Invasive Nilgans: Gefahr für Mensch und Umwelt?
Die afrikanische Nilgans breitet sich rasant in Deutschland aus. Einige sehen sie als Plage und als Gefahr für heimische Arten. Andere fordern einen entspannteren Umgang.

Eine Nilgans-Familie auf dem Wasser: Die Art gilt seit 2017 als invasiv.
Hübsch sieht sie aus in ihrem rostrot-gesprenkeltem Gefieder. Doch die Nilgans polarisiert wie kaum eine zweite zugewanderte Tierart. Ursprünglich stammt sie aus Afrika. Seit dem 18. Jahrhundert wird sie als Ziergeflügel auch in Europa gehalten. Ab den 1960er-Jahren gelangten entflohene Exemplare aus niederländischer Haltung nach Deutschland. Erste Brutvorkommen wurden 1983 in Kiel und 1985 im Landkreis Unna nachgewiesen.
Seitdem breitet sich die Nilgans immer weiter aus. Denn sie gilt als überaus anpassungsfähig. Sie brütet in Parks und Gewässern aller Art. Sogar auf intensiv bewirtschafteten Feldern und Wiesen fühlt sie sich wohl. Und auch die Zunahme milder Winter kommt ihr gelegen. Nilgänse gibt es heute in allen deutschen Bundesländern. Wie viele es insgesamt sind, ist unklar. Die meisten leben in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.
Wichtiger Indikator für die Bestandsgröße einer Art ist die Jagdstrecke. Tatsächlich stieg die Zahl der erlegten Nilgänse innerhalb weniger Jahre explosionsartig. Wurden im Jahr 2011/12 noch knapp 11.000 Tiere geschossen, waren es fünf Jahre später bereits weit über 23.000. Im Jagdjahr 2019/20 wurden bundesweit bereits gut 31.000 Exemplare getötet.
Nilgans: Mögliche Schäden sind schwer zu beziffern
Die intensive Jagd hat vor allem einen Grund: Die EU stuft die Nilgans als invasive Art ein. Fachleute verstehen darunter Tiere oder Pflanzen, die unabsichtlich oder gezielt vom Menschen eingeschleppt werden. Wenn diese Neubürger oder Neozoen sich rasch und unkontrolliert ausbreiten und so angestammte Arten und ganze Ökosysteme schädigen, gelten sie als invasive Art.
Wie groß die Schäden durch den 70 Zentimeter großen Vogel wirklich sind, ist umstritten. Einige Fachleute warnen davor, dass Nilgänse durch ihr aggressives Revierverhalten heimische Wasservogelarten verdrängen und deren Brutplätze einnehmen könnten. Bislang fehlen dafür aber eindeutige Beweise, erklärt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in NRW.

Die Nilgans ist in Deutschland ein sogenannter Neozoen. Sie ist nicht aus Afrika, wo sie ursprünglich lebte, eingeflogen, sondern aus Volieren in Großbritannien und Holland ausgebüchst.
Plagegeister im Freibad
Besondere Sorge besteht, wenn sich ganze Gänsescharen auf Getreidefeldern, in Parks oder sogar in Schwimmbädern niederlassen. Bauern befürchten Ernteeinbußen, Kommunen hygienische Probleme. Badegäste ekeln sich vor verdreckten Liegewiesen.
In einigen Städten haben sich Nilgänse zur Plage in Freibädern und an Badeseen entwickelt. Im Kot der Vögel wurden überdies Salmonellen und andere Erreger nachgewiesen. Eine einzige Gans hinterlässt täglich ein Kilo und mehr.
Deshalb werden Nilgänse bisweilen sogar in Schwimmbädern bejagt – nach Ende der Badesaison versteht sich. Doch Sinn und Wirksamkeit der Gänsejagd in der Stadt sind umstritten. Befürworter betrachten die Jagd als wichtige Managementmaßnahme. Gegner sprechen sich dagegen für ein alternatives Wildtiermanagement ohne Tiertötungen aus.
Wie sinnvoll ist die Nilgans-Jagd?
Laut Nabu, Tierschutzbund und anderen Naturschutzverbänden hat die Jagd kaum Einfluss auf die Bestandsentwicklung von gebietsfremden Tieren, die sich derart rasant ausbreiten. Überhaupt: Dass die Nilgans ökologische Schäden verursacht, sei nicht erwiesen. Daher sei es nicht gerechtfertigt, den Bestand zu reduzieren. Der Nabu plädiert stattdessen für Vergrämungen, Fütterungsverbote oder Absperrungen.
Der Deutsche Jagdverband (DJV) sieht das komplett anders. Die weitere Bestandszunahme der Nilgänse könne zu ernsten Konflikten mit der heimischen Tierwelt führen. Der Verband fordert eine flächendeckende Bejagung, um weitere ökologische und ökonomische Schäden durch die Nilgans zu verhindern. Unterstützung kommt vom Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft: Die Jagd habe einen direkten Einfluss auf eine Gänsepopulation. Sie sei vielleicht der wichtigste Managementbaustein in Gebieten, in denen Jagd möglich sei.
