Für die Schopfmakaken geht es ums Überleben

Die Affen mit der Punkfrisur werden auf Sulawesi gejagt und gefangen. Ihr Fleisch ist begehrt, ihr Lebensraum schrumpft.

Von Jennifer S. Holland
bilder von Stefano Unterthiner
Veröffentlicht am 24. Juli 2019, 14:50 MESZ
Ein Schopfmakak am Strand eines Naturreservats im Nordosten der Insel Sulawesi. Forscher studieren dort das Sozialverhalten ...
Ein Schopfmakak am Strand eines Naturreservats im Nordosten der Insel Sulawesi. Forscher studieren dort das Sozialverhalten der Affenart und versuchen, die Tiere vor dem Aussterben zu bewahren.
Foto von Stefano Unterthiner

Der technikaffine Schopfmakak Naruto machte 2011 in einem Naturpark Indonesiens mit einer Kamera ein Selfie. Das Bild ging um die Welt und machte auf das traurige Schicksal einer wenig bekannten Affenart aufmerksam.

Dieses Foto von Naruto verbreitete sich rasend schnell im Internet – und plötzlich hatte seine Spezies mit ihren bernsteinfarbenen Augen und der Punkfrisur Millionen Fans. Etwa zur gleichen Zeit entschloss sich die für den Schutzstatus von Tierarten zuständige Internationale Naturschutzunion, die Schopfmakaken (Macaca nigra) in die Liste der 25 am stärksten bedrohten Primatenarten aufzunehmen.

Narutos Selfie gab Anlass zu einem Urheberrechtsstreit zwischen dem Besitzer der Kamera und der Tierschutzorganisation People for the Ethical Treatment of Animals (Peta). Sie war der Ansicht, die Bildrechte gehörten Naruto, schließlich hätte er das Foto gemacht.

Inzwischen ist der Prozess entschieden. Naruto wird keine Fotografenkarriere machen. Er lebt weiterhin in den Wäldern des Naturreservats Tangkoko-Batuangus-Duasaudara auf der Insel Sulawesi ein ruhiges Affenleben – insofern das bei Makaken möglich ist: „Da hinten, das ist Naruto“, sagt die Primatenforscherin Antje Engelhardt von der John Moores University im englischen Liverpool. Sie zeigt auf einen mittelgroßen Affen. Der sitzt vornübergebeugt und kratzt sich, die Ruhe selbst.

Selfie eines Makaken
Das Selfie von Naruto.
Foto von David J. Slater

Im Rahmen des „Macaca Nigra“-Projekts erforscht die Britin Engelhardt seit zehn Jahren gemeinsam mit studentischen Hilfskräften das Verhalten der Makaken im Naturreservat Tangkoko. Der Schopfmakak, von den Einheimischen Yaki genannt, ist eine von sieben Makakenarten auf der indonesischen Insel Sulawesi. Er ist dort inzwischen vom Aussterben bedroht. Die Primaten werden wegen ihres Fleisches gejagt und als Haustiere gehalten. Gleichzeitig schrumpft ihr Lebensraum durch illegale Abholzung für Kokosnussplantagen und für Felder, die von Dorfbewohnern neu angelegt werden. Es gibt staatliche Pläne, weitere Waldgebiete für Straßenbau und agrarindustrielle Nutzung freizugeben.

Bestandsaufnahmen aus den Jahren 2009 und 2010 kamen auf ungefähr 2000 Yaki im Naturreservat Tangkoko; seither, so erklärt Engelhardt, sei ihre Zahl weiter zurückgegangen. Eine weitere Population lebt einige Hundert Kilometer von Sulawesi entfernt auf der Insel Bacan. Die Schopfmakaken wurden dort Mitte des 19. Jahrhunderts angesiedelt.

Das einzige Tier, das Yaki fürchten müssen, ist der Netzpython. Weitaus größer aber ist die Gefahr, die ihnen durch uns Menschen droht. Straßenbauer zerschneiden den Lebensraum der Affen, Holzfäller zerstören ihn. Bei Jägern, denen Schutzgesetze egal sind, müssen sie um ihr Leben fürchten – und auch bei Bauern, auf deren Äckern Yaki nach Fressbarem suchen.

