zu seinem Status als zweitgrößtes Reich der Geschichte verhalfen.
Auf seinem Höhepunkt umfasste das Mongolische Reich, das von 1206 bis 1368 bestand, das größte zusammenhängende Gebiet der Weltgeschichte. Es erstreckte sich fast über die gesamte Landmasse Eurasiens – dank fortschrittlicher Technologien und einer gewaltigen Horde Nomadenkrieger.
Der Aufstieg von Dschingis Khan
Das Reich wurde im Jahr 1206 gegründet, als Temüdschin, der Sohn eines Stammesführers, an die Macht kam und seinen Namen zu Dschingis Khan („allumfassender Herrscher“) änderte. Der junge Krieger hatte bereits den mächtigsten Anführer der Mongolen besiegt und den Unmut seines Stammesadels auf sich gezogen. Im Laufe seines Lebens sollte er sich jedoch als einer der größten Anführer der Geschichte herausstellen.
Galerie: Kommt, gute Geister!
Damals lebten die nomadischen Hirten der Mongolei vom Land. Ihre Herden aus Schafen, Ziegen, Pferden und anderen Tieren waren auf ausreichend Gras und Wasser angewiesen, sodass die Mongolen stets umherziehen mussten, um sie zu ernähren. Dürre und Krankheiten konnten ihrer Lebensgrundlage ein schnelles Ende bereiten.
Dschingis Khan trug dazu bei, diese prekäre Situation der ständigen Bedrohung zu mildern. Er vereinte die mongolischen Sippen und unterstützte Chinas Bauernwirtschaft, indem er die Steuern stabilisierte und ländliche Erzeugergemeinschaften gründen ließ. Er reformierte die Gesetze seines Volkes und etablierte eine militärisch-feudalistische Regierung. Außerdem war er sowohl dem Handel als auch religiöser Freiheit gegenüber aufgeschlossen und übernahm fortschrittliche Technologien der damaligen Zeit, darunter Steigbügel, Kompositbögen, Lederrüstungen und Schießpulver.
Dschingis Khans loyale Krieger wurden für ihre Treue belohnt und bildeten die erfolgreichste Armee ihrer Zeit.
Klima und Technologie
Ihr Erfolg gründete sich auf einer komplexen neuen Militärstrategie und neuen Militärtaktiken, von Pfeilhageln und der Anhäufung großer Arsenale über wiederholte Angriffe mit anschließenden Scheinrückzügen bis zu psychologischer Kriegsführung. Dabei übernahmen die Krieger neue Technologien wie Steigbügel und taktische Innovationen von ihren eroberten Feinden.
Gemeinhin gingen Historiker lange davon aus, dass die Mongolen ihr Reich aufgrund der unwirtlichen Bedingungen in ihrem Heimatland ausdehnten. Aktuellere Forschungen deuten aber darauf hin, dass die Mongolen dabei vom Klima profitierten. Forscher vermuten, dass die mongolischen Horden zunächst während einer 15-jährigen Phase milden Wetters die Oberhand gewannen. Während dieser Zeit gab es zudem besonders viel Niederschlag: Ideale Bedingungen für ein üppiges Graswachstum, von dem ihre Herden und ihre Zucht profitierten.
Bleibendes Erbe
Das Reich passte sich während seiner Wachstumsphase beständig an und florierte in den 162 Jahren seiner aggressiven Expansion. Zu seinem Höhepunkt kontrollierten die Mongolen ein Gebiet von etwa 31 Millionen Quadratkilometern.
Trotz seiner berüchtigten brutalen Kriegsführung schaffte das Mongolische Reich auch einen kurzen Frieden sowie Stabilität, Handel und Reiseschutz. Die Periode, die etwa 1279 begann und bis zum Ende des Reiches andauerte, wird auch als „Pax Mongolica“ bezeichnet. Dschingis Khans Tod im Jahr 1227 läutete jedoch den langsamen Untergang seines Reiches ein. Durch Streit zwischen seinen Nachfolgern zerbrach das Reich in vier Teile, die bis 1368 allesamt anderen Kräften unterlagen.
Das Mongolische Reich war gefürchtet, weil es seine Feinde erbarmungslos vernichtete, und verbreitete „Angst und Schrecken, wenn die Kunde von den geschliffenen Städten ihnen vorauseilte“, schreibt die Historikerin Diana Lary. Sie verweist darauf, dass die Mongolen große Migrationswellen auslösten. Nicht nur die heimatlosen Opfer flohen, sondern auch jene, die künftige Angriffe auf ihre eigenen Siedlungen befürchteten. Die Erinnerungen an diese Attacken prägten auch die Geisteshaltung künftiger Generationen.
Aber das Mongolische Reich hinterließ auch ein anderes Erbe: die Seidenstraße und ihre Handelsgeschichte; kulturelle Entwicklungen; und das Potenzial für eine moderne Ära, die von der Einigkeit unterschiedlichster Völker und relativem Frieden geprägt war.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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