Die „Eis-Stupas”, die den Himalaya bewässern könnten
In der Wüste werden künstliche Gletscher genutzt, um Pflanzen anzubauen.
Hoch im Himalaya blüht eine Wüste auf.
Der Klimawandel hat die Gletscher in der indischen Region Ladakh schrumpfen und Niederschlag und Temperatur unberechenbar werden lassen. Wasser wird zur Bewässerung der Flächen benötigt, auf denen im Frühling Gerste, Äpfel und andere Feldfrüchte angebaut werden. Doch das Schmelzwasser von den Gletschern kommt erst im Sommer. Um den Bauern verdorrte Ernten zu ersparen, hat Ingenieur Sonam Wangchuk einen Weg gefunden, die Gletscher zu den Menschen zu bringen.
Im Jahr 2015 erschuf Wangchuck mit über Crowdfunding gesammelten 125.000 US-Dollar (ca. 100.000 Euro) einen knapp 20 Meter hohen „Eis-Stupa“ – ein künstlicher Gletscher. Er entstand, indem man Bergflüsse ins Dorf Ladakhi umleitete. Das Wasser spritzt wie ein Geysir aus einem horizontal angebrachten Rohr, gefriert kegelförmig zu Eis und hat damit die Form eines buddhistischen Schreins. Es wurde so konzipiert, dass es gefroren bleibt, bis die Frühlingssonne die Felder erwärmt.
Und tatsächlich begann Wangchucks Prototyp im April zu schmelzen und bewässerte eine Fläche mit frisch gepflanzten Pappeln. Im Juni, als die normale Gletscherschmelze die Region erreichte, war der Eis-Stupa größtenteils verschwunden.
Jetzt verlegt Wangchuck eine Pipeline um weitere 50 Stupas zu produzieren. Jeder von ihnen wird mit je 10 Millionen Liter Wasser jeweils 10 Hektar Land bewässern.
Die Nachricht seines Projekts hat sich auf den Dächern der Welt herumgesprochen. Im vergangenen Jahr hat er Europas ersten Eis-Stupa in den Schweizer Alpen errichtet und dieses Jahr wird er daran arbeiten, einen Gletschersee in Indien wieder einzufrieren, um Springfluten zu verhindern.
Der Erfinder – dessen bisherige Projekte solarbetriebene Gebäude und effiziente Herde beinhalteten – gewann den Rolex Award for Enterprise im Jahr 2016. Er nutzte die gewonnen Preise, um eine Universität für den gesamten Himalaya zu gründen, die sich mit den Umweltproblemen der Region befassen wird.
„Die Wasserknappheit ist ein großes Problem“, sagt Tsering Spalzes, ein lokaler Bauer, in einem Video für die Crowdfunding-Kampagne. „Unsere Kinder werden in der Zukunft nichts mehr anbauen können.“
Wangchuck hofft, dass die Nachkommen der Bewohner nicht zu Klimaflüchtlingen werden, wenn es jetzt gelingt, Lösungen zu finden. „Wir sind Minderheiten hier in den Bergen, nicht nur ethnische, sondern auch das Klima betreffend“, sagt er. „Dinge, die in New York oder Neu-Delhi funktionieren, funktionieren in den Bergen nicht. Wir müssen unsere eigenen Lösungen für unsere Probleme finden.“
National Geographic veröffentlicht diesen Artikel als Teil ihrer Partnerschaft mit dem Rolex Award for Enterprise.
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