Diese Riesenspinne erobert Großbritannien zurück
Einst war die Gerandete Wasserspinne in England fast ausgestorben. Nun hat ein Umsiedlungsprojekt die Art zurückgebracht. Was nach einem Alptraum für Spinnenphobiker*innen klingt, ist ein großer Erfolg für die Artenvielfalt.
Die Gerandete Wasserspinne, die in etwa so groß wie eine Ratte werden kann, gehört zu den seltenen und gefährdeten Arten Europas.
Sie ist in etwa so groß wie eine Handfläche und stark gefährdet: Die bis zu sieben Zentimeter große Gerandete Wasserspinne (Dolomedes plantarius) ist im Jahr 2010 in Großbritannien fast ausgestorben. Lediglich eine Handvoll Exemplare der Riesenspinne gab es damals noch in den englischen Grafschaften Suffolk und Sussex. Nun, 14 Jahre später, ist die größte Spinne des Vereinten Königreichs zurück – ein Alptraum für Arachnophobiker*innen, ein Erfolgserlebnis für Forschende.
Wo lebt die Gerandete Wasserspinne?
Vor Hunderten von Jahren war die Spinne, die auf dem Wasser laufen kann, vermutlich in vielen Sümpfen, Mooren und Gräben in ganz England anzutreffen. Wohl fühlt sich das achtbeinige Tier vor allem in Feuchtgebieten mit stehenden oder langsam fließenden Gewässern. Dort fängt die Spinne ihre Beute auf der Wasseroberfläche oder unter Wasser. Auf dem Speiseplan stehen diverse kleinere Tiere wie andere Spinnen, Libellen, kleinere Fische und Kaulquappen.
Eine elegante Wasserläuferin: Die Gerandete Wasserspinne (Dolomedes plantarius) jagt im und auf dem Wasser. Charakteristisch ist die Art braun oder schwarz gefärbt und besitzt entlang ihres Körpers zwei hellere Streifen, womit sie der eng verwandten Gerandeten Jagdspinne (Dolomedes fimbriatus) zum Verwechseln ähnlich sieht.
Für den Menschen ist die Gerandete Wasserspinne harmlos, andersherum ist es eher umgekehrt: Als die Einwohner*innen Englands im 20. Jahrhundert anfingen, die Landschaft zu entwässern und die Moore zu zerstören, verdrängten sie die geschickte Jägerin aus ihrem Lebensraum. So verschwand sie zunehmend aus den Ökosystemen.
Eine Riesenspinne breitet sich aus
Nun konnte ein Erhaltungsprogramm die Spinne erfolgreich vor dem Aussterben bewahren. 2010 wurde ein Umsiedlungsprojekt, an dem unter anderem die British Arachnological Society, die University of East Anglia und die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) beteiligt waren, ins Leben gerufen. Das Forschungsteam züchtete die Spinnen zunächst in Gefangenschaft und siedelten sie daraufhin in das Yare-Tal im ostenglischen Norfolk um, das wegen seiner Vielfalt an Feuchtlebensräumen ausgewählt wurde.
Seitdem stehen die Spinnen unter Beobachtung von Tim Strudwick, dem Leiter der Naturschutzgebiete der RSPB im Yare-Tal, wo sich die Tiere mittlerweile wieder ausbreiten. Strudwick ist selbst Spinnenphobiker, hat sich aber an die riesigen Exemplare in seiner Nähe gewöhnt. „Es ist großartig zu sehen, dass [unsere Umsiedlungsaktion] wirklich erfolgreich ist“, sagt er. Das sei nicht selbstverständlich: Die wenigen Umsiedlungen von Wirbellosen, die es in den letzten 10 Jahren gab, seien meist fehlgeschlagen.
In Norfolk hat sich die Zahl der brütenden Weibchen inzwischen jedoch auf etwa 10.000 Exemplare erhöht. „Die Gerandete Wasserspinne floriert jetzt vor allem auf Weideflächen mit Gräben und viel Vegetation“, erklärt Strudwick. Dort fänden die Tiere nun nämlich hauptsächlich ihre Beute.
Ist die Riesenspinne in Großbritannien somit also gerettet? Strudwick bezweifelt das: „An ihren drei ursprünglichen Standorten ist die Spinne immer noch durch Ereignisse wie Dürren, den Anstieg des Meeresspiegels oder Sturmfluten stark bedroht“, so der Naturschützer. Solche Naturereignisse könnten die Art auslöschen. Schutzprojekte wie das in Norfolk sind daher extrem bedeutend für den Erhalt der seltenen Spinnenart.
In einer vorherigen Version des Artikels war von einer „rattengroßen“ Spinne die Rede. Tatsächlich kann die Gerandete Wasserspinne nur bis zu sieben Zentimeter groß werden, was nicht der realen Größe einer Ratte (zwischen acht und 30 Zentimetern Kopfrumpflänge) entspricht. Der Artikel wurde am 26. August 2024 entsprechend aktualisiert.