Die „Eis-Stupas”, die den Himalaya bewässern könnten

In der Wüste werden künstliche Gletscher genutzt, um Pflanzen anzubauen.

Von Nina Strochlic
Veröffentlicht am 12. März 2018, 17:42 MEZ
 Eis-Stupa
Um den Auswirkungen des Klimawandels auf die Bewohner des Himalayas entgegenzuwirken, baut Ingenieur Sonam Wangchuk Eis-Stupas wie diesen.
Foto von Lobzang Dadul, Courtesy of Sonam Wangchuk

Hoch im Himalaya blüht eine Wüste auf.

Der Klimawandel hat die Gletscher in der indischen Region Ladakh schrumpfen und Niederschlag und Temperatur unberechenbar werden lassen. Wasser wird zur Bewässerung der Flächen benötigt, auf denen im Frühling Gerste, Äpfel und andere Feldfrüchte angebaut werden. Doch das Schmelzwasser von den Gletschern kommt erst im Sommer. Um den Bauern verdorrte Ernten zu ersparen, hat Ingenieur Sonam Wangchuk einen Weg gefunden, die Gletscher zu den Menschen zu bringen.

Sonam Wangchuk
Foto von ©Rolex/Stefan Walter

Im Jahr 2015 erschuf Wangchuck mit über Crowdfunding gesammelten 125.000 US-Dollar (ca. 100.000 Euro) einen knapp 20 Meter hohen „Eis-Stupa“ – ein künstlicher Gletscher. Er entstand, indem man Bergflüsse ins Dorf Ladakhi umleitete. Das Wasser spritzt wie ein Geysir aus einem horizontal angebrachten Rohr, gefriert kegelförmig zu Eis und hat damit die Form eines buddhistischen Schreins. Es wurde so konzipiert, dass es gefroren bleibt, bis die Frühlingssonne die Felder erwärmt.

Und tatsächlich begann Wangchucks Prototyp im April zu schmelzen und bewässerte eine Fläche mit frisch gepflanzten Pappeln. Im Juni, als die normale Gletscherschmelze die Region erreichte, war der Eis-Stupa größtenteils verschwunden.

Jetzt verlegt Wangchuck eine Pipeline um weitere 50 Stupas zu produzieren. Jeder von ihnen wird mit je 10 Millionen Liter Wasser jeweils 10 Hektar Land bewässern.

Die Nachricht seines Projekts hat sich auf den Dächern der Welt herumgesprochen. Im vergangenen Jahr hat er Europas ersten Eis-Stupa in den Schweizer Alpen errichtet und dieses Jahr wird er daran arbeiten, einen Gletschersee in Indien wieder einzufrieren, um Springfluten zu verhindern.

Der Erfinder – dessen bisherige Projekte solarbetriebene Gebäude und effiziente Herde beinhalteten – gewann den Rolex Award for Enterprise im Jahr 2016. Er nutzte die gewonnen Preise, um eine Universität für den gesamten Himalaya zu gründen, die sich mit den Umweltproblemen der Region befassen wird.

„Die Wasserknappheit ist ein großes Problem“, sagt Tsering Spalzes, ein lokaler Bauer, in einem Video für die Crowdfunding-Kampagne. „Unsere Kinder werden in der Zukunft nichts mehr anbauen können.“

Wangchuck hofft, dass die Nachkommen der Bewohner nicht zu Klimaflüchtlingen werden, wenn es jetzt gelingt, Lösungen zu finden. „Wir sind Minderheiten hier in den Bergen, nicht nur ethnische, sondern auch das Klima betreffend“, sagt er. „Dinge, die in New York oder Neu-Delhi funktionieren, funktionieren in den Bergen nicht. Wir müssen unsere eigenen Lösungen für unsere Probleme finden.“

National Geographic veröffentlicht diesen Artikel als Teil ihrer Partnerschaft mit dem Rolex Award for Enterprise.

Nina auf Twitter und Instagram folgen

BELIEBT

    mehr anzeigen

    DAS KÖNNTE IHNEN AUCH GEFALLEN


    Tod am Himalaya

    Vor einem halben Jahr tötete eine Lawine am Mount Everest 16 Menschen, darunter 13 Sherpas. Ein riesiger Eisblock, auch Sérac genannt, hatte sich von einem Abhang am berüchtigten Popcorn-Feld gelöst und eine große Lawine verursacht.

    Gewaltige Wasservorkommen auf dem Mars entdeckt

    Neue Bilder der NASA zeigen Eisschichten, die in erodierten Hängen sichtbar sind – ein potenzieller Segen für künftige Menschen auf dem Roten Planeten.

    Wassermangel wird immer bedrohlicher

    Naturbasierte Lösungen könnten eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Wasserversorgung spielen.

    loading

    Nat Geo Entdecken

    • Tiere
    • Umwelt
    • Geschichte und Kultur
    • Wissenschaft
    • Reise und Abenteuer
    • Fotografie

    Über uns

    Abonnement

    • Magazin-Abo
    • TV-Abo
    • Bücher
    • Disney+

    Folgen Sie uns

    Copyright © 1996-2015 National Geographic Society. Copyright © 2015-2024 National Geographic Partners, LLC. All rights reserved