Der Bilby – Australiens alternativer Osterhase

Das possierliche Beuteltier mit den Hasenohren gräbt Bauten, auf die Dutzende anderer Arten angewiesen sind.

Von Annie Roth
Veröffentlicht am 9. Apr. 2020, 15:52 MESZ
Großer Kaninchennasenbeutler

Der Große Kaninchennasenbeutler ist aus einem Großteil seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes in Australien verschwunden.

Foto von Roland Seitre, Nature Picture Library

Australiens alternativer Osterhase ist ein bräunliches Beuteltier mit Hasenohren und einem unbestreitbaren Niedlichkeitsfaktor. Viel wichtiger ist aber, dass sein Beitrag zum Ökosystem noch bedeutender ist als gedacht.

Der Große Kaninchennasenbeutler (Macrotis lagotis) – vielleicht auch bekannt unter seinem englischen Namen: Bilby – ist ein Wüstenbewohner, der einst über mehr als 80 Prozent des Kontinents verbreitet war.

Aufgrund des jahrzehntelangen Populationsrückgangs – vorwiegend durch den Verlust von Lebensraum und invasive Raubtiere wie Katzen und Füchse – leben die Kaninchennasenbeutler heute nur noch in einer Handvoll abgelegener Regionen in Western Australia, Queensland und dem Northern Territory. Die Weltnaturschutzunion und die australische Regierung stufen den Bestand als gefährdet ein. 

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Aus diesem Grund haben australische Artenschutzgruppen wie die Foundation for Rabbit-Free Australia und der Save the Bilby Fund die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch eine besondere Aktion auf das Problem gelenkt: Sie werben für den Easter Bilby (was im Deutschen der nicht ganz so klangvolle Osterkaninchennasenbeutler wäre) als Alternative zum Osterhasen.

Auch wenn diese Kampagne einen gewissen Erfolg hatte – und mittlerweile Oster-Bilbys en masse produziert werden –, sollten sich die Artenschützer noch etwas mehr ins Zeug legen, sagt Stuart Dawson. Der Zoologe und Forscher an der Murdoch University in Western Australia ist der Hauptautor einer neuen Forschungsarbeit zu den Kaninchennasenbeutlern.

Er fand heraus, dass die tiefen, spiralförmigen Bauten der Beuteltiere mindestens 45 weiteren Arten als Zufluchtsort dienen, darunter auch dem Arguswaran und der hochgiftigen Mulgaschlange. Die entsprechende Studie erschien im „Journal of Zoology“.

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    Dawson zufolge verdeutlichen seine Erkenntnisse auch, dass der Schutz der Tiere ernster genommen werden muss: Wenn die Population der Kaninchennasenbeutler weiter zurückgeht, könnte das auch zahlreiche Arten gefährden, die in ihren Bauten Schutz suchen.

    Bilby-Baumeister

    Die Kaninchennasenbeutler leben im australischen Outback, das für seine unwirtlichen Bedingungen berüchtigt ist. Dort können die Temperaturen 40 °C erreichen und es kommt regelmäßig zu Bränden. Die Nasenbeutler schützen sich vor diesen extremen Bedingungen, indem sie die meiste Zeit in etwa zwei Meter tiefen Bauten verbringen.

    Indem sie in der ansonsten größtenteils flachen und strukturlosen Landschaft Löcher graben, verwandeln die Bilbys das Outback in eine regelrechte Oase für Wildtiere, erklärt Dawson.

    Auf dieser Aufnahme aus einer Kamerafalle verlässt ein Kaninchennasenbeutler 2014 gerade seinen Bau.

    Foto von Stuart Dawson

    2014 stellte er Kamerafallen mit Bewegungssensoren vor 127 Bilbybauten im Norden von Western Australia auf. So wollte er herausfinden, wie viele Tiere die unterirdischen Zufluchtsorte nutzten. Im Laufe der folgenden zwei Jahren lichteten seine Kameras hunderte von Vögeln, Reptilien und Säugetieren ab, die rund um die Bauten nach Nahrung suchten und sich auch darin verkrochen.

    Dawson vermutet, dass sich die Tiere entweder vor Fressfeinden in die Bauten flüchteten oder einfach einen kühlen Ort suchten.

    „Diese Studie verdeutlicht eines: Wenn wir die Mikrolebensräume verlieren, die die Bilbys schaffen, werden andere Arten in diesem Ökosystem anfälliger für Raubtiere, Temperaturextreme und andere Kräfte“, sagt Brendan Wintle. Der Professor für Ökologie und Artenschutz von der University of Melbourne war an der Studie nicht beteiligt.

    Trotz ihrer geringen Größe können Bilbys mehrere solcher Bauten pro Tag graben. Damit lüften sie auch den Boden und machen ihr Ökosystem attraktiver für Pflanzen, wie Wintle hinzufügt.

    „Sie sind nicht nur von ausschlaggebender Bedeutung für den Erhalt anderer Tierarten, sondern auch für die Identität und den Erhalt des gesamten Ökosystems“, sagt Wintle.

    Lieber Bilby statt Bunny

    Die neuen Erkenntnisse bestärkten den Geschäftsführer des Save the Bilby Fund, Kevin Bradley, nur noch in einem Bestreben, die Art zu retten.

    „Wenn wir den Bilby retten, werden wir damit auch viele andere Arten retten, die nicht ganz so charismatisch, aber genauso wichtig sind. Australien hat eine wirklich entsetzliche Bilanz, was ausgestorbene Arten angeht. Ich bin fest entschlossen, den Bilby nicht auch auf diese Liste rutschen zu lassen“, so Bradley.

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    Mit dieser Meinung ist er nicht allein: Im Juli 2019 veröffentlichte die australische Regierung die aktuellste Version ihres Bilby-Rettungsplans. Er enthält Pläne zur Einschränkung invasiver Arten, zur Wiederherstellung des Lebensraums der Kaninchennasenbeutler und zum Management der Art über Partnerschaften mit Aborigine-Gemeinden.

    Allerdings könnten mehrere Jahre ins Land gehen, bis all diese Pläne umgesetzt werden. Derweil sollten Australier, denen am Schutz der Bilbys und anderer heimischen Arten gelegen ist, sie einfach weiterhin feiern und sich an ihnen erfreuen – auch noch nach Ostern, sagt Sally Box, Australiens Kommissarin für bedrohte Arten.

    Die Osterkampagne „ist eine fantastische Initiative, um die Aufmerksamkeit für die missliche Lage des Bilbys zu steigern“, schrieb Box in einer E-Mail. „Und sie kann dafür sorgen, dass die Australier mehr unternehmen, um ihn zu schützen.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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