Adler stiehlt Fuchsbeute – mitsamt dem Fuchs

Weißkopfseeadler haben sich einen Ruf als Piraten der Lüfte erarbeitet, weil sie anderen Tieren oft die Beute stehlen.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 29. Mai 2018, 16:51 MESZ
Ebi dachte, dass der Fuchs seine Mahlzeit vor Schreck loslassen würde – aber er hielt sich ...
Ebi dachte, dass der Fuchs seine Mahlzeit vor Schreck loslassen würde – aber er hielt sich mehrere Sekunden lang daran fest.
Foto von Kevin Ebi

Als der Wildtierfotograf Kevin Ebi den Ruf eines Weißkopfseeadlers vernahm, wusste er genau, was gleich passieren würde.

Ebi hat mehrere Jahre damit zugebracht, im Pazifischen Nordwesten Wildtiere abzulichten, und hat sich im Zuge seiner Arbeit für sein Buch „Year of the Eagle“ umfassendes Wissen über Weißkopfseeadler angeeignet. Als er im Mai im San Juan Island National Historical Park des US-Bundesstaates Washington unterwegs war, waren es allerdings die Füchse, die er fotografieren wollte. Zu dieser Zeit sieht man dort oft Jungtiere.

Als der Tag langsam auf den späten Nachmittag zuging, huschte ein solcher Jungfuchs gerade über ein freies Feld, einen frisch erlegten Hasen im Maul.

Von oben stürzte plötzlich ein junger Adler herab, schlug seine Krallen in den Hasen und schwang sich wieder in die Höhe – mit dem Fuchs im Schlepptau.

„Ich dachte, der Adler würde den Fuchs so erschrecken, dass er sein Abendessen loslassen würde“, sagte Ebi. Aber für ein paar Sekunden hielt sich der Fuchs an seiner Beute fest, bevor er zu Boden fiel.

Als professioneller Wildtierfotograf wusste Ebi, dass es jene Art von dramatischem Moment war, den nur wenige Menschen in ihrem Leben je auf Bild festhalten würden. Von dem Moment an, da er den Schrei des Adlers über sich hörte, hielt er sein Objektiv auf den Fuchs gerichtet und seinen Finger am Auslöser.

„Ich weiß nicht, ob ich so etwas Dramatisches noch einmal sehen werde“, sagt er.

Fliegende Parasiten

Die Bildreihe zeigt aber nicht nur eine dramatische Szene, sondern auch ein Beispiel für Kleptoparasitismus.

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    Das Konzept ist kein Alleinstellungsmerkmal von Weißkopfseeadlern. Auch viele andere Tiere – von Säugetieren bis zu Weichtieren – stehlen anderen Tieren ihre erbeutete Nahrung oder nutzen ihre Leistungen aus. Allerdings sind Weißkopfseeadler durchaus für diese Taktik bekannt. In einem Brief an seine Tochter schrieb Benjamin Franklin sogar, dass er mit der Wahl des Weißkopfseeadlers als Nationalsymbol nicht besonders zufrieden sei, da der Vogel den Ruf hatte, von anderen Tieren zu stehlen. (Er merkte auch an, dass der Truthahn ein „viel respektablerer Vogel“ sei.)

    Sturzflüge sind eine typische Jagdtaktik von Weißkopfseeadlern. Sie funktionieren besonders gut bei Füchsen und anderen großen Vögeln. Man hat schon beobachtet, wie sie Fischadlern im Flug ihre erbeuteten Lachse stehlen.

    „Sie überlegen sich, wie sie an Nahrung kommen und dabei möglichst wenig Kalorien verbrauchen“, sagt Ebi.

    Direkt nach dem Vorfall begab Ebi sich auf die Suche nach dem Fuchs, um nachzusehen, ob er verletzt war. Überraschenderweise hatte das Tier keine sichtbaren Verletzungen und schien unbeeindruckt. Es war, als wäre gar nicht passiert, erinnert er sich. Nur ein paar Bilder zeugten noch von dem Angriff.

    „Es ist nur ein Sekundenbruchteil, der eine Geschichte erzählt.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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