Schluss mit lustig? Warum Lächeln manchmal ungesund ist

Lachen ist die beste Medizin, sagt eine Redensart. Und es stimmt: Studien deuten darauf hin, dass Lachen in vielfacher Hinsicht gut für die Gesundheit ist. Beim Lächeln kann das schon ganz anders aussehen.

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Von Jens Voss
Veröffentlicht am 31. Jan. 2022, 09:41 MEZ

Als William F. Fry 1964 das erste Institut zur Humorforschung gründete, wurde er noch von vielen Kollegen belächelt. Fry hatte herausgefunden, dass ausgiebiges Lachen den Körper ebenso fordern kann wie Sport. „Lachen ist wie Joggen im Sitzen“, lautet der wohl bekannteste Ausspruch des 2014 verstorbenen US-amerikanischen Psychiaters. Inzwischen hat sich die Lachforschung oder Gelotologie als Wissenschaftszweig etabliert.

Hierzulande zählt der Psychotherapeut und Psychoanalytiker Michael Titze zu den Pionieren der Gelotologie. Vor gut 20 Jahren hat er den Verein HumorCare gegründet, um „die wissenschaftlich fundierte Anwendung von Humor in klinischen, psychosozialen, pädagogischen und beratenden Berufen“ zu fördern.

„Das Lachen ist ein richtiger Gesundbrunnen“, so Titze. „Es setzt Selbstheilungskräfte frei, die wir im normalen Alltagsleben viel zu wenig nutzen.“ Internationale Studien scheinen das zu bestätigen. So soll sich Lachen unter anderem positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken, das Immunsystem stärken und dabei helfen, Stresshormone abzubauen.

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Soziales Schmiermittel: Wer lacht, kommt besser an

Lachen ist gut für Körper und Seele. Ein finnisches Forschungsteam hat herausgefunden, dass es körpereigene Opioide, also Glückshormone, freisetzt. „Sie sind der Grund, weshalb wir uns nach einem ausgiebigen Lachen rundum wohl fühlen“, erklärt Titze.

Lachen stärkt auch die Persönlichkeit. „Wer lacht, fühlt sich gut und selbstsicher“, sagt der Psychologe. Und das wirkt bekanntlich ansteckend. Titze ist überzeugt: Menschen, die viel lachen, haben mehr Erfolg. Denn Humor sei ein „soziales Schmiermittel“, mit dem sich auch Konflikte lösen lassen – egal ob im Job oder zu Hause.

Das Erfolgsrezept: Möglichst offen und ehrlich lachen. Titze empfiehlt, jede passende Gelegenheit wahrzunehmen. „Echtes Lachen ist nie lächerlich.“

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Falsche Freundlichkeit schadet: Das Lächelmasken-Syndrom

Ganz im Gegensatz zum gekünstelten, aufgesetzten Lachen oder Lächeln. Das wirkt oft nicht nur anbiedernd. Es kann sogar krank machen. Davor zumindest warnt der japanische Psychologe Makoto Natsume. Wer krampfhaft dauerlächle und eine positive Stimmung nur vortäusche, um eine Fassade zu wahren, riskiere körperliche und seelische Schäden bis hin zur Despression.

Natsume bezeichnet diese psychische Störung als Lächelmasken-Syndrom. Besonders häufig hat er das Phänomen bei Menschen beobachtet, die in der japanischen Dienstleistungsbranche arbeiten. Lächeln gilt in Japan als zwingend einzuhaltende Höflichkeitsregel – und zwar unabhängig von der persönlichen Gefühlslage. Für diesen Verhaltenskodex gibt es sogar einen eigenen Begriff: Tatemae, was auf Deutsch Maskerade bedeutet.

Karriere: Probleme weglächeln hilft nicht

Auch in der vermeintlichen Service-Wüsste Deutschland gehört ein aufgesetztes Lächeln oft zum Alltag. Manche Menschen lächeln sogar noch, obwohl sie schamlos ausgenutzt werden. „Und das nur, um Konflikten aus dem Weg zu gehen“, weiß Buchautorin Anne Heintze, die auch als Therapeutin, Coach und Beraterin arbeitet. Viele Betroffene hätten fälschlicherweise gelernt, dass mit einem Lächeln alles einfacher ist als mit komplizierten Diskussionen.

Dabei dürfte für alle Berufe klar sein: Probleme weglächeln hilft nicht. Mit einem sanften Mona-Lisa-Lächeln wirke man zwar vielleicht sympathisch. In Projekten und vor allem bei Beförderungen werde man so aber häufig übergangen. Heintzes Rat: „Du musst dein Lächeln keineswegs ablegen, um die Karriereleiter zu erklimmen. Du solltest es gelegentlich aber mit einem selbstbewussten Einwurf im Meeting garnieren.“

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