Weibliche Makaken bei sexuellen Handlungen mit Hirschen beobachtet

Eine neue Studie liefert die ersten handfesten Beweise dafür, dass junge Japanmakakenweibchen Sikahirschen nachstellen.

Von Elaina Zachos
Veröffentlicht am 19. Dez. 2017, 17:49 MEZ
Ein Makakenweibchen im japanischen Minō sitzt auf einem Sikahirsch.
Foto von Noëlle Gunst

Auf einer japanischen Insel geht ein seltsames Affentheater vor sich.

Am 11. Dezember veröffentlichten Wissenschaftler der Universität von Lethbridge in Kanada eine Abhandlung über scheinbar sexuelle Handlungen zwischen jungen Japanmakakenweibchen und Sikahirschen. Es wurde beobachtet, wie die wilden Affen im japanischen Minō die Hirsche bestiegen.

Im Januar 2017 gab es Berichte über ähnliche Interaktionen zwischen Affen und Hirschen aus der Insel Yakushima. Die Co-Autorin der Studie Noëlle Gunst sagt, dass die Einwohner von Minō dieses Verhalten wahrscheinlich schon mindestens seit 2014 beobachten. Vorherige Forschungen basierten lediglich auf Anekdoten, aber die aktuelle Studie arbeitet mit Zahlen.

Laut dem Team, zu dem auch die Forscher Paul Vasey und Jean-Baptiste Leca gehören, ist die Abhandlung die erste quantitative Studie über sexuelle Interaktionen zwischen einem nicht-menschlichen Primaten und einer Art, die nicht den Primaten angehört.

„Die Erkenntnisse stützen die Ansicht, dass das Besteigungsverhalten zwischen Affen und Hirschen eine sexuelle Praktik ist, bei der halbwüchsige weibliche Affen vermutlich eine sexuelle Befriedigung erfahren“, schreibt Gunst in einer E-Mail.

HIRSCHKUMPEL

Es ist schon lange bekannt, dass wilde Japanmakaken auf Sikahirschen reiten. Manchmal betreiben die Affen bei ihren vierbeinigen Reittieren auch Fellpflege, während die Hirsche die Früchte fressen, welche die Makaken fallen lassen, oder gelegentlich deren Fäkalien verzehren.

Die jüngste Studie beschäftigte sich mit auf Video festgehaltenen Interaktionen während der Paarungszeit sowie mit Hormontests von Kotproben. Die Forscher verglichen 258 Interaktionen zwischen Affen und Hirschen mit homosexuellen Handlungen, die in der Vergangenheit zwischen weiblichen Makaken beobachtet wurden.

Basierend auf dem Besteigungsverhalten, den Stoßbewegungen und den Lautäußerungen schlussfolgerte das Team, dass diese Handlungen tatsächlich sexueller Natur sind. In einigen Fällen bissen die Makaken die Hirsche auch oder zogen an deren Geweih.

Die Forscher beobachteten 14 verschiedene Interaktionen dieser Art. In fünf Fällen bestiegen weibliche Makaken denselben vierbeinigen Partner innerhalb von zehn Minuten dreimal oder öfter und gaben dabei die gleichen Laute von sich wie bei der Paarung zwischen Makaken. In anderen Fällen unterbrachen weibliche Makaken sexuelle Handlungen zwischen anderen Affen und Hirschen. Laut Gunst traten solche Interaktionen etwa einmal am Tag auf und dauerten zwischen einer Minute und zwei Stunden.

Größtenteils schienen sich die Hirsche davon nicht stören zu lassen. Manche schüttelten sich die Affen vom Rücken, während andere einfach passiv stehen blieben, während die Affen auf ihnen herumrutschten. Andere fraßen einfach seelenruhig weiter.

MOTIVATION

Geschlechtsakte zwischen verschiedenen Arten sind keine Neuheit: Von etwa zehn Prozent der Tierarten ist bekannt, dass sie sich mit anderen Arten kreuzen. Allerdings tritt solches Verhalten eher bei anatomisch ähnlichen Tierarten auf. Da sich die Physiologie von Affen und Hirschen so stark unterscheidet, ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Makaken die Hirsche mit Artgenossen verwechselten.

„Sexuelle Interaktionen zwischen Tieren unterschiedlicher Arten, die nicht nah miteinander verwandt sind, werden äußerst selten beobachtet“, erzählte Cédric Sueur National Geographic im Januar. Er veröffentlichte eine frühere Studie zu den Verhältnisse zwischen den Affen und Hirschen.

Laut den Forschern gibt es eine Handvoll möglicher Gründe, warum die Affen den Hirschen nachstellen. Zum einen könnte es für die jungen Makaken ein Weg sein, sich in sexuellen Handlungen zu üben. Es wäre aber auch denkbar, dass es eine Alternative für die jungen Weibchen darstellt. Kleine Weibchen werden mitunter von potenziellen Partnern verschmäht, und der Verkehr mit größeren Männchen kann für sie gefährlich sein. Die Hirsche könnten daher eine ansprechendere Möglichkeit für die Affen darstellen.

„Junge Makakenweibchen könnten ihre erste genitale Stimulation während spielerischen Interaktionen mit den Hirsch-Spielgefährten erleben“, bemerkt Gunst. „Während des Anstiegs der Sexualhormone, der typisch für das Heranwachsen ist, könnten sie eine ähnliche sexuelle Befriedigung bei ihren Hirschfreunden suchen, besonders, wenn ihnen keine männlichen Artgenossen als Partner zur Verfügung stehen.“ (Lesenswert: Warum es wichtig ist, wie Weibchen ihre Partner wählen)

Es ist allerdings nicht klar, seit wann dieses Verhalten schon in Minō auftritt. Diese ungleichen Paare könnten eine Besonderheit darstellen, die sich erst vor Kurzem entwickelt hat.

„Zukünftige Beobachtungen an diesem Ort werden zeigen, ob diese gruppenspezifische sexuelle Eigentümlichkeit eine kurzlebige Marotte war“, schreibt Gunst in einer E-Mail, „oder ob es der Beginn eines kulturell gepflegten Phänomens ist.“

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