Mögen Therapiehunde ihre Arbeit?

Bei einer neuen Studie wurde der Stresspegel der Hunde gemessen – mit beruhigendem Ergebnis.

Von Linda Lombardi
Veröffentlicht am 3. Mai 2018, 06:00 MESZ
Hund
Der Therapiehund Tucker besucht den Patienten Jimmy Cawley im Massachusetts General Hospital in Boston am 6. März 2018.
Foto von Jessica Rinaldi, The Boston Globe, Getty

Hundebesitzer wissen, dass allein die Gegenwart ihres vierbeinigen Gefährten ein echter Quell der Freude ist.

Da überrascht es nicht, dass Therapiehunde auch Menschen mit gesundheitlichen Problemen wie Krebs, Demenz oder einer posttraumatischen Belastungsstörung helfen können, mit ihrer Krankheit umzugehen oder sie zu überwinden.

Allein in den USA sind mehr 50.000 Therapiehunde im Einsatz, die auch in Deutschland und vielen anderen Ländern der Welt immer beliebter werden. Die Tiere werden von diversen Organisationen und Institutionen ausgebildet und zertifiziert und besuchen mit ihren Haltern beispielsweise Krankenhäuser, Schulen und andere Einrichtungen sowie Privatpersonen, um mit Patienten zu interagieren.

Forschungen bestätigen, dass die gesundheitlichen Vorteile solcher Begegnungen nachweisbar sind – aber was halten die Hunde eigentlich davon? Auch mit dieser Frage hat sich die Wissenschaft auseinandergesetzt – mit beruhigendem Ergebnis.

Eine Studie, die vor Kurzem in „Applied Animal Behaviour Science“ veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass die Therapiehunde in Kinderkrebsstationen von ihrer „Arbeit“ nicht gestresst waren und sie in den meisten Fällen sogar zu genießen schienen.

„Was diese Studie so einzigartig macht, ist die Tatsache, dass sie […] in fünf verschiedenen Krankenhäusern im Land stattfand, dass wir mehr als 100 Patienten besucht haben und dass 26 Hunde teilgenommen haben. Damit ist es die umfangreichste Studie dieser Art auf diesem Forschungsgebiet“, sagt die Studienleiterin Amy McCullough. Sie ist die Leiterin des Bereichs Forschung und Therapie bei American Humane, einer Tierwohlorganisation mit Sitz in Washington, D.C.

HUNDEARBEIT

Die Forscher maßen den Cortisolspiegel im Speichel der Hunde – das Hormon wird als Reaktion auf Stress vermehrt ausgeschüttet. Die Proben wurden dabei sowohl am Wohnort der Hunde als auch während Therapieeinheiten im Krankenhaus entnommen.

Allerdings steigt der Cortisolspiegel sowohl bei positivem als auch bei negativem Stress. „Sagen wir mal, wir haben einen Hund, der für sein Leben gern Ball spielt. Wenn man den Ball rausholt und der Hund anfängt, ihm hinterherzujagen, würde sein Cortisolspiegel ebenfalls ansteigen“, erklärt McCullough.

Also nahm das Team das Verhalten von 26 Hunden auf und analysierte es nach drei Kategorien: freundliche Handlungen (z. B. das Zugehen auf eine Person oder das Absenken des Vorderkörpers als Aufforderung zum Spielen), Anzeichen für moderaten Stress (z. B. das Lecken der Lefzen und Zittern) und Anzeichen für großen Stress (z. B. winseln).

Die Wissenschaftler konnten keinen Unterschied in den Cortisolspiegeln von zu Hause und dem Krankenhaus erkennen – ein Anzeichen dafür, dass die Hunde nicht sonderlich gestresst waren.

ARBEIT SOLL SPASS MACHEN

Die Befunde passen auch zu früheren Forschungsergebnissen, wie Lisa Maria Glenk erzählt. Die Forscherin veröffentlichte 2017 eine zusammenfassende Überprüfung der wissenschaftlichen Literatur zum Wohl von Therapiehunden.

Die „gut designte“ neue Studie ist besonders durch ihren Detailgrad von Wert: „Frühere Studien enthielten nur begrenzte oder gar keine Informationen über die Aktivitäten während einer Sitzung. Das machte es schwer, jene Praktiken zu identifizieren, die den Stresspegel der Hunde erhöhen“, sagt Glenk, der an der Veterinärmedizinischen Universität Wien arbeitet.

Die nächste Frage war, ob den Hunden ihre Arbeit auch Spaß macht. Die Studie liefert auch darauf ein paar Hinweise.

Die Hunde schienen einige Aktivitäten beispielsweise mehr zu genießen als andere: Ein Kind, das mit einem Hund redete oder mit dessen Spielzeug spielte, schien mehr freundliche Reaktionen auszulösen als Kind, das den Hund bürstete oder ihn malte.

Wenn man sich die Ergebnisse ansieht, „kann man wohl durchaus sagen, dass manche Aktivitäten den Hunden mehr Spaß machen“, sagt McCullough.

„Das sind für die Halter nützliche Informationen – sie können sich also eher auf jene Aktivitäten konzentrieren, von denen sie glauben, dass ihr Hund daran Spaß hätte.“

ES MUSS PASSEN

Dafür ist es natürlich nötig, die Therapiehunde genau zu beobachten, auch wenn sie mitunter widersprüchlich wirken können. Die Forscher fanden zum Beispiel auch heraus, dass die Hunde, die das meiste Stressverhalten zeigten, auch die meisten freundlichen Verhaltensweisen zeigten. Das könnte darauf hindeuten, dass einige Hunde ihre Gefühle einfach deutlicher zeigen als andere.

Wie bei jedem Job ist es auch hier wichtig, die richtigen Kandidaten auszusuchen, so McCullough. Das gilt für Therapiehunde ebenso wie für Besuchshunde. Viele Hundebesitzer möchten anderen mit ihren Vierbeinern gern helfen, „aber das bedeutet noch nicht, dass der Hund für diese Arbeit auch geeignet ist“.

Therapiehundeausbilder und Besitzer müssen also nicht nur prüfen, ob der Hund diese Tätigkeit toleriert, sondern ob er mit Enthusiasmus bei der Sache ist.

„Fordert der Hund Aufmerksamkeit ein oder muss er mit Leckerlies zur Interaktion überredet werden?“, so McCullough.

„Es muss eine für beide Seiten vorteilhafte Interaktion sein, wenn [der Hund] den Patienten besucht. Deshalb ist es wichtig, dass der Hund seinen Job wirklich liebt.“

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