Das Riechen an Kot hilft Primaten beim Gesundbleiben

Mandrillen in Zentralafrika haben ebenso wie Menschen Strategien, um Krankheiten zu vermeiden.

Von Jenny Morber
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:31 MEZ
Ein junger Mandrill in Gabon
Ein junger Mandrill frisst Baumrinde in Gabon. Die höchst sozialen Tiere vertrauen auf Fellpflege, um Konflikte zu entschärfen und ihre sozialen Bindungen zu stärken.
Foto von Nory El Ksabi

Wir essen kein Essen von dreckigen Böden. Wir waschen uns brav die Hände. Wir halten uns von Leuten fern, die eindeutig krank sind. Das sind alles Strategien, um Krankheiten zu vermeiden, und neueste Forschungen haben ergeben, dass unsere Primatencousins ein solches Verhalten ebenfalls zeigen.

Nur dass die Strategie der Mandrillen ein bisschen unappetitlicher ist: Sie riechen am Kot ihrer Artgenossen.

Indem sie den Geruch von Darmparasiten in den Fäkalien ihrer Gruppenmitglieder aufspüren, können diese zentralafrikanischen Primaten herausfinden, wer krank ist – und es dann vermeiden, bei diesen Individuen Fellpflege zu betreiben.

Fellpflege ist wichtig für Mandrillen: Es entschärft Konflikte und baut Beziehungen auf. Nebenbei hält es Haut und Haar auch frei von Parasiten. Aber dieses Sozialverhalten kann Parasiten auch übertragen, zum Beispiel E. coli und andere Mikroben, die Ruhr auslösen.

„Wir haben herausgefunden, dass Darmparasiten auf dem Fell vorhanden sind. Es ist also riskant, ein mit Parasiten infiziertes Individuum zu putzen“, erklärt die Studienleiterin Clemence Poirotte. Sie ist eine Ökologin, die mit dem Mandrillus Project zusammenarbeitet – einer länderübergreifenden Kollaboration, welche die weltweit einzige wilde Mandrillenpopulation studiert, die an Menschen gewöhnt ist.

Poirotte und ihre Kollegen untersuchten über zwei Jahre eine Gruppe von etwa 150 Tieren, welche die Savannen und Regenwälder von Gabon durchstreift.

„Diese Population ist so gut an uns gewöhnt, dass sie uns kein Stück beachten. Wir haben das Privileg, einfach beobachten zu können, was passiert“, sagt Poirotte.

„Jeder Tag, den ich mit dieser Gruppe verbracht habe, war vermutlich das Coolste, was ich in meinem ganzen Leben gemacht habe.“

WAS DER AFFE SIEHT, MACHT ER NACH

Während der Feldarbeit beobachtete das Team, dass „wenn ein Individuum von Parasiten befallen war, es weniger geputzt wurde, und besonders wenig am Hintern“, sagt Poirette – ein kluges Vorgehen, da Parasiten durch Fäkalien übertragen werden. Es ist ein bisschen so, als benutzte man das Toilettenpapier auf öffentlichen Toiletten, aber hielte sich von der Toilettenschüssel fern.

Warum haben diese Affen große, bunte Hintern?

Um ihre Theorie zu testen, dass Mandrillen infizierte Artgenossen nicht putzen, um selbst nicht zu erkranken, haben die Forscher mehrere der Tiere mit antiparasitären Medikamenten behandelt, sowohl oral als auch intravenös nach dem Einfangen.

Nach der Behandlung wurden zwölf dieser Tiere öfter geputzt und drei von ihnen sogar zehnmal so oft. Was die Theorie weiterhin bestärkte, war die Beobachtung, dass eine Infektion keine Auswirkung darauf hatte, wie häufig der kranke Mandrill andere Tiere putzte – nur darauf, wie häufig andere ihn putzten.

„Die Ergebnisse stimmten völlig mit unseren Vorhersagen überein, das war sehr nett“, sagt Poirotte, deren Studie kürzlich in der Fachzeitschrift „Science Advances“ erschienen ist.

Im nächsten Schritt musste herausgefunden werden, wie die Mandrillen feststellten, dass ihre Gruppenmitglieder von Parasiten befallen waren.

Die Wissenschaftler präsentierten gefangenen Mandrillen, die in Waldgehegen in Gabon leben, mit Fäkalien beschmierte Bambusstöcke. Auf einem der Stöcke war Kot voller Parasiten, auf dem anderen Kot, der fast frei von Parasiten war. Ein Forscher, der nicht wusste, welche Probe welche war, nahm das Verhalten der Mandrillen auf.

Wie erwartet rochen die Primaten an den Bambusstöcken und untersuchten sie, aber mieden die hochinfektiösen Proben. (Poirotte konnte selbst nicht zwischen infizierten und nicht-infizierten Proben unterscheiden, aber merkte an, dass einige Proben schlimmer stanken als andere.)

Ihre nächste Aufgabe bestand darin, die Auswirkungen zu untersuchen, die Parasiten auf die Gesundheit der Mandrillen haben könnten.

MEHR PARASITENSCHNÜFFLER

Benjamin Hart, ein Tierarzt und emeritierter Professor an der Universität von Kalifornien in Davis, sagt, dass die Mandrillen ihre Parasiten wahrscheinlich auf einem verkraftbaren Niveau halten.

Wenn ein Tier von zu vielen Parasiten befallen wird, könne es daran sterben. Moderate Infektionen stellten aber keine allzu große Bedrohung dar, fügt er hinzu.

Hart vermutet, dass die Studie ähnliche Untersuchungen bei anderen Arten anregen wird.

„Die Studie liefert eine sorgfältige Analyse und kann als Modell für andere dienen, die die Rolle des Geruchssinns bei der Vermeidung von Parasiten untersuchen wollen“, sagt er. „Ich fand die Abhandlung hervorragend.“

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