Die Erdachse verschiebt sich – und unser Wasserverbrauch ist schuld

Der geografische Nordpol wandert jährlich etwa zehn Zentimeter nach Südwesten. Eine koreanische Studie ist den Ursachen auf den Grund gegangen und fand heraus: Ein Auslöser ist unser Umgang mit dem Grundwasser.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 30. Juni 2023, 15:22 MESZ
Modell eines Globus vor einer Schule.

Die Erdachse ist um 23,44 Grad zur Ekliptik geneigt. Durch unsere Grundwassernutzung verschiebt sich die Erdachse jedoch – mit Folgen für die Jahreszeiten und das globale Klima. 

Foto von CC BY-SA 4.0 / Wikimedia Commons

Die Erdachse verläuft leicht diagonal durch den Massenmittelpunkt des Erdkörpers. Bedingt durch die Jahreszeiten und die natürliche Wasserverteilung auf dem Planeten, kommt es im Laufe des Jahres zu minimalen kreisförmigen Schwankungen der Erdachse – aber auch zu einer gerichteten Polwanderung. Diese ist gekennzeichnet von einer geradlinigen Bewegung, durch die der geografische Nordpol jedes Jahr um etwa zehn Zentimeter nach Südwesten wandert. 

Die Gründe für diese Verschiebung der Erdachse liegen zum einen in natürlichen Prozessen, die noch aus der letzten Eiszeit resultieren, zum anderen aber auch in menschengemachten Problemen. Neben dem Klimawandel konnten Forschende der Universität Seoul nun noch eine weitere gravierende Ursache identifizieren: die menschliche Nutzung des Grundwassers. 

Allein dadurch verschiebe sich die Erdachse um ganze 4,3 Zentimeter im Jahr, heißt es in der neuen Studie aus Korea, die in der Zeitschrift Geophysical Research Letters erschien. Durch das Abpumpen und Umverteilen des Grundwassers, das wir unter anderem für die Landwirtschaft und die Trinkwasserversorgung benötigen, verändern wir die Massenverteilung der Erde – und zwar ganz erheblich. 

Erdachse hat sich um knapp 80 Zentimeter verschoben

„Unsere Studie zeigt, dass neben klimabedingten Ursachen die Umverteilung von Grundwasser den größten Einfluss auf die Verschiebung der Rotationsachse hat“, sagt Ki-Weon Seo, Geophysiker an der Universität Seoul und Leiter der Studie. Fast 50 Prozent der Polwanderung wird durch unseren Wasserverbrauch beeinflusst. 

Zwischen 1993 und 2010 wurden beispielsweise mehr als zwei Billionen Tonnen unterirdisches Grundwasser abgepumpt und an anderer Stelle auf der Welt eingesetzt. Das Wasser hat sich daraufhin in die Ozeane verlagert – und den Meeresspiegel zu dieser Zeit um 6,24 Millimeter ansteigen lassen. Durch die Umverteilung der Wassermasse habe sich der Nordpol in diesem Zeitraum um ganze 78,48 Zentimeter verschoben, so das Fazit der Forschenden nach verschiedenen Modellierungsversuchen.

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    Besonders viel Grundwasser wurde laut den Gravitationsmessungen des koreanischen Forschungsteams im Westen Nordamerikas und im Nordwesten Indiens abgepumpt – und in der Landwirtschaft eingesetzt. Anhand ihrer Studie konnten die Forschenden zeigen, dass unser immenser Wasserverbrauch sogar einen stärkeren Einfluss auf die Neigung der Erdachse hat als das klimawandelbedingte Abschmelzen der Pole und Gletscher.  

    Grundwassernutzung: Auslöser der nächsten Eiszeit?

    Kurzfristig bestehe jedoch kein Grund zur Sorge, so die Forschenden. Die jährlichen kreisförmigen Schwankungen der Erde seien bislang noch stärker ausgeprägt als die Polwanderung. In ein paar Jahrtausenden könnte das allerdings anders aussehen: Sollte sich die Erdachse um mehrere Grad verschieben, hat das Folgen für das globale Klima und den Verlauf der Jahreszeiten. 

    So könnte es beispielsweise zu ausgeprägten Warm- oder Eiszeiten kommen – wie beim Eiszeitalter vor drei Millionen Jahren. Auslöser war damals vermutlich eine Neigung der Erdachse um drei Grad. 

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