„Das alles hier war früher Urwald“, sagt Engelhardt und macht eine Kopfbewegung in Richtung des abschüssigen Geländes entlang der Hauptstraße, die aus dem Tangkoko-Reservat hinausführt. „Zuerst haben die Ranger Gärten angelegt, dann taten die Dorfbewohner es ihnen gleich.“ Die Forscherin deutet auf den Doppelgipfel des Mount Duasaudara. „Da sieht man noch ursprünglichen Wald, aber alle anderen Flächen sind mittlerweile von Kokosnussplantagen überzogen. Wir haben dort oben eine Bestandsaufnahme gemacht: keine Affen.“

Im Tasikoki Wildlife Rescue Centre südlich von Bitung ist Harry Hilser Programmmanager der Organisation Selamatkan Yaki, die sich der Rettung der Schopfmakaken von Sulawesi verschrieben hat. Ihm zur Seite steht Simon Purser, ein zurückhaltender Brite, der wirkt, als würde er die Last der ganzen Welt auf seinen schmalen Schultern tragen.

In dem Rettungszentrum leben verwaiste und verletzte Wildtiere, aber auch solche, die bei Schmugglern oder in Haushalten beschlagnahmt wurden. Purser verwendet nach eigenen Angaben viel Zeit darauf, „die Sicherheitsbehörden dazu zu bringen, dass sie ihre Arbeit machen“; bei den meisten Razzien und Rettungsaktionen ist er anwesend.

BELIEBT

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    Manche Bauern fangen Schopfmakaken, damit die Tiere nicht die Felder verwüsten. Ebenso geraten die Affen in Fallen, die für Schweine, Vögel oder Ratten aufgestellt wurden – für den Fallensteller bedeutet das unter Umständen schnell verdientes Geld. „Meine Leute haben in einem kleinen Gebiet innerhalb des Schutzgebiets bis zu hundert Fallen gezählt“, sagt die Biologin Engelhardt. Außerdem floriert in der Gegend der Haustierhandel mit gefangenen oder verwaisten Affenbabys.

    Noch größer ist aber eine andere Gefahr: Die Menschen in Sulawesi schätzen das Fleisch der Schopfmakaken. Es geht für umgerechnet rund vier Euro pro Kilo über den Ladentisch. An Feiertagen schnellt die Nachfrage in die Höhe – auch in der sechs Autostunden vom Tangkoko-Reservat entfernten Ortschaft Tompasobaru. Sie ist eigentlich für ihre duftenden Gewürznelken bekannt, die überall zum Trocknen ausliegen. Auf dem Markt hängt jedoch der metallische Geruch von Fleisch in der Luft. Auch der von Wildtieren.

    „Es gibt in Indonesien zwar gesetzliche Bestimmungen, aber die bedeuten überhaupt nichts, wenn sie nicht durchgesetzt werden“, sagt der Tierschützer Hilser. „Selbst wenn die Gesetze befolgt werden, führt illegale Jagd nur selten zu Gefängnisstrafen.“ Und so liegen auf dem Markt von Tompasobaru neben Fisch, Hühnerfüßen, Ratten und Fledermäusen auch aufgeschnittene Affen, das Gesicht unversehrt. „Mitgefühl für Yaki zu erzeugen ist schwierig“, sagt sein Kollege Purser. „Lebend gelten sie als Schädlinge, tot sind sie hingegen ein begehrtes Lebensmittel und Geld wert. Wir müssen erreichen, dass die Polizei nicht wegschaut, sondern mit uns zusammenarbeitet.“

    Die Umweltschützer setzen auf die Kinder. Sie sollen lernen, dass es Unrecht ist, Yaki als Haustiere zu halten. Dann seien auch ihre Eltern eher bereit, die Tiere zu schützen. In der Stadt Manado gibt es darum Studenten und einige örtliche Honoratioren als „Yaki-Botschafter“. Sie setzen sich in Schulen, Kirchen und in weiteren Veranstaltungen für einen besseren Schutz der Schopfmakaken ein. „Entscheidend ist, dass die Gemeinden der Region eingebunden werden“, sagt Hilser. „Nur so kann der Naturschutz funktionieren.“

    Dieser Artikel wurde gekürzt und bearbeitet. Lesen Sie den ganzen Text in Heft 8/2019 des National Geographic-Magazins!

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