Duvenseer Moor: Das älteste Grab Norddeutschlands

Forschende haben am Rande des Moors in Schleswig-Holstein eine über 10.000 Jahre alte Grabstelle entdeckt, in der in der Mittelsteinzeit eine Brandbestattung stattgefunden hat.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 19. Okt. 2022, 09:36 MESZ
Das Moor mit einem Ausgrabungszelt über der Fundstelle.

Die Ausgrabungsstätte am Duvenseer Moor. In der Region werden bereits seit 1923 immer wieder Siedlungen und Artefakte aus der Mittelsteinzeit entdeckt.

Foto von ALSH

In der Mittelsteinzeit zwischen etwa 9600 und 4100 v. Chr. war die Landschaft des heutigen Norddeutschlands weitgehend von Seen und Wäldern geprägt. Das Gebiet wurde von Jägern, Sammlern und Fischern bewohnt. Auch in der Region des Duvenseer Moors lebten steinzeitliche Gruppen – und begruben hier ihre Toten.

Bei Ausgrabungen unter der Leitung des Archäologen Harald Lübke nahe der schleswig-holsteinischen Gemeinde Lüchow wurden jetzt die Überreste eines der damals Bestatteten entdeckt. Es ist nicht das erste Mal, dass das Duvenseer Moor Geheimnisse aus der Mittelsteinzeit freigibt. Laut dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) ist dieser Fund aber ein besonders spektakulärer: Es handelt sich dabei um den ältesten bisher gefundenen Norddeutschen. 

Nahaufnahme des Grabes während der Ausgrabungen.

Die vor 10.500 Jahren bestattete Person wurde wohl verbrannt – und soll nun etwas über das Leben im mittelsteinzeitlichen Norddeutschland verraten.

Foto von ALSH

Der Mann im Moor

Laut ALSH zeugt das Grab von der ersten mesolithischen, also mittelsteinzeitlichen, Bestattung, die bislang in dem Bundesland nachgewiesen werden konnte. „Aus Südskandinavien und Mecklenburg-Vorpommern bekannte Gräber steinzeitlicher Jäger und Sammler sind sehr viel jünger und gehören bereits in das Spätmesolithikum nach 8000 vor heutiger Zeit“, teilt das ALSH in einer Pressemitteilung mit. Lediglich in Jütland, Dänemark, gäbe es ein ähnlich altes Grab, bei dem es sich ebenso um eine Brandbestattung handelt. Laut ALSH spricht das dafür, dass diese Art der Bestattung bei den damaligen Jäger- und Fischergruppen der vorherrschende Standard war.

Bisher wurden in der Grabstätte mehrere Knochen freigelegt. Darunter auch einige, die von dem Feuer weitestgehend verschont geblieben sind. Nach den ersten Arbeiten am Grab wurde der Befund nun aber zunächst in einem Block der Erde entnommen und in die Werkstätten des Museums für Archäologie in Schleswig gebracht. Dort hofft man jetzt, durch weitere Untersuchungen mehr über das Leben der Menschen in der Mittelsteinzeit vor 10.500 Jahren zu erfahren.

Mittelsteinzeitliche Fundgrube

Archäologische Ausgrabungen finden am Duvernseer Moor schon seit rund 100 Jahren statt. Bei den ersten Funden handelte es sich um steinzeitliche Siedlungsplätze, die zum größten Teil dem Frühmesolithikum von 9600 bis 6200 v. Chr. zugeordnet werden konnten. Damals befand sich an der Stelle des heutigen Moors noch ein weitläufiger See mit mehreren vorgelagerten Inseln. Jener See wurde durch klimatische Veränderungen und menschliche Eingriffe im Laufe der Zeit schließlich zu der heutigen Moorlandschaft. Die Fundstelle, in der jetzt das 10.500 Jahre alte Grab entdeckt wurde, liegt am Rande des sich heute auf dem Gebiet befindenden Moores.

BELIEBT

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    Trotz der regelmäßigen und gründlichen Ausgrabungen, die im vergangenen Jahrhundert in der Region durchgeführt wurden, tauchen noch immer neue Funde auf. Die jetzt entdeckte Brandbestattung ist ein weiteres Puzzleteil, das dabei helfen wird, das Bild des Lebens in der Mittelsteinzeit zu vervollständigen und, so die ALHS, „neue Informationen zur Nutzung dieser Mikroregion durch die damaligen Menschengruppen” zu liefern.

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