Ärztin mit Mission
Kann eine bessere medizinische Versorgung der Menschen auf Borneo dazu beitragen, dass die Natur geschont und Orang Utans vor dem Aussterben bewahrt werden? Ja, sagt die indonesische Zahnärztin Hotlin Ompusunggu, denn beides hänge untrennbar zusammen.
Im Nationalpark Gunung Palung im abgelegenen Südwesten Borneos stehen Mensch und Tier in Konkurrenz. Der Regenwald bietet seltenen Arten Lebensraum: Nashornvögeln, Gibbons – und rund 2500 Orangutans, zehn Prozent der verbleibenden Weltpopulation. In den angrenzenden Dörfern aber leben 60 000 Menschen weitgehend vom Verkauf von Tropenholz – die Abholzung gefährdet die Lebenswelt der Tiere. Die indonesische Zahnärztin Hotlin Ompusunggu will den Regenwald bewahren, indem sie die Nöte der Menschen ernst nimmt: So trügen Armut und eine schlechte Gesundheit dazu bei, dass Regenwald gerodet werde, um mit dem Erlös grundlegende Bedürfnisse zu finanzieren – etwa eine Zahnbehandlung.
Ompusunggu ist Gründungsmitglied der Organisation „Alam Sehat Lestari (ASRI)“. Das Projekt bietet seit zehn Jahren Bewohnern der Umgebung des Nationalparks kostengünstige Gesundheitsversorgung an. Bis zu 70 Prozent Ermäßigung erhalten die Bewohner der umliegenden Dörfer zudem, wenn sich ihr ganzes Dorf im Gegenzug dazu verpflichtet, auf Abholzung zu verzichten. Sollte auch für die restlichen 30 Prozent der Kosten kein Geld da sein, kann auch durch Mitarbeit bei der Überwachung des Regenwalds, durch Kunsthandwerk oder damit bezahlt werden, dass junge Bäume gepflanzt werden.
Begonnen hat das Projekt damit, dass offene Gespräche geführt wurden: „In den ersten Jahren haben wir hauptsächlich mit den Anwohnern selbst gesprochen“, sagt die von der National Geographic Society als Emerging Explorer geförderte Ärztin Ompusunggu. Sie und ihr Team fragten, was die Menschen davon abhalten könnte, den Regenwald abzuholzen. „Sie haben uns gesagt, dass sie eine erreichbare, gute und vor allem bezahlbare medizinische Versorgung benötigen.“
Auch wollten sie an der Waldbeobachtung beteiligt sein. Der Park ist so groß, dass viele Menschen benötigt werden, um zu überwachen, was vor sich geht. Die ideale Lösung war, die Einheimischen, die direkt neben dem Wald leben, die Überwachung übernehmen zu lassen. „Dieser Vorschlag hat das Forest Guardian Programm hervorgebracht, das wir 2011 gestartet haben. Es ist eines der besten Programme, die es gibt, um einerseits positiv auf die Gemeinschaft zu wirken und andererseits den Wald zu schützen.“
Parallel dazu gibt ASRI in Zusammenarbeit mit den Schulen Umweltunterricht für Schüler und fördert gezielt den Austausch zwischen US-amerikanischen und indonesischen Kindern. Im ASRI Kids Programm waren die einheimischen Kindern so stolz darauf, herauszufinden, dass der Orangutan nur in Borneo und Sumatra lebt, dass sie begannen, Blogs darüber zu schreiben, wie wichtig diese Art und der Schutz ihres Lebensraums ist. Sie forderten ihre Eltern auf, den illegalen Holzeinschlag zu stoppen. Die amerikanischen Kinder lernten wiederum von den indonesischen Kindern.
Hotlin Ompusunggu selbst kommt aus einer Großstadt in Sumatra und hatte ursprünglich wenig Interesse an Naturschutz: „Ich bin kein sehr tierfreundlicher Mensch“ sagt sie, „aber ich habe gelernt, dass Tiere und Menschen zum Wohle beider harmonisch zusammen leben müssen. Mir geht es deshalb nicht so sehr um die Orte selbst, sondern um die Beziehungen, die Umgebung und die Menschen.“
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