Diese Faultierbabys gewinnen Herzen und ihre Freiheit
Die Fotografin Sam Trull dokumentierte ihre Arbeit in einer Auffangstation für verwaiste Faultiere.
Faultiere mögen sich mit ihrer Gelassenheit und ihrem goldigen Äußeren zwar in unsere Herzen gelächelt haben, aber all die großen Knopfaugen und Stupsnasen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Tiere in Gefahr sind. Sechs der in Mittel- und Südamerika heimischen Arten sind entweder gefährdet oder haben einen rapiden Bestandsverlust zu verzeichnen. Die Fotografin und Tierschützerin Sam Trull hat die charismatischen Baumbewohner ein paar Jahre lang fotografisch begleitet.
„Ich bin nach Costa Rica gezogen, um mit Primaten zu arbeiten. Dann bin ich meinem ersten Faultier begegnet“ – und der Rest ist Geschichte, wie sie sagt.
In einer Auffangstation, die von der gemeinnützigen US-Organisation Kids Saving the Rainforest betrieben wird, hat Trull geholfen, zahlreiche Faultierwaisen aufzuziehen. Die meisten von ihnen konnten im Anschluss wieder in die Wildnis entlassen werden. Nebenbei dokumentierte sie ihre Arbeit fotografisch und präsentiert sie nun in ihrem ersten Buch „Slothlove“.
National Geographic unterhielt sich mit ihr darüber, warum sie ihren Fokus von Primaten auf Faultiere verlagert hat.
Wann wurde Ihr Interesse für Fotografie zum ersten Mal geweckt?
Ich habe eine Weile in Westafrika gearbeitet und hatte nur eine normale Digitalkamera. Damit habe ich dann zu üben begonnen. Wenn man in einem fremden Land ist, wirkt alles fotogen. Ich habe einfach angefangen, alles zu fotografieren. Als ich zurück nach North Carolina zog, fing ich an, Familien und Hochzeiten zu fotografieren und Fotos für ein paar Zeitungen zu machen.
Dann zog ich nach Costa Rica und fing an, in einer Klinik für die Behandlung und Auswilderung wilder Tiere zu arbeiten.
Wie war es für Sie, nach ihrer ganzen Arbeit mit Primaten plötzlich mit Faultieren zu arbeiten?
Ich habe mich einfach direkt in sie verliebt. Ich war ihre Ersatzmutter. Oft lag meine Kamera direkt neben mir und ich fing einfach an, sie zu fotografieren. So lernte ich, diese Tiere zu lieben und zu achten, und wollte versuchen, sie zu retten.
Warum haben Sie beschlossen, “Slothlove“ zu veröffentlichen?
Hauptsächlich wollte ich den Menschen etwas über Faultiere beibringen, weil sich viele Fehlinformationen über sie verbreitet haben. Ich höre die verrücktesten Dinge, zum Beispiel, dass Faultiere nie gestresst sind. Das ist einfach nicht wahr. Vielleicht wird Faultieren auch deshalb nicht so viel Respekt entgegengebracht.
Viele Leute wissen gar nicht, was für eine Gefahr Unfälle mit Autos, Angriffe von Hunden oder Stromschläge an Stromleitungen darstellen. Sie finden die Tiere einfach niedlich und denken, dass man die nie aus der Ruhe bringen kann. Also machen sie Selfies mit ihnen und haben gar keine Ahnung, wie aufgebracht oder erschrocken das Tier eigentlich ist.
Haben Sie ein Lieblingsfaultier?
Mein Liebling ist ein Dreifinger-Faultier namens Monster. Sie kam im Alter von gerade mal zwei Wochen zu uns und war völlig aufgelöst. Das kleine Fellbündel wurde gefunden, als es eine Straße überqueren wollte, und sie schrie und schrie und schrie nach ihrer Mutter. [In der ersten Nacht] konnte ich wirklich überhaupt nichts tun, um sie zu beruhigen. Ich habe sie im Arm gehalten, ich bin mit ihr umhergelaufen, aber sie wollte einfach nicht stillsitzen.
Ich bin in dieser Nacht gar nicht zum Schlafen gekommen. Am nächsten Morgen kam einer der anderen freiwilligen Helfer rein und hat sich nach dem neuen Faultierbaby erkundigt. Ich habe gesagt: „Dieses Faultier ist ein Monster!“. So hat sie ihren Namen bekommen, der mittlerweile völliger Schwachsinn ist, weil sie der liebreizendste, goldigste und perfekteste kleine Engel ist, den man sich vorstellen kann.
Wie steht es jetzt um Monster?
Im Buch erzähle ich von Monster und darüber, wie sie ihren ironischen Namen bekommen hat. Aber das Buch erschien, bevor wir sie auswilderten. Mittlerweile ist sie zweieinhalb Jahre alt, wurde in die Wildnis entlassen und macht sich richtig gut. Wie alle anderen Faultiere, die wir ausgewildert haben, hat sie ein Funkhalsband bekommen. Dadurch können wir sehen, wie es ihnen geht, und verschiedene Aspekte ihres Verhaltens verfolgen. Sie hat es so weit gebracht und war noch nie so glücklich.
Was machen Sie derzeit?
Wir haben 2014 das Sloth Institute of Costa Rica gegründet. Seitdem ist es enorm gewachsen. Unser Hauptziel besteht darin, von Hand aufgezogene Faultiere wieder in die Wildnis zu entlassen. Das ist ein sehr mühsamer und langwieriger Prozess. Wir haben auch mit Verhaltensstudien an wildlebenden Faultieren begonnen und untersuchen, wie gesund sie sind. Im Grunde sammeln wir so viele Informationen wie möglich, um zu verhindern, dass sie durch die Menschen so stark beeinträchtigt werden